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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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das inzwischen zu bloßer Glut heruntergebrannt war. Von dem Beutel war keine Spur mehr zu sehen.
    »Hast ziemlich lange gebraucht, Missy«, sagte Rhea. Sie sah weiter ins Feuer, als wäre Susan gänzlich unwichtig… aber sie wippte unter dem schmutzigen Saum ihres Kleids mit einem Fuß und hatte die Augenbrauen zusammengezogen.
    Susan durchquerte das Zimmer und sah beim Gehen so gut sie konnte über den Holzstapel auf ihren Armen hinweg. Sie wäre kein bisschen überrascht gewesen, wenn die Katze in der Nähe gelauert hätte, um sie zum Stolpern bringen zu können. »Ich habe eine Spinne gesehen«, sagte sie. »Und ich habe meine Schürze geschwenkt, um sie zu vertreiben. Ich kann deren Anblick nicht ertragen, das kann ich nicht.«
    »Bald wirst du etwas sehen, dessen Anblick dir noch weniger gefallen wird«, sagte Rhea und grinste ihr seltsam schiefes Grinsen. »Es wird aus dem Nachthemd des alten Thorin ragen, steif wie ein Stock und rot wie Rhabarber! Hihi! Moment mal, Mädchen; ihr Götter, du hast ja genug für ein Jahrmarktsfreudenfeuer gebracht!«
    Rhea nahm zwei große Scheite von Susans Stapel und warf sie gleichgültig auf die Glut. Funken wirbelten spiralförmig den dunklen und leise säuselnden Schaft des Kamins hinauf. Da, jetzt hast du alles verstreut, was von deinem Feuer noch übrig war, du dummes altes Ding, und wirst den ganzen Mist neu anzünden müssen, dachte Susan. Dann hielt Rhea eine gespreizte Hand über das Feuer, stieß einen kehligen Laut aus, und die Scheite loderten auf, als wären sie in Öl getränkt worden.
    »Leg den Rest dorthin«, sagte sie und zeigte auf die Holzkiste. »Und pass auf, dass du keinen Dreck machst, Missy.«
    Was, und dieses gepflegte Heim beschmutzen?, dachte Susan. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um das Lächeln abzutöten, das sich auf ihrem Mund zeigen wollte.
    Rhea spürte es möglicherweise dennoch; als Susan wieder aufschaute, sah die alte Frau sie mit einer missmutigen, wissenden Miene an.
    »Na gut, Fräulein, kommen wir zu unserem Geschäft, und bringen wir es hinter uns. Weißt du, warum du hier bist?«
    »Ich bin hier auf Wunsch von Bürgermeister Thorin«, wiederholte Susan, wohl wissend, dass das keine richtige Antwort war. Nun hatte sie Angst – mehr Angst noch als eben, als sie durch das Fenster geschaut und gesehen hatte, wie die alte Frau mit der Glaskugel sprach. »Seine Frau ist kinderlos ans Ende ihrer fruchtbaren Zeit gekommen. Er möchte einen Sohn haben, bevor er ebenfalls nicht mehr imstande ist…«
    »Papperlapapp, verschon mich mit der Schönfärberei und den hochtrabenden Worten. Er will Titten und Arsch, die nicht unter seinen Händen nachgeben, und eine Dose, die auch noch packt, was er reinzustoßen hat. Das heißt, falls er noch Manns genug ist, um zu stoßen. Wenn ein Sohn dabei rauskommt, fein, er wird ihn dir überlassen, damit du ihn großziehen kannst, bis er alt genug ist, in die Schule zu gehen, und danach wirst du ihn nie wiedersehen. Wenn es ein Mädchen wird, dann gibt er es wahrscheinlich seinem neuen Mann, dem Hinkenden mit dem Weiberhaar, damit er es in der nächsten Viehtränke ersäuft.«
    Susan sah sie über alle Maßen schockiert an.
    Die alte Frau sah den Ausdruck und lachte. »Hörst die Wahrheit nicht gern, was? Ist bei den meisten so, Missy. Aber darauf kommt es nicht an; deine Tante war schon immer listig, und sie wird Thorin und Thorins Schatzkammer einiges abgeluchst haben. Wie viel Gold du dafür zu sehen bekommst, geht mich nichts an… und dich auch nicht, wenn du nicht gut aufpasst! Hihi! Zieh das Kleid aus!«
    Das werde ich nicht, lag ihr als Antwort auf der Zunge, aber was dann? Dann würde sie aus dieser Hütte verwiesen (und sie konnte sich schon glücklich schätzen, wenn sie weitgehend so daraus verwiesen wurde, wie sie gekommen war, und nicht als Eidechse oder hüpfende Kröte) und nach Westen geschickt werden, und zwar so, wie sie jetzt war, selbst ohne die beiden Goldmünzen, die sie mitgebracht hatte. Aber das war nur das kleinere Übel. Das größere war, sie hatte ihr Wort gegeben. Anfangs hatte sie sich geweigert, aber als Tante Cord den Namen von Susans Vater beschworen hatte, da hatte sie nachgegeben. Wie immer. Sie hatte wirklich keine andere Wahl. Und wenn man keine Wahl hatte, war das Zögern immer ein Fehler.
    Sie strich über die Vorderseite ihrer Schürze, an der jetzt kleine Rindenstückchen klebten, dann band sie sie auf und streifte sie ab. Sie faltete sie zusammen,

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