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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Blicke mitbekam; er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Roland wußte auch, worauf Eddie wartete: eine Antwort. Irgendeine Art Antwort. Irgendeine Antwort. Zweimal machte Eddie den Mund auf, um ihn wieder zuzumachen. Schließlich stellte er die Frage, die der Revolvermann erwartet hatte.
    »Und? Was meinst du?«
    »Ich denke, du bist hier.«
    Eddie blieb stehen und drückte die geballten Fäuste gegen die Hüften. »Das ist alles? Mehr nicht?«
    »Mehr weiß ich nicht«, antwortete der Revolvermann. Die fehlenden Finger und Zehen pulsierten und juckten. Er wünschte sich etwas von dem Astin aus Eddies Welt.
    »Hast du eine Meinung, was das alles, zum Teufel, zu bedeuten hat?«
    Der Revolvermann hätte seine verstümmelte rechte Hand heben und sagen können: Denk doch selbst darüber nach, was es bedeutet, du dummer Idiot! Aber das zu sagen, kam ihm ebensowenig in den Sinn wie zu fragen, warum es in allen Universen, die existieren mochten, ausgerechnet Eddie sein mußte. »Das ist Ka«, sagte er und sah Eddie geduldig an.
    »Was ist Ka?« Eddies Stimme war trotzig. »Davon habe ich noch nie gehört. Nur wenn du es zweimal hintereinander sagst, ist es das Babywort für Scheiße.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte der Revolvermann. »Hier bedeutet es Pflicht oder Schicksal oder, umgangssprachlich, einen Ort, zu dem man gehen muß.«
    Es gelang Eddie, mißfällig, angewidert und amüsiert zugleich auszusehen. »Dann sag es zweimal, Roland, denn Worte wie dieses hören sich für diesen Jungen hier wie Scheiße an.«
    Der Revolvermann zuckte die Achseln. »Ich unterhalte mich nicht über Philosophie. Ich studiere die Geschichte nicht. Ich weiß nur, die Vergangenheit ist Vergangenheit, und was vor uns liegt das liegt vor uns. Das zweite ist Ka, und das kümmert sich um sich selbst.«
    »Ja?« Eddie sah nach Norden. »Nun, ich sehe vor uns etwa neun Milliarden Meilen desselben verdammten Strandes. Wenn das vor uns liegt, dann sind Ka und Kaka wirklich dasselbe. Wir haben vielleicht noch genügend gute Patronen, um fünf oder sechs dieser Hummerattrappen zu erlegen, aber dann werden wir sie mit Steinen erschlagen müssen. Also, wohin gehen wir?«
    Roland fragte sich, ob das eine Frage war, die er seinem Bruder je gestellt hatte, aber eine solche Frage zu stellen, hätte lediglich zu einer Menge sinnloser Streitigkeiten geführt. Daher deutete er nur mit dem Daumen nach Norden und sagte: »Dorthin. Für den Anfang.«
    Eddie sah hin, erblickte aber nur den einförmigen, grauen, muschelübersäten Strand. Er drehte sich wieder zu Roland um, um zu nörgeln, sah die gelassene Gewißheit in dessen Gesicht und sah wieder weg. Er blinzelte. Er schirmte die rechte Seite seines Gesichts mit der rechten Hand vor der Sonne im Westen ab. Er wollte verzweifelt etwas sehen, irgend etwas, Scheiße – sogar eine Fata Morgana hätte ihm genügt, aber da war nichts.
    »Scheiß mich an, soviel du willst«, sagte Eddie langsam, »aber ich finde, es ist ein verdammt übler Trick. Ich habe bei Balazar mein Leben für dich riskiert.«
    »Das weiß ich.« Der Revolvermann lächelte – eine Seltenheit, die sein Gesicht erhellte wie ein vorübergehender Sonnenstrahl einen regnerischen, trüben Tag. »Darum habe ich nichts anderes gemacht, als dich in Ruhe zu lassen, Eddie. Sie ist da. Ich habe sie gesehen. Anfangs dachte ich, es wäre lediglich eine Fata Morgana oder Wunschdenken, aber sie ist tatsächlich da.«
    Eddie sah noch einmal hin, bis ihm Tränen aus den Augenwinkeln rannen. Schließlich sagte er: »Ich sehe da vorne nur Strand. Und meine Sehfähigkeit ist zwanzig-zwanzig.«
    »Ich weiß nicht, was das bedeutet.«
    »Es bedeutet: Wenn es etwas zu sehen gäbe, würde ich es sehen!« Aber Eddie überlegte. Überlegte, wieviel weiter die blauen Schützenaugen des Revolvermannes sehen konnten als seine eigenen. Vielleicht ein wenig.
    Vielleicht viel weiter.
    »Du wirst sie sehen«, sagte der Revolvermann.
    »Was sehen?«
    »Wir werden sie heute nicht mehr erreichen, aber wenn du wirklich so gut siehst, wie du sagst, wirst du sie sehen, bevor die Sonne im Wasser versinkt. Das heißt, wenn du nicht einfach hier stehenbleiben und Maulaffen feilhalten willst.«
    »Ka«, sagte Eddie mit belustigter Stimme.
    Roland nickte. »Ka.«
    »Kaka«, sagte Eddie und lachte. »Komm schon, Roland, gehen wir weiter. Und wenn ich nichts sehe, bis die Sonne untergeht, schuldest du mir ein Hähnchenessen. Oder einen Big Mac. Oder irgend etwas, bloß keinen

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