Der Dunkle Turm 3 - Tot
tödliche Faszination auf sie ausübten, derer sie sich nicht entziehen konnte… und sie spürte, wie der dunkle Teil ihrer Persönlichkeit, die Seite ihres Khef, die Detta Walker war, mehr als nur beobachtete; dieser Teil von ihr sog den Anblick in sich auf, verstand ihn, erkannte ihn. In gewisser Weise war dies der Ort, den Detta immer gesucht hatte, die stoffliche Entsprechung ihres irren Verstands und lachenden, einsamen Herzens. Die verlassenen Berge nördlich und östlich des Westlichen Meers; die zertrümmerten Wälder um das Portal des Bären herum; die einsamen Steppen nordwestlich des Send; sie alle verblaßten im Vergleich mit diesem fantastischen, endlosen Panorama der Verwüstung. Sie waren zu den Drawers gekommen und hatten das Wüste Land betreten; nun erstreckte sich die vergiftete Dunkelheit dieses gemiedenen Ortes rings um sie herum.
8
Aber das Land, obschon vergiftet, war nicht völlig tot. Von Zeit zu Zeit erblickten die Reisenden Gestalten unter sich – ungeschlachte, mißgebildete Wesen, die weder mit Menschen noch mit Tieren Ähnlichkeit hatten –, die durch die schwelende Wildnis zogen und plünderten. Die meisten schienen sich um die Gruppen der zyklopenhaften Schornsteine zu versammeln, welche aus der geschmolzenen Erde ragten, oder an den Rändern der feurigen Schlünde, die die Landschaft durchschnitten. Es war unmöglich, diese blassen, hüpfenden Wesen genauer zu sehen, und dafür waren sie alle dankbar.
Zwischen den kleineren Wesen hausten auch größere – rosafarbene Kreaturen, die ein wenig wie Störche und ein wenig wie lebende dreibeinige Kamerastative aussahen. Diese bewegten sich langsam, fast nachdenklich wie Prediger, die über die Unausweichlichkeit der Verdammnis meditieren, aber ab und zu bückten sie sich und schienen etwas vom Boden zu pflücken, wie Reiher sich bücken und reglose Fische schnappen. Diese Kreaturen hatten etwas durch und durch Abstoßendes an sich – Roland spürte es so deutlich wie die anderen auch –, aber er konnte unmöglich sagen, was genau dieses Gefühl verursachte. Doch es ließ sich nicht leugnen; die Storchenwesen waren in ihrer erlesenen Abscheulichkeit fast unerträglich.
»Das war kein Atomkrieg«, sagte Eddie. »Das… das…« Seine dünne, entsetzte Stimme hörte sich an wie die eines Kindes.
»NEE«, stimmte Blaine zu. »ES WAR ETWAS VIEL SCHLIMMERES. UND ES IST NOCH NICHT VORBEI. WIR HABEN DEN PUNKT ERREICHT, WO ICH NORMALERWEISE BESCHLEUNIGE. HABT IHR GENUG GESEHEN?«
»Ja«, sagte Susannah. »O mein Gott, ja.«
»SOLL ICH DANN DAS SICHTMODUL ABSCHALTEN?« Blaines Stimme hatte wieder diesen spöttischen, grausamen Unterton. Am Horizont ragte der Alptraum einer zerklüfteten Gebirgskette im Regen auf; die sterilen Gipfel schienen wie Fangzähne in den grauen Himmel zu beißen.
»Tu es oder laß es, aber hör auf, deine Spielchen zu spielen«, sagte Roland.
»FÜR JEMAND, DER GEKOMMEN IST UND MICH UM EINE FAHRT ANGEFLEHT HAT, BIST DU SEHR UNHÖFLICH«, sagte Blaine verdrossen.
»Wir haben uns die Fahrt verdient«, antwortete Susannah. »Wir haben dein Rätsel gelöst, oder nicht?«
»Außerdem bist du zu diesem Zweck gebaut worden«, schaltete sich Eddie ein. »Um Menschen zu befördern.«
Blaine antwortete nicht mit Worten, aber die Deckenlautsprecher stießen ein verstärktes, katzenähnliches Zischen der Wut aus, bei dem sich Eddie wünschte, er hätte seine große Klappe gehalten. Die Luft um sie herum füllte sich mit Farben und Formen. Der blaue Teppichboden wurde wieder sichtbar und verdeckte den Blick auf die rauchende Wildnis unter ihnen. Die indirekte Beleuchtung ging an, und sie saßen wieder in der Baronskabine.
Ein tiefes Summen vibrierte durch die Wände. Das Dröhnen der Slo-Trans-Motoren wurde erneut heftiger. Jake spürte, wie ihn eine sanfte, unsichtbare Hand in den Sitz drückte. Oy sah sich um, winselte unbehaglich und leckte Jake das Gesicht. Auf dem Bildschirm im vorderen Teil der Kabine begann der grüne Punkt – der jetzt ein Stück entfernt südöstlich von dem violetten Kreis mit der Aufschrift LUD war – schneller zu blinken.
»Spüren wir es?« fragte Susannah unbehaglich. »Wenn er die Schallmauer durchbricht?«
Eddie schüttelte den Kopf. »Nein. Ganz ruhig.«
»Ich weiß etwas«, sagte Jake plötzlich. Die anderen drehten sich zu ihm um, aber er sprach nicht zu ihnen. Er betrachtete die Streckenkarte. Blaine hatte selbstverständlich kein Gesicht – er war nur eine
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