Der Dunkle Turm 4 - Glas
interessieren, dass ich noch nie einen Arbeitgeber hintergangen habe.«
»Wenn ich nicht daran glauben würde, an die Sache von…«
»Zum Teufel damit, woran Sie glauben! Es ist spät, und ich will ins Bett. Die Leute in Neu-Kanaan und Gilead haben nicht den blassesten Schimmer, was hier draußen auf dem Bogen vor sich geht; ich wette, es gibt nicht viele, die jemals hier gewesen sind. Sie sind zu sehr damit beschäftigt zu verhindern, dass alles um sie herum zusammenbricht, um noch weite Reisen zu unternehmen. Nein, was sie wissen, stammt alles aus Bilderbüchern, die ihnen vorgelesen wurden, als sie selber noch Babbies waren: glückliche Cowboys, die Kühen hinterhergaloppieren, glückliche Fischer, die dicke Kaventsmänner in ihre Boote ziehen, Leute, die Scheunenrichtfeste feiern und große Krüge Graf im Green-Heart-Pavillon trinken. Um des Jesusmenschen willen, Rimer, kommen Sie mir nicht dumm – damit habe ich schon so tagaus, tagein zu tun.«
»Die aus den Inneren betrachten Mejis als einen Ort der Ruhe und Sicherheit.«
»Aye, ländliche Idylle, genau so, gar keine Frage. Sie wissen, dass ihr ganzer Lebensstil – Adel und Ritterlichkeit und Ahnenverehrung – in Flammen steht. Das letzte Gefecht könnte zweihundert Räder nordwestlich ihrer Grenzen stattfinden, aber wenn Farson mit seinen Feuerkutschen und Robotern ihre Armee auslöscht, wird es ziemlich schnell auch im Süden Ärger geben. Es gibt Leute in den Inneren Baronien, die haben es schon seit zwanzig Jahren oder länger kommen sehen. Sie haben diese Bengel nicht hergeschickt, um unsere Geheimnisse auszukundschaften, Rimer; Leute wie die schicken ihre Babbies nicht vorsätzlich in die Gefahr. Sie schicken sie hierher, damit sie aus dem Weg sind, das ist alles. Das macht die Bengel nicht blind oder blöd, aber um der Götter willen, seien wir vernünftig. Sie sind Kiddies.«
»Was könnt Ihr sonst noch finden, falls Ihr da rausginget?«
»Vielleicht eine Methode, um Nachrichten zu schicken. Höchstwahrscheinlich einen Heliografen. Und jenseits des Eyebolt einen Schafhirten oder vielleicht einen Grundbesitzer, der bestechlich ist – jemanden, den sie ausgebildet haben, die Nachricht zu empfangen und entweder weiterzusenden oder zu Fuß zu überbringen. Aber nicht mehr lange, und es wird zu spät sein, dass Nachrichten noch etwas bewirken können, nicht wahr?«
»Möglicherweise, aber noch ist es nicht zu spät. Und Ihr habt Recht, Kiddies oder nicht, sie beunruhigen mich.«
»Ich sage Ihnen, Sie haben keinen Grund dazu. Schon bald werde ich wohlhabend sein, und Sie regelrecht reich. Und selbst Bürgermeister, wenn Sie wollen. Wer könnte sich Ihnen entgegenstellen? Thorin? Der ist eine Witzfigur. Coral? Mir dünkt, die würde Ihnen sogar helfen, ihn aufzuknüpfen. Vielleicht möchten Sie ja einmal Baron sein, wenn solche Titel wieder eingeführt werden?« Er sah ein kurzes Funkeln in Rimers Augen und lachte. Matthäus wurde aufgedeckt, und Jonas legte ihn zu den anderen Kanzlern. »Yar, ich sehe, wonach Ihnen das Herz steht. Edelsteine sind hübsch, und Gold ist noch schöner, aber nicht zu vergleichen damit, wenn sich Leute vor einem verbeugen und Kratzfüße machen, richtig?«
»Die Jungen müssten sich inzwischen schon längst um die Cowboybelange kümmern.«
Jonas’ Hände verharrten über den Spielkarten. Das war ein Gedanke, der ihm schon mehr als einmal durch den Kopf gegangen war, besonders in den letzten beiden Wochen oder so.
»Was meint Ihr wohl, wie lange es dauert, unsere Netze und Boote zu zählen und die Fischgründe zu kartografieren?«, sagte Rimer. »Sie müssten schon längst auf der Schräge sein, Kühe und Pferde zählen, in Scheunen sehen und die Fohlenkarteien studieren. Eigentlich hätten sie damit schon vor zwei Wochen anfangen sollen. Es sei denn, sie wissen bereits, was sie finden werden.«
Jonas begriff, worauf Rimer hinauswollte, konnte es aber nicht glauben. Wollte es nicht glauben. Eine solche Gerissenheit erwartete er nicht von Jungen, die sich höchstens einmal die Woche rasieren mussten.
»Nein«, sagte er. »Das ist Ihr schuldbewusstes Herz, das da zu Ihnen spricht. Die Bengel sind nur so fest entschlossen, es richtig zu machen, dass sie dahinkriechen wie alte Greise mit schlechten Augen. Nicht mehr lange, und sie werden an der Schräge sein und sich blutig zählen.«
»Und wenn nicht?«
Eine gute Frage. Dann musste man sie irgendwie loswerden, dachte Jonas. Möglicherweise durch einen Hinterhalt.
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