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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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und fest, und als sie am darauf folgenden Morgen die Glaskugel in die Hände nahm, klärte sich der Nebel sofort. Sie verbrachte den ganzen Tag in deren Bann, spionierte den Leuten nach, die sie verabscheute, trank unterdessen wenig und aß gar nichts. Gegen Sonnenuntergang erwachte sie so weit aus ihrer Trance, um sich bewusst zu werden, dass sie noch nichts wegen der unverschämten kleinen Schlampe unternommen hatte. Aber das machte nichts, sie sah jetzt, wie sie es anstellen konnte… und sie würde das Ergebnis in ihrer Glaskugel mitverfolgen können! Die ganzen Ausflüchte, die Schreie und Vorwürfe! Sie würde Susans Tränen sehen. Das wäre das Beste: ihre Tränen zu sehen.
    »Meine eigene kleine Ernte«, sagte sie zu Ermot, der an ihrem Bein hoch zu der Stelle gekrochen kam, wo sie ihn am liebsten hatte. Es gab nicht viele Männer, die es dir so besorgen konnten, wie Ermot es dir besorgte, wahrhaftig nicht. Rhea saß mit der Schlange im Schoß da und fing an zu lachen.
     
     
    3
     
    »Denk an dein Versprechen«, sagte Alain unruhig, als sie Rushers Hufschlag näher kommen hörten. »Reiß dich zusammen.«
    »Das werde ich schon«, sagte Cuthbert, obwohl er da selbst so seine Zweifel hatte. Als Roland um den längeren Flügel des Schlafhauses herum auf den Hof geritten kam, wo ihm sein Schatten im Sonnenlicht vorauseilte, ballte Cuthbert nervös die Fäuste. Er zwang sich dazu, sie zu entspannen, und schaffte es sogar. Aber als er sah, wie Roland abstieg, ballten sie sich wieder so fest, dass die Nägel in die Handflächen schnitten.
    Ein weiterer Streit liegt in der Luft, dachte Cuthbert. Götter, aber ich habe es satt. Zum Erbrechen satt.
    Der Streit gestern Abend hatte wegen der Tauben angefangen – wieder einmal. Cuthbert wollte eine mit einer Nachricht über die Öltanks nach Westen schicken; Roland immer noch nicht. Und darüber hatten sie sich gestritten. Nur (auch das war etwas, was ihn zur Weißglut trieb, was an seinen Nerven zehrte wie das Geräusch der Schwachstelle), Roland stritt nicht. Neuerdings ließ sich Roland nicht mehr dazu herab, zu streiten. Seine Augen behielten stets diesen verklärten Ausdruck, als wäre nur sein Körper anwesend. Der Rest – Verstand, Seele, Geist, Ka – war bei Susan Delgado.
    »Nein«, hatte er einfach nur gesagt. »Dafür ist es zu spät.«
    »Wie willst du das wissen«, hatte Cuthbert eingewandt. »Und selbst wenn es zu spät ist, dass Hilfe aus Gilead kommt, ist es nicht zu spät für einen Rat aus Gilead. Bist du so verblendet, dass du das nicht sehen kannst?«
    »Was für einen Rat könnten sie uns schon schicken?« Roland hatte Cuthberts schroffen Ton anscheinend nicht mitbekommen. Seine Stimme klang ruhig. Vernünftig. Und völlig unbeeindruckt, dachte Cuthbert, von der Dringlichkeit der Lage.
    »Wenn wir das wüssten«, hatte er geantwortet, »müssten wir nicht fragen, Roland, oder?«
    »Wir können nur warten und sie aufhalten, wenn sie ihren Zug machen. Du suchst nach Trost, Cuthbert, nicht nach einem Rat.«
    Du meinst, wir sollen abwarten, während du sie auf so vielfache Weise und in so viele Stellen fickst, wie du dir vorstellen kannst, dachte Cuthbert. Drinnen, draußen, vornerum und hintenrum.
    »Du kannst nicht klar denken«, hatte Cuthbert kalt gesagt. Er hörte Alains Stoßseufzer. In ihrem ganzen Leben hatte noch keiner von ihnen so etwas zu Roland gesagt, und als es heraus war, wartete er mit Unbehagen auf die Explosion, die nun folgen würde.
    Aber es erfolgte keine. »Doch«, antwortete Roland. »Das tue ich.« Und daraufhin war er ohne ein weiteres Wort ins Schlafhaus gegangen.
    Als Cuthbert nun zusah, wie Roland die Gurte löste und Rusher den Sattel vom Rücken zog, dachte er: Du tust es nicht, ehrlich, aber du solltest es lieber. Bei allen Göttern, das solltest du.
    »Heil«, sagte er, als Roland den Sattel zur Veranda trug und auf die Treppe legte. »Anstrengender Nachmittag?« Er spürte, wie Alain ihn gegen den Fußknöchel trat, achtete aber nicht darauf.
    »Ich war bei Susan«, sagte Roland. Keine Verteidigung, kein Einwand, keine Ausflüchte. Und einen Augenblick lang hatte Cuthbert eine Vision von entsetzlicher Deutlichkeit: Er sah die beiden irgendwo in einer Hütte, wo das Sonnenlicht des Spätnachmittags durch die Löcher im Dach einfiel und ihre Leiber scheckig bemalte. Sie war oben und ritt auf ihm. Cuthbert sah ihre Knie auf den alten, schimmligen Brettern und die Anspannung in ihren langen Oberschenkeln. Er sah, wie

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