Der Dunkle Turm 4 - Glas
ich und Eddie?«
»Nur du und ich, Roland«, sagte sie und stieß ihren Beinstumpf durch die Schlinge. »Nur eine Henne und ein Hahn, jedenfalls fürs Erste. Und jetzt lass mich bitte runter.«
Das tat er, sah sie dabei stirnrunzelnd an und hoffte von ganzem Herzen, dass sein erster Gedanke – der ihm sofort in den Sinn gekommen war, als er die unablässig reibende Hand gesehen hatte – nicht zutraf. Sie war in jenem sprechenden Ring gewesen, und der Dämon, der dort hauste, hatte mit ihr seinen Spaß gehabt, während Jake versuchte, zwischen den Welten überzuwechseln. Manchmal – oft – konnte der Kontakt mit einem Dämon alles verändern.
Und niemals zum Besseren, soweit Roland wusste.
Er zog das Seil zurück, nachdem Eddie ihr um die Taille gefasst und ihr auf das Bahngleis geholfen hatte. Der Revolvermann ging zu einem der Pfosten, die sich durch Blaines patronenförmige Schnauze gebohrt hatten, und band unterwegs das Ende des Seils zu einer Gleitschlinge. Diese warf er über den Pfosten, zurrte sie fest (wobei er sorgsam darauf achtete, dass er nicht nach links zog), und dann ließ er sich selbst auf den Bahnsteig hinunter, in der Beuge abgeknickt und Fußabdrücke auf Blaines rosafarbener Seite hinterlassend.
»Zu dumm, dass wir das Seil und das Tragegeschirr verlieren«, bemerkte Eddie, als Roland neben ihnen stand.
»Mir tut es nicht Leid um die Trage«, sagte Susannah. »Ich würde lieber auf dem Asphalt kriechen, bis ich Kaugummi an den Armen bis rauf zu den Ellbogen habe.«
»Wir haben gar nichts verloren«, sagte Roland. Er schob die Hand in die Fußschleife aus Wildleder und ließ sie heftig nach links schnappen. Das Seil rutschte vom Pfosten oben herunter, und Roland wickelte es fast so schnell auf, wie es herunterkam.
»Toller Trick!«, sagte Jake.
»Oller! Rick!«, stimmte Oy zu.
»Cort?«, fragte Eddie.
»Cort«, bestätigte Roland lächelnd.
»Der Ausbilder aus der Hölle«, sagte Eddie. »Besser du als ich, Roland. Besser du als ich.«
4
Als sie auf die Türen zum Bahnhofsgebäude zugingen, ertönte das tiefe, blubbernde Heulen erneut. Roland stellte amüsiert fest, dass seine Gefährten alle drei gleichzeitig die Nasen rümpften und die Mundwinkel nach unten zogen; damit sahen sie nicht nur wie ein Ka-Tet, sondern obendrein wie Blutsverwandte aus. Susannah zeigte in Richtung Park. Die Schilder, die über den Bäumen aufragten, waberten ein wenig, so wie Gegenstände im Hitzeflimmern.
»Ist das von der Schwachstelle?«, fragte Jake.
Roland nickte.
»Werden wir sie umgehen können?«
»Ja. Schwachstellen sind gefährlich, so wie Sümpfe voller Treibsand und Saligs gefährlich sind. Wisst ihr, was das ist?«
»Wir wissen, was Treibsand ist«, sagte Jake. »Und wenn Saligs lange grüne Biester mit großen Zähnen sind, kennen wir die auch.«
»Genau das sind sie.«
Susannah drehte sich ein letztes Mal um und sah Blaine an. »Keine dummen Fragen und keine dummen Spiele. In der Hinsicht hatte das Buch Recht.« Von Blaine sah sie zu Roland. »Was ist mit Beryl Evans, der Frau, die Charlie Tschuff-Tschuff geschrieben hat? Glaubst du, sie gehört auch dazu? Dass wir sie vielleicht sogar einmal kennen lernen? Ich würde mich gern bei ihr bedanken. Eddie ist zwar allein dahinter gekommen, aber…«
»Es ist möglich, denke ich«, sagte Roland, »aber eigentlich glaube ich es nicht. Meine Welt ist wie ein riesiges Schiff, das so nahe an der Küste gesunken ist, dass der größte Teil der Trümmer an den Strand gespült wurde. Vieles von dem, was wir finden, mag faszinierend sein, manches mag nützlich sein, wenn das Ka es erlaubt, aber es werden trotzdem Trümmer sein. Sinnlose Trümmer.« Er drehte sich um. »Wie dieser Ort, schätze ich mal.«
»Ich würde das nicht gerade als Wrackteile bezeichnen«, sagte Eddie. »Sieh dir die Farbe dieses Bahnhofs an – sie ist ein bisschen rostig von den Regenrinnen unter den Erkern, aber soweit ich sehen kann, ist sie nirgendwo abgeblättert.« Er blieb vor den Türen stehen und strich mit den Fingern über eine der Glasscheiben. Sie hinterließen vier klare Spuren. »Staub, und zwar nicht wenig, aber keine Sprünge. Ich würde sagen, dass dieses Gebäude spätestens seit… schätzungsweise Sommeranfang nicht mehr gewartet wurde.«
Er sah Roland an, der achselzuckend nickte. Der Revolvermann hörte nur mit halbem Ohr zu und konzentrierte sich nur mit halbem Verstand. Der Rest von ihm war mit zweierlei beschäftigt: dem Heulen
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