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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Mit der Farbe schrieb er so reizend jungenhafte Sprüche wie
     

     
    und
     

     
    auf die Wände. Dann ging er hinaus, blieb kurz auf der Veranda stehen und vergewisserte sich, dass er die Bar K noch für sich allein hatte. Natürlich war das so. Und doch hatte er sich gegen Ende einen oder zwei Augenblicke lang unruhig gefühlt – fast so, als wäre er ertappt worden. Möglicherweise durch eine Art von Innerwelt-Telepathie ausgelöst.
    Das gibt es; und du weißt es. Sie nennen es die Gabe der Fühlungnahme.
    Aye, aber das war das Werkzeug von Revolvermännern, Künstlern und Irren. Nicht von Jungs, seien sie nun Lords oder nur irgendwelche Burschen.
    Jonas ging dennoch fast im Laufschritt zu seinem Pferd zurück, stieg auf und ritt in die Stadt. Die Situation näherte sich dem Siedepunkt, und es war noch viel zu tun, bis der Dämonenmond voll am Himmel stand.
     
     
    6
     
    Rheas Hütte mit ihren Steinmauern und den moosglitschigen guijarros auf dem Dach kauerte auf dem obersten Gipfel der Cöos-Hügelkette. Von dort aus hatte man eine atemberaubende Aussicht nach Nordwesten – das Böse Gras, die Wüste, Hanging Rock, Eyebolt Canyon –, aber eine malerische Aussicht interessierte Sheemie als Allerletztes, als er Caprichoso nicht lange nach Mittag vorsichtig in Rheas Hof führte. Er hatte seit etwa einer Stunde Hunger verspürt, aber jetzt war das Magenknurren verstummt. Diesen Ort hasste er mehr als jeden anderen in der Baronie, sogar mehr als das Citgo-Gelände mit seinen großen Türmen, die immerzu quietschediquietsch und klapperdiklapp machten.
    »Sai?«, rief er und führte den Esel in den Hof. Capi bockte, als sie sich der Hütte näherten, machte die Beine steif und senkte den Kopf, aber als Sheemie heftig am Zaumzeug zerrte, kam er dann doch mit. Er tat Sheemie fast Leid.
    »Ma’am? Nette alte Dame, die keiner Fliege was zuleide tun würde? Seid Ihr da-ha-ha? Es ist der gute alte Sheemie mit Eurem Graf.« Er lächelte und streckte die Hand aus, Handfläche nach oben, um zu zeigen, wie außerordentlich harmlos er war, aber aus der Hütte kam immer noch keine Antwort. Sheemie spürte, wie sich seine Eingeweide erst zusammenzogen und dann verkrampften. Einen Augenblick lang dachte er schon, er würde gleich in die Hosen scheißen wie ein Babby; dann ließ er einen fahren und fühlte sich etwas besser. Zumindest im Bauch.
    Er ging weiter, fühlte sich aber mit jedem Schritt weniger wohl in seiner Haut. Der Hof war steinig, das kümmerliche Unkraut gelblich, so als hätte die Bewohnerin der Hütte die Erde allein durch ihre Berührung verseucht. Es gab einen Garten, und Sheemie sah, dass es sich bei dem Gemüse, das noch darin wuchs – überwiegend Kürbisse und Scharfwurzeln – um Muties handelte. Dann bemerkte er die ausgestopfte Puppe des Gartens. Auch sie war ein Mutie, ein garstiges Ding mit zwei Strohköpfen statt einem und einer ausgestopften Hand in einem Damensatinhandschuh, die mitten aus der Brust herausragte.
    Sai Thorin wird mich nie wieder beschwatzen können, hierher zu gehen, dachte er. Nicht für alle Pennys auf der Welt.
    Die Tür der Hütte stand offen. Sheemie fand, dass sie wie ein klaffendes Maul aussah. Ein Ekel erregender, klammer Geruch drang daraus hervor.
    Sheemie blieb etwa fünfzehn Schritte vom Haus entfernt stehen, und als Capi an seinem Hintern knabberte (als wollte er fragen, was sie hier noch hielt), stieß der Junge einen kurzen Schrei aus. Das Geräusch des eigenen Schreis hätte ihn um ein Haar wegrennen lassen; nur unter Aufbietung aller Willenskraft gelang es ihm, dennoch stehen zu bleiben. Der Tag war hell, aber hier oben, auf diesem Hügel, schien die Sonne bedeutungslos zu sein. Der heutige war nicht sein erster Ausflug hierher, und Rheas Hügel war nie ein angenehmer Aufenthaltsort gewesen, aber jetzt war es irgendwie noch schlimmer. Er bekam dasselbe Gefühl wie von dem Geräusch der Schwachstelle, wenn er mitten in der Nacht aufwachte und sie hörte. Als würde etwas Schreckliches auf ihn zugekrochen kommen – etwas, was nur aus irren Augen und roten, ausgestreckten Klauen bestand.
    »S-S-Sai? Ist jemand da? Ist…«
    »Komm näher.« Die Stimme drang aus der offenen Tür heraus. »Komm hierher, wo ich dich sehen kann, Idiotenjunge.«
    Sheemie strengte sich an, nicht zu stöhnen oder gar zu weinen, während er dem Befehl der Stimme nachkam. Er hegte die Befürchtung, dass er nie wieder den Berg hinabsteigen würde. Caprichoso vielleicht, aber er nicht. Der

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