Der Dunkle Turm 4 - Glas
er jetzt gut tun; sie zählten gerade die Pferde der Baronie auf der Schräge, alle drei. Aber er würde den Kopf nicht wegen der Pferde verlieren wollen, oder? Nein, die Pferde waren nur ein kleiner zusätzlicher Reiz, soweit es den Guten Mann betraf.
Jonas ritt stattdessen zum Citgo-Gelände.
6
Zuerst überprüfte er die Tankwagen. Sie waren so, wie sie gewesen waren und sein sollten – fein säuberlich in einer Reihe aufgestellt, die neuen Räder fahrtauglich, sollte der Zeitpunkt kommen, und hinter ihrer neuen Tarnung versteckt. Manche der Kiefernzweige wurden an den Spitzen bereits gelb, aber die jüngste Regenperiode hatte sie erstaunlich frisch gehalten. Jonas konnte nicht erkennen, dass etwas verändert worden wäre.
Als Nächstes erklomm er den Hügel, ging an der Pipeline entlang und machte dabei immer häufiger Pausen; als er das verfallene Tor zwischen dem Hang und dem Ölfeld erreichte, bereitete ihm sein schlimmes Bein starke Schmerzen. Er sah sich eingehend das Tor an und betrachtete stirnrunzelnd die Erdspuren an der obersten Sprosse. Möglicherweise bedeuteten sie nichts, aber Jonas hielt es für möglich, dass jemand über das Tor geklettert war, anstatt es zu öffnen und das Risiko einzugehen, dass es aus den Scharnieren fiel.
Die nächste Stunde verbrachte er damit, zwischen den Bohrtürmen umherzuschlendern, wobei seine besondere Aufmerksamkeit denen galt, die noch funktionierten, und suchte nach einem Hinweis. Er fand eine Menge Spuren, aber es war unmöglich, sie mit hinreichender Verlässlichkeit zu lesen (besonders nach einer Woche Regenwetter). Die Jungen aus Innerwelt hätten hier draußen gewesen sein können; die hässliche kleine Bande von Gassenbengeln aus der Stadt hätte hier draußen gewesen sein können; Arthur Eld und eine ganze Kompanie seiner Ritter hätten hier draußen gewesen sein können. Die Unsicherheit versetzte Jonas in üble Laune, wie das einfach jede Unsicherheit bei ihm tat (abgesehen von der auf einem Kastellbrett).
Er hinkte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, um den Hang hinabzugehen und dann in die Stadt zurückzureiten. Sein Bein schmerzte wie verrückt, und es verlangte ihn nach einem kräftigen Schluck, um es zu betäuben. Das Schlafhaus der Bar K konnte noch einen Tag warten.
Er legte den halben Weg zum Tor zurück, sah den mit Unkraut überwucherten Feldweg, der das Citgo-Gelände mit der Großen Straße verband, und seufzte. Auf diesem kurzen Streckenabschnitt würde es nichts zu sehen geben, aber wo er schon den weiten Weg hierher geritten war, sollte er wohl lieber zu Ende bringen, was er begonnen hatte.
Scheiß drauf, ich brauch was Kräftiges zu trinken.
Roland schien allerdings nicht der Einzige zu sein, dessen Wünsche manchmal von seiner Ausbildung revidiert wurden: Jonas seufzte, rieb sich das Bein und ging die überwucherte doppelte Reifenspur entlang. Wo es anscheinend schließlich doch etwas zu finden gab.
Es lag kein Dutzend Schritte von der Stelle entfernt im Gras, wo der alte Weg auf die Große Straße stieß. Zuerst sah er nur einen glatten weißen Umriss in all dem Unkraut, den er für einen Stein hielt. Dann sah er etwas Rundes, Schwarzes, das nur eine Augenhöhle sein konnte. Also kein Stein; ein Schädel.
Jonas ging grunzend in die Knie und fischte ihn heraus, während die wenigen funktionierenden Förderanlagen hinter ihm nur so quietschten und pochten. Ein Krähenschädel. Er hatte ihn schon einmal gesehen. Verdammt, wahrscheinlich hatte die ganze Stadt ihn schon gesehen. Er gehörte diesem Wichtigtuer Arthur Heath… der wie alle Wichtigtuer offenbar seine kleinen Requisiten brauchte.
»Er hat ihn einen Wachposten genannt«, murmelte Jonas. »Und ihn manchmal am Sattelknauf befestigt gehabt, aber ja. Und manchmal trug er ihn auch wie einen Anhänger um den Hals.« Ja. So hatte der Junge ihn in jener Nacht im Traveller’s Rest getragen, als…
Jonas drehte den Vogelschädel um. Im Inneren rasselte etwas wie ein letzter einsamer Gedanke. Jonas hielt den Schädel schräg und schüttelte ihn über der offenen Handfläche, bis auf einmal das Überbleibsel einer Goldkette herausfiel. Genau mit dieser Kette hatte der Junge ihn getragen. Die Kette war gerissen, der Schädel in den Straßengraben gefallen, und Sai Heath hatte sich nicht die Mühe gemacht, danach zu suchen. Der Gedanke, dass ihn jemand finden könnte, war ihm wahrscheinlich gar nicht gekommen. Kleine Jungs waren immer so sorglos. Ein
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