Der Dunkle Turm 4 - Glas
der Schwachstelle und damit, die Erinnerungen zurückzudrängen, die ihn überwältigen wollten.
»Aber Lud war schon seit Jahrhunderten Verfall und Untergang preisgegeben«, sagte Susannah. »Dieser Ort hier… vielleicht ist es Topeka, vielleicht auch nicht, aber mir kommt er wie eine der unheimlichen kleinen Ortschaften in der Gruselsendung Twilight Zone vor. Ihr Jungs werdet euch vielleicht nicht mehr daran erinnern, aber…«
»Doch, ich schon«, sagten Jake und Eddie wie aus einem Mund, dann sahen sie einander an und lachten. Eddie hielt die Hand hoch, und Jake klatschte ab.
»Sie zeigen immer noch die Wiederholungen«, sagte Jake.
»Ja, andauernd«, fügte Eddie hinzu. »Normalerweise werden sie von Konkursverwaltern gesponsert, die wie Foxterrier aussehen. Und du hast Recht. Der Ort hier ist nicht wie Lud. Warum auch? Es ist nicht dieselbe Welt wie Lud. Ich weiß nicht, wo der Übergang stattgefunden hat, aber…« Er zeigte auf das blaue Schild der Interstate 70, als würde das ohne den Schatten eines Zweifels beweisen, was er sagen wollte.
»Aber wenn es Topeka ist, wo sind dann die Menschen?«, fragte Susannah.
Eddie zuckte die Achseln und hob die Hände – wer weiß?
Jake legte die Stirn an die Glasscheibe der mittleren Tür, hielt die Hände seitlich ans Gesicht und sah hinein. Er verharrte mehrere Sekunden in dieser Haltung, dann sah er etwas, bei dem er schnell zurückzuckte. »Oh-oh«, sagte er. »Kein Wunder, dass es in der Stadt so still ist.«
Roland trat hinter Jake und sah über den Kopf des Jungen hinweg, wobei er selbst die Hände ans Gesicht presste, um das Licht abzuhalten. Der Revolvermann zog zwei Schlussfolgerungen, noch ehe er sah, was Jake gesehen hatte. Die erste war, dass dies ganz eindeutig ein Bahnhof war, aber kein Blaine -Bahnhof… keine Krippe. Die andere war, dass der Bahnhof tatsächlich zu Eddies, Jakes und Susannahs Welt gehörte… aber möglicherweise nicht in ihr Wo.
Das ist die Schwachstelle. Wir müssen vorsichtig sein.
Zwei Tote saßen aneinander gelehnt auf einer der langen Bänke, die fast den gesamten Raum ausfüllten; abgesehen von den schlaffen, runzligen Gesichtern und den schwarzen Händen, sahen sie aus wie Zecher, die nach einem ausufernden Gelage in der Bahnhofshalle eingeschlafen waren und den letzten Zug nach Hause verpasst hatten. An der Wand hinter ihnen hing ein Schild mit der Aufschrift Abfahrtszeiten, darunter standen die Namen von Städten und Orten und Baronien in einer Reihe. DENVER, lautete einer. Wichita ein anderer. Omaha ein dritter. Roland hatte einmal einen einäugigen Spieler namens Omaha gekannt; er war mit einem Messer in der Kehle an einem Watch-Me-Tisch gestorben. Er hatte die Lichtung am Ende des Pfades mit zurückgelegtem Kopf betreten und bei seinem letzten Atemzug die ganze Decke mit Blut bespritzt. Von der Decke des Raums vor ihm (den Rolands verstockter und träger Verstand hartnäckig als Zwischenstation betrachtete, als wäre dies eine Raststelle an einer halb vergessenen Postkutschenstraße wie derjenigen, die ihn nach Tull geführt hatte) hing eine wunderschöne Uhr mit vier Zifferblättern. Die Zeiger waren bei 4.14 Uhr stehen geblieben, und Roland vermutete, dass sie sich nie wieder bewegen würden. Das war ein bedrückender Gedanke… aber dies war auch eine traurige Welt. Er konnte keine weiteren Toten sehen, aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, wo zwei Tote herumlagen, lagen wahrscheinlich vier weitere irgendwo außer Sichtweite. Oder vier Dutzend.
»Sollten wir nicht lieber reingehen?«, fragte Eddie.
»Warum!«, erwiderte der Revolvermann. »Wir haben hier nichts zu suchen; es gehört nicht zum Pfad des Balkens.«
»Du würdest einen großartigen Fremdenführer abgeben«, sagte Eddie spitz. ›»Alle schön zusammenbleiben, und laufen Sie bitte nicht in die…‹«
Jake unterbrach ihn mit einer Frage, die Roland nicht verstand. »Hat einer von euch ein paar Groschen?« Der Junge sah Eddie und Susannah an. Neben ihm befand sich ein rechteckiges Metallkästchen. Darauf stand in blauen Buchstaben:
D AS T OPEKA C APITAL J OURNAL
B ERICHT ÜBER ALLES W ISSENSWERTE IN K ANSAS !
D IE Z EITUNG I HRER H EIMATSTADT !
V ERPASSEN S IE KEINEN T AG !
Eddie schüttelte amüsiert den Kopf. »Hab mein ganzes Kleingeld irgendwann verloren. Wahrscheinlich beim Bäumeklettern, kurz bevor du zu uns gestoßen bist, als ich versucht habe, kein Imbiss für einen Roboterbären zu werden. Tut mir Leid.«
»Moment
Weitere Kostenlose Bücher