Der Dunkle Turm 4 - Glas
sie einmal mit der Stimme von Detta Walker zu Eddie gesagt, aber manchmal is es knapp, Süßer.
»Gemach, Susannah Dean, gemach«, sagte der Revolvermann und lächelte leicht. Er fädelte das Geflecht der Gurte auseinander, legte das Sitzteil beiseite und flocht die Gurte wieder zusammen. Mit einem altmodischen Schifferknoten band er sie an sein letztes brauchbares Stück Seil. Während er daran arbeitete, lauschte er nach dem Heulen der Schwachstelle… wie sie zu viert nach den Göttertrommeln gehorcht hatten; wie er und Eddie gehorcht hatten, als die Monsterhummer wie Anwälte mit ihren Fragen anfingen (»Dad-a-cham? Did-a-chee? Dum-a-chum?«), wenn jene Nacht für Nacht aus den Wellen kamen.
Ka ist ein Rad, dachte er. Oder, wie Eddie zu sagen pflegte: Was rumging, das kam auch wieder rum.
Als das Seil fertig war, band er eine Schleife am Ende des geflochtenen Teils. Jake trat voller Zuversicht mit dem Fuß hinein, hielt sich mit einer Hand am Seil fest und ließ es sich Oy in der Beuge seines anderen Arms bequem machen. Oy sah sich nervös um, winselte, reckte den Hals und leckte Jakes Gesicht.
»Du hast doch keine Angst, oder?«, fragte Jake den Bumbler.
»Angst«, stimmte Oy zu, blieb aber ruhig, als Roland und Eddie den Jungen an der Seite des Baronswagens hinabließen. Das Seil war zwar nicht lang genug, dass er bis ganz auf den Boden reichte, aber Jake hatte keine Mühe, den Fuß zu befreien und den letzten Meter zu springen. Er setzte Oy ab. Der Bumbler trottete schnuppernd davon und hob ein Bein an der Mauer des Bahnhofsgebäudes. Das Gebäude war nicht annähernd so grandios wie die Krippe von Lud, hatte aber ein altmodisches Aussehen, das Roland gefiel – weiße Dielen, überhängende Erker, hohe, schmale Fenster und offenbar Schieferziegel. Ein Western -Aussehen. Auf einem Schild über den Türen der Bahnhofshalle stand in Goldbuchstaben:
A TCHISON , T OPEKA UND S ANTA F E
Städte, vermutete Roland, und der letzte Name kam ihm sogar bekannt vor: Hatte es nicht ein Santa Fe in der Baronie Mejis gegeben? Doch das führte wieder zu Susan, der holden Susan am Fenster, mit offenem Haar, das ihr über den Rücken fiel, mit einem Duft nach Jasmin und Rosen und Geißblatt und altem süßem Heu – Gerüche, von denen das Orakel am Berg nur einen blassen Abklatsch zustande gebracht hatte. Susan, die sich zurücklehnte und ernst zu ihm aufschaute, um dann zu lächeln und die Hände hinter dem Kopf zu verschränken, sodass ihre Brüste sich hoben, als sehnten sie sich nach der Berührung seiner Hände.
Wenn du mich liebst, Roland, dann liebe mich… Vogel und Bär und Fisch und Hase…
»… Nächste?«
Er drehte sich zu Eddie um und musste alle Willenskraft aufbieten, um sich aus dem Wann von Susan Delgado zurückzuziehen. Es gab wahrhaftig Schwachstellen hier in Topeka, und zwar von unterschiedlichster Art. »Ich war mit den Gedanken anderswo, Eddie. Erflehe deine Verzeihung.«
»Susannah als Nächste? Das hatte ich gefragt.«
Roland schüttelte den Kopf. »Du als Nächster, dann Susannah. Ich gehe als Letzter.«
»Wirst du zurechtkommen? Mit deiner Hand und allem?«
»Ich schaffe es schon.«
Eddie nickte und stellte den Fuß in die Schleife. Als Eddie nach Mittwelt gekommen war, hätte Roland ihn mühelos selbst hinunterlassen können, zwei fehlende Finger hin oder her, aber Eddie war schon seit Monaten ohne seine Droge und hatte zehn bis fünfzehn Pfund an Muskeln zugelegt. Roland akzeptierte Susannahs Hilfe dankbar, und sie ließen Eddie gemeinsam hinunter.
»Jetzt du, Lady«, sagte Roland und lächelte sie an. In letzter Zeit kam ihm zu lächeln ganz natürlich vor.
»Ja.« Aber zunächst stand sie nur da und biss sich auf die Unterlippe.
»Was ist los?«
Sie griff mit der Hand zum Bauch und rieb sich dort, als hätte sie Schmerzen oder Bauchgrimmen. Er dachte schon, sie würde es ihm erklären, aber sie schüttelte nur den Kopf und sagte: »Nichts.«
»Das glaube ich nicht. Warum reibst du dir den Bauch? Bist du verletzt? Bist du verletzt worden, als wir so plötzlich zum Stillstand gekommen sind?«
Sie nahm die Hand vom Kleid, als wäre die Haut unterhalb ihres Nabels heiß geworden. »Nein. Es geht mir gut.«
»Wirklich?«
Susannah schien sehr gründlich darüber nachzudenken. »Wir werden reden«, sagte sie. »Wir halten ein Palaver, wenn dir das lieber ist. Aber du hattest vorhin Recht, Roland – dies ist weder der Ort noch die Zeit.«
»Wir alle vier, oder nur du und
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