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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Drei Schüsse aus der Deckung, und die Babbies waren nicht mehr. Hinterher würde es zwar zu Missstimmungen kommen – die Jungen waren sehr beliebt in der Stadt –, aber damit konnte Rimer bis zum Jahrmarkt fertig werden, und nach Ernte würde es sowieso keine Rolle mehr spielen. Dennoch…
    »Ich werde mich auf der Bar K umsehen«, sagte Jonas schließlich. »Allein – ich will nicht, dass Clay und Roy hinter mir her trampeln.«
    »Hört sich gut an.«
    »Vielleicht möchten Sie mitkommen und mir zur Hand gehen.«
    Kimba Rimer lächelte sein eisiges Lächeln. »Lieber nicht.«
    Jonas nickte und legte wieder Karten aus. Es war zwar ein bisschen riskant, zur Bar K hinauszureiten, aber er rechnete eigentlich nicht mit Schwierigkeiten – besonders nicht, wenn er allein ging. Schließlich waren sie nur Knaben und sowieso fast den ganzen Tag unterwegs.
    »Wann darf ich mit einem Bericht rechnen, Sai Jonas?«
    »Wenn ich bereit bin, ihn abzugeben. Drängen Sie mich nicht.«
    Rimer hob seine dünnen Hände und zeigte Jonas die offenen Handflächen. »Erflehe Eure Verzeihung, Sai«, sagte er.
    Jonas nickte etwas besänftigt. Er drehte eine Karte um. Es war Peter, der Schlüsselkanzler. Er legte die Karte in die oberste Reihe und sah sie an, während er sich mit den Fingern durchs lange Haar fuhr. Er sah von der Karte zu Rimer, der den Blick mit hochgezogenen Brauen erwiderte.
    »Ihr lächelt«, sagte Rimer.
    »Yar!«, sagte Jonas und legte wieder aus. »Ich bin glücklich! Alle Kanzler sind draußen. Ich glaube, dass ich dieses Spiel gewinnen werde.«
     
     
    5
     
    Für Rhea war die Zeit der Jägerin eine Zeit der Enttäuschung und der unerfüllten Sehnsüchte gewesen. Ihre Pläne waren schief gegangen, und wegen des denkbar schlecht gewählten Zeitpunkts für den Sprung ihrer Katze wusste sie noch nicht einmal, warum. Der junge Bursche, der Susan Delgado entkorkt hatte, hatte sie wahrscheinlich daran gehindert, sich die Mähne abzuschneiden… aber wie? Und wer war er wirklich? Das fragte sie sich immer öfter, wiewohl ihre Neugier nicht so stark wie ihre Wut war. Rhea vom Cöos war es nicht gewohnt, übertrumpft zu werden.
    Sie sah durch das Zimmer zu der Stelle, wo Musty lag und sie argwöhnisch beobachtete. Normalerweise hätte er es sich im Kamin bequem gemacht (er schien den kühlen Luftzug zu mögen, der den Kamin herunterfiel), aber seit sie ihm das Fell versengt hatte, zog Musty den Holzstoß vor. Angesichts von Rheas Laune war das wahrscheinlich auch weiser so. »Kannst von Glück sagen, dass ich dich am Leben gelassen hab, du Teufel«, knurrte die alte Frau.
    Sie drehte sich zur Kugel um und ließ die Hände darüber kreisen, aber in der Glaskugel wallte nur weiter rosa Licht – kein einziges Bild kam zum Vorschein. Schließlich ging Rhea zur Tür, riss sie auf und betrachtete den Nachthimmel. Der Mond war etwas mehr als halb voll, und man sah die Jägerin allmählich deutlich auf seinem leuchtenden Antlitz. Rhea ließ einen Schwall übelster Verwünschungen zu der Frau im Mond hinauf erschallen, da sie nicht wagte, sie an die Glaskugel zu richten (wer konnte wissen, was für ein Wesen darin hausen und solche Schimpfworte übel nehmen mochte). Zweimal schlug sie beim Fluchen mit den knochigen Händen gegen den Türrahmen und kramte jedes Schimpfwort aus dem Gedächtnis, das ihr einfiel, sogar die Babywörter, die kleine Kinder einander auf dem Spielplatz zuriefen. Noch nie war sie so wütend gewesen. Sie hatte dem Mädchen einen Befehl gegeben, und das Mädchen hatte ihn, aus welchen Gründen auch immer, nicht befolgt. Das Flittchen hatte allein dafür den Tod verdient, dass sie sich Rhea vom Cöos widersetzt hatte.
    »Aber keinen schnellen«, flüsterte die alte Frau. »Zuerst müsste sie im Dreck gerollt und dann voll gepisst werden, bis der Dreck zu Schlamm geworden und ihr schönes blondes Haar voll davon ist. Gedemütigt… gequält… angespuckt…«
    Sie schlug noch einmal mit der Faust gegen den Türrahmen, und diesmal floss Blut aus den Knöcheln. Der Wutausbruch lag aber nicht nur daran, dass das Mädchen dem hypnotischen Befehl nicht gehorcht hatte. Da war noch etwas, was zwar damit zusammenhing, aber weitaus schwerer wog: Rhea selbst war so aufgebracht, dass sie die Glaskugel nicht mehr benutzen konnte, abgesehen von kurzen und unvorhersehbaren Augenblicken. Die Handbewegungen, die sie darüber ausführte, und die Beschwörungen, die sie murmelte, waren nutzlos, das wusste sie; die Worte und

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