Der Dunkle Turm 4 - Glas
einen Feigling, der Freude daran gehabt hat, die Dummen zu peinigen und die Unschuldigen zu töten, einen verlorenen und plärrenden mechanischen Kobold…«
»ICH BEFEHLE DIR, SOFORT DAMIT AUFZUHÖREN, SONST TÖTE ICH EUCH ALLE AUF DER STELLE!«
In Rolands Augen loderte ein so grelles blaues Feuer, dass Eddie zurückwich. Er hörte undeutlich, wie Jake und Susannah aufstöhnten.
»Töte, wenn du willst, aber befiehl mir nichts!«, brüllte der Revolvermann. »Du hast die Gesichter deiner Erbauer vergessen! Töte, oder schweig und hör mir zu, mir, Roland von Gilead, Sohn des Steven, Revolvermann und Herr der alten Länder! Ich bin nicht jahrelang und meilenweit gereist, um mir dein kindisches Plappern anzuhören! Hast du verstanden? Und jetzt wirst du MIR zuhören!«
Es herrschte einen Moment lang entsetzliche Stille. Alle hielten die Luft an. Roland starrte streng nach vorn, den Kopf erhoben, die Hand auf dem Revolvergriff.
Susannah Dean hob die Hand zum Mund und ertastete das unmerkliche Lächeln, wie eine Frau ein seltsames neues Kleidungsstück betasten mochte – einen Hut vielleicht –, um sicherzustellen, dass es noch richtig saß. Sie hatte Angst, das Ende ihres Lebens könnte jetzt gekommen sein, aber in diesem Augenblick wohnte nicht Angst in ihrem Herzen, sondern Stolz. Sie sah nach links und stellte fest, dass Eddie den Revolvermann mit einem erstaunten Grinsen betrachtete. Jakes Gesichtsausdruck war noch einfacher zu deuten: Bewunderung, unverhohlen und schlicht.
»Sag es ihm!«, hauchte Jake. »Gib’s ihm! Recht so!«
»Du solltest lieber vorsichtig sein, Blaine«, stimmte Eddie zu. »Es ist ihm wirklich ziemlich scheißegal. Nicht umsonst haben sie ihn den Tollen Hund von Gilead genannt.«
Nach einer langen Pause fragte Blaine: »HAT MAN DICH SO GENANNT, ROLAND, SOHN DES STEVEN?«
»Es mag so gewesen sein«, antwortete Roland, der gelassen in der Luft über dem leblosen Gebirgszug stand.
»WELCHEN NUTZEN HABT IHR FÜR MICH, WENN IHR MIR KEINE RÄTSEL AUFGEBT?«, fragte Blaine. Jetzt hörte er sich wie ein verdrossenes, mürrisches Kind an, das ausnahmsweise einmal länger aufbleiben durfte.
»Ich habe nicht gesagt, dass wir das nicht tun würden«, sagte Roland.
»NICHT?« Blaine klang verwirrt. »ICH VERSTEHE NICHT, UND DOCH DEUTET DIE STIMMANALYSE AUF VERNÜNFTIGE ARGUMENTATION HIN. BITTE ERKLÄRE ES MIR.«
»Du hast gesagt, du möchtest sie sofort gestellt bekommen«, antwortete der Revolvermann. »Nur das habe ich abgelehnt. Dein Eifer hat dich unziemlich gemacht.«
»ICH VERSTEHE NICHT.«
»Er hat dich unhöflich gemacht. Verstehst du das?«
Es folgte eine lange, nachdenkliche Pause. Dann: »WENN DIR UNHÖFLICH ERSCHIEN, WAS ICH GESAGT HABE, SO BITTE ICH UM ENTSCHULDIGUNG.«
»Ich nehme die Entschuldigung an, Blaine. Aber es gibt noch ein größeres Problem.«
»ERKLÄRE ES MIR.«
»Mach das Abteil wieder undurchsichtig, dann sage ich es dir.« Roland setzte sich, als wäre eine weitere Unterhaltung – und die Möglichkeit eines baldigen Todes – jetzt undenkbar.
Blaine kam der Bitte nach. Die Wände nahmen Farbe an, die Albtraumlandschaft unter ihnen verschwand wieder. Die Anzeige auf der Streckenkarte blinkte jetzt in der Nähe des Pünktchens mit der Aufschrift Candleton.
»Gut«, sagte Roland. »Unhöflichkeit ist verzeihbar, Blaine; das hat man mir in meiner Jugend beigebracht. Aber man hat mir auch beigebracht, dass Dummheit es nicht ist.«
»INWIEFERN BIN ICH DUMM GEWESEN, ROLAND VON GILEAD?« Blaines Stimme klang leise und unheilvoll. Susannah musste plötzlich an eine Katze denken, die mit leuchtend grünen Augen und wedelndem Schwanz vor einem Mauseloch lauerte.
»Wir haben etwas, was du willst«, sagte Roland, »aber du bietest uns als Belohnung, wenn wir es dir geben, nur den Tod an. Das ist sehr dumm.«
Es folgte eine lange, lange Pause, während Blaine darüber nachdachte. Dann: »WAS DU SAGST, STIMMT, ROLAND VON GILEAD, ABER DIE QUALITÄT EURER RÄTSEL WURDE NOCH NICHT UNTER BEWEIS GESTELLT. ICH WERDE EUCH FÜR SCHLECHTE RÄTSEL NICHT MIT DEM LEBEN BELOHNEN.«
Roland nickte. »Ich verstehe, Blaine. Hör nun zu und erfahre Wissen von mir. Ich habe es meinen Freunden schon erzählt. Als ich ein Junge in der Baronie Gilead war, fanden jedes Jahr sieben Jahrmärkte statt – Winter, Weite Erde, Aussaat, Mittsommer, Volle Erde, Ernte und Jahresende. Rätsel waren ein wichtiger Bestandteil jedes Jahrmarkts, aber am Tag der Weiten Erde und dem der Vollen Erde
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