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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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getan hab’ – richtig, Librium-Kapseln … wir hatten den Originalinhalt weggeschüttet. Ich muß die Hälfte runtergekippt haben. Auf den Boden, meine ich.« Sie blickte ihn nachdenklich an, wie er so am Steuer saß und fuhr. »Du scheinst ja ganz okay zu sein«, sagte sie. »Vielleicht können wir öfters miteinander ins Geschäft kommen? Du willst doch hinterher bestimmt noch mehr von dem Zeug, oder nicht?«
    »Sicher«, sagte Charles Freck. Zugleich überlegte er, ob es ihm wohl gelingen würde, den Preis zu drücken, wenn sie sich das nächste Mal sahen; er hatte so das Ge-fühl, als ständen seine Chancen gar nicht mal so schlecht.
    Aber auch wenn er Donna nicht herunterhandeln konnte, hatte er es wieder einmal geschafft. Was hieß: Er hatte wieder eine neue Nachschubquelle auf getan.
    Glücklichsein ist, dachte er, wenn du weißt, daß du ein paar Pillen kriegen kannst.
    Draußen, außerhalb des Wagens, strömten der Tag und all die geschäftigen Menschen, das Sonnenlicht und das pulsierende Leben der Stadt unbemerkt vorbei; Charles Freck war glücklich.
    Irre, was er da durch Zufall entdeckt hatte – und das nur, weil sich eine Polizeistreife ohne jeden besonderen Grund an seine Fersen geheftet hatte. Eine unerwartete neue Quelle für Substanz T! Was konnte er mehr vom
    Leben verlangen? Er konnte jetzt vielleicht damit rech-29
    nen, daß zwei Wochen vor ihm lagen, nahezu ein halber Monat, bevor er krepierte oder wenigstens beinahe krepierte – was bei einem Entzug von Substanz T praktisch das gleiche war. Zwei Wochen! Charles Freck wurde es wunderbar leicht ums Herz, und für einen winzigen Augenblick roch er die erregenden Düfte des Frühlings, die durch das offene Fenster des Wagens hereinwehten.
    »Möchtest du mitkommen, wenn ich Jerry Fabin besu-
    che?« fragte er das Mädchen neben sich.« Ich bring’ ihm eine Ladung Klamotten rüber in die Staatliche Nervenklinik Nummer Drei, wo sie ihn letzte Nacht hingebracht haben. Ich schaffe jedesmal nur ein bißchen rüber, weil’s ja immer noch möglich wäre, daß er bald wieder rauskommt, und ich habe keine Lust, dann alles zurückkarren zu müssen.«
    »Ich möchte ihn lieber nicht besuchen«, sagte Donna.
    »Du kennst ihn? Jerry Fabin?«
    »Jerry Fabin denkt, daß ich es gewesen bin, der ihn zuerst mit diesen Wanzen verseucht hat.«
    »Blattläusen.«
    »Nun, damals wußte er noch nicht, was das für Viecher waren. Ich halte mich besser von ihm fern. Als ich ihn zum letzten Mal sah, wurde er richtig bösartig. Es sind die Wahrnehmungszentren, in seinem Gehirn …
    glaube ich wenigstens. Es scheint mit den Wahrnehmungszentren zusammenzuhängen, das steht wenigstens neuerdings in den Regierungsinfos.«
    »Das läßt sich doch wieder in Ordnung bringen, nicht wahr?« sagte Freck.
    »Nein«, sagte Donna. »Das ist für immer im Arsch.«
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    »Die Leute in der Klinik haben mir gesagt, daß ich ihn besuchen dürfte und daß sie glauben würden, daß er wieder …« Er machte eine hilflose Geste. »Verstehst du, daß er nicht …« Wieder bewegte er seine Hände hilflos hin und her; es war schwierig, das in Worte zu fassen, was er über seinen Freund sagen wollte.
    Donna blickte ihn besorgt an. »Du hast doch nicht et-wa einen Schaden am Sprachzentrum?« erkundigte sie
    sich. »Eine Schädigung der – wie nennt man die Dinger doch gleich – der Hinterhauptslappen?«
    »Nein«, sagte er. Mit Nachdruck.
    »Hast du überhaupt irgendwelche Schäden?« Sie tipp-
    te sich an den Kopf.
    »Nein, es ist nur … verstehst du das denn nicht? Ich habe immer Schwierigkeiten dabei, wenn ich über diese Scheiß-Kliniken spreche; ich hasse diese Kliniken für neurale Aphasie. Einmal war ich in einer, um so einen Typ zu besuchen. Weißt du, der hat die ganze Zeit versucht, den Fußboden zu bohnern – die Pfleger sagten, er würd’s nie schaffen, ich meine, er konnt’s einfach nicht mehr auf die Reihe kriegen, wie man’s machen muß …
    Was mich so unheimlich geschockt hat, war, daß er’s immer weiter versucht hat. Ich meine, nicht nur so ‘ne Stunde lang oder so; er hat’s immer noch versucht, als ich einen Monat später wieder hingefahren bin. So, als ob er’s immer wieder versucht hätte, wieder und wieder, wie da, wo ich ihn zuerst gesehen hab’, bei meinem ersten Besuch. Er konnte einfach nicht kapieren, warum er’s nicht auf die Reihe bekam. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Ausdruck auf seinem Gesicht. Er war sich so 31
    sicher, daß er’s

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