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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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die Monsterhummer aus dem Wasser kommen und auf die Stelle zukriechen, wo Detta ihn gefesselt und hilflos hatte liegen lassen.
    Die Sonne war untergegangen. Die Dunkelheit war da.
     
     

    14
     
    Detta sah sich in der Tür, sah sich selbst durch ihre Augen, sah sich durch die Augen des Revolvermanns, und ihr Gefühl der Verwirrung war ebenso plötzlich wie das von Eddie, aber viel heftiger.
    Sie war da.
    Sie war da, in den Augen des Revolvermanns.
    Sie hörte den heranbrausenden Zug.
    Odetta! schrie sie, und plötzlich verstand sie alles: Was sie war und wann und warum es geschehen war.
    Detta! schrie sie, und plötzlich verstand sie alles: Was sie war und wer es getan hatte.
    Ein kurzes Gefühl, als würde ihr Innerstes nach außen gekehrt… und dann ein ungleich schmerzhafteres.
    Sie wurde in Stücke gerissen.
     
     

    15
     
    Roland schlurfte den kurzen Hang hinab zu der Stelle, wo Eddie lag. Er bewegte sich wie ein Mann, der seine Knochen verloren hat. Eines der Hummerwesen schnappte nach Eddies Gesicht. Eddie schrie. Der Revolvermann trat es weg. Er bückte sich wie verrostet und packte Eddies Arme. Er zog ihn zurück, aber es war zu spät, seine Kräfte waren zu gering, sie würden Eddie bekommen, sie würden sie beide bekommen…
    Eddie schrie erneut, als einer der Monsterhummer ihn fragte: Did-a-chick? und dann ein Stück von seiner Hose abriß, zusammen mit einem Stück Fleisch. Eddie versuchte noch einen Schrei, aber es kam nur ein ersticktes Röcheln dabei heraus. Er erstickte in Dettas Knoten.
    Die Biester waren rings um sie herum, umzingelten sie, ihre Scheren klapperten erwartungsvoll. Der Revolvermann legte all seine Kraft in eine allerletzte Anstrengung… und stolperte nach hinten. Er hörte sie kommen, mit ihren höllischen Fragen und mahlenden Kiefern. Vielleicht war es gar nicht so schlimm, dachte er. Er hatte alles gesetzt, und jetzt würde er alles verlieren.
    Das Donnern seiner eigenen Pistolen erfüllte ihn mit dumpfer Verwunderung.
     
     

    16
     
    Die beiden Frauen lagen Gesicht bei Gesicht, ihre Körper waren wie die von Schlangen kurz vor dem Biß erhoben, Finger mit identischen Abdrücken waren um Hälse mit identischen Falten verkrampft.
    Die Frau versuchte, sie zu töten, aber die Frau war nicht real, ebensowenig wie das Mädchen real gewesen war; sie war ein Traum, den ein herunterfallender Backstein geschaffen hatte… aber jetzt war der Traum Wirklichkeit geworden, und der Traum krallte nach ihrem Hals und versuchte, sie umzubringen, während der Revolvermann versuchte, ihren Freund zu retten. Der Gestalt gewordene Traum kreischte und schrie Obszönitäten und regnete heißen Speichel in ihr Gesicht. »Ich habe den blauen Teller genommen, weil mich diese Frau ins Krankenhaus gebracht hat und weil ich keinen besonderen Teller bekommen habe, und ich habe ihn kaputtgemacht, weil er kaputtgemacht werden mußte, und wenn ich einen weißen Jungen sah, den ich kaputtmachen konnte, dann habe ich ihn auch kaputtgemacht. Ich habe den weißen Jungs weh getan, weil es notwendig war, daß ihnen weh getan wurde. Ich habe in den Geschäften gestohlen, die nur Sachen verkaufen, die etwas Besonderes sind, und nur an Weiße, während die Brüder und Schwestern in Harlem hungrig hausen und die Ratten ihre Kinder fressen; ich bin diejenige, du Miststück, ich bin diejenige, ich … ich… ich!«
    Bring sie um, dachte Odetta und wußte, daß sie es nicht konnte.
    Sie konnte die Hexe ebensowenig umbringen und überleben, wie die Hexe sie umbringen und davonkommen konnte. Sie konnten einander zu Tode würgen, während Eddie und derjenige,
    (Roland)/(Wirklich Böse Mann)
    der sie gerufen hatte, dort unten bei lebendigem Leib gefressen wurden. Das wäre das Ende von ihnen allen. Oder sie konnte
    (lieben)/(hassen)
    loslassen.
    Odetta ließ Dettas Hals los, achtete nicht auf die begierigen Hände, die sie würgten und ihre Luftröhre zusammendrückten. Anstatt die andere mit ihren eigenen Händen zu erwürgen, umarmte sie sie.
    »Nein, Miststück!« kreischte Detta, aber ihr Schrei war unendlich komplex, haßerfüllt und dankbar zugleich. »Nein, laß mich in Ruhe, laß mich einfach in Ruhe…«
    Odetta hatte keine Stimme, mit der sie antworten konnte. Als Roland den ersten angreifenden Monsterhummer fortkickte, und als sich der zweite anschickte, von Eddies Arm zu speisen, konnte sie der Hexenfrau nur ins Ohr flüstern: »Ich liebe dich.«
    Die Hände formten einen Augenblick eine tödliche Schlinge…

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