Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
deutlicher –, sagte Mia, wenn wir’s von Angesicht zu Angesicht tun.
    Wie soll das gehen?, fragte Susannah.
    Wir halten unser Palaver in meinem Schloss, antwortete Mia prompt. Das Schloss am Abgrund. Im Bankettsaal. Du erinnerst dich an den Bankettsaal?
    Susannah nickte, aber nur zögernd. Ihre Erinnerungen an den Bankettsaal waren erst vor kurzem zurückgekommen und daher nur verschwommen, was sie aber auch nicht groß bedauerte. Mias dortige Gelage waren… Nun, sie waren enthusiastisch gewesen, um das Mindeste zu sagen. Sie hatte von vielen Tellern gegessen (hauptsächlich mit den Fingern) und aus vielen Gläsern getrunken und mit vielen Phantomen mit geliehenen Stimmen gesprochen. Mit geliehenen? Teufel, mit gestohlenen Stimmen. Zwei davon hatte Susannah recht gut gekannt. Eine war Odetta Holmes’ nervöse – und ziemlich hochnäsige – »Gesellschaftsstimme« gewesen. Eine weitere war Dettas heiseres Scheiß-auf-alles-Grölen gewesen. Mias Dieberei hatte sich offenbar auf alle Aspekte von Susannahs Persönlichkeit erstreckt, und wenn Detta Walker jetzt wieder da war, groß in Fahrt und jederzeit bereit, Leuten in den Hintern zu treten, war das vor allem die Schuld dieser unerwünschten Fremden.
    Der Revolvermann hat mich dort gesehen, sagte Mia. Und der Junge auch.
    Eine kurze Pause. Dann:
    Ich bin beiden schon mal begegnet.
    Wem? Jake und Roland?
    Aye, ihnen.
    Wo? Wann? Wie kannst du…
    Wir können hier nicht reden. Bitte. Gehen wir irgendwohin, wo wir ungestört sind.
    Irgendwohin, wo es ein Telefon gibt, das meinst du doch, oder nicht? Damit deine Freunde dich anrufen können.
    Ich weiß nur wenig, Susannah von New York, aber ich glaube, dass du dieses wenige hören möchtest.
    Das glaubte Susannah auch. Und obwohl Mia das nicht unbedingt merken sollte, kam es ihr auch darauf an, von der Second Avenue zu verschwinden. Dem flüchtigen Blick eines Passanten mochte das Zeug auf ihrer Bluse wie Kleckse von Tiramisu oder angetrockneter Kaffee erscheinen, aber Susannah selbst war sich genau bewusst, was es war: nicht nur einfach Blut, sondern das Blut einer tapferen Frau, die sich für die Kinder ihrer Stadt geopfert hatte.
    Und um ihre Füße herum standen diese Taschen. Sie hatte in New York schon viele Bag-Folken gesehen, aye. Jetzt kam sie sich selbst wie eine Obdachlose vor, und dieses Gefühl war ihr zuwider. Sie war zu Besserem bestimmt, wie ihre Mutter gesagt hätte. Immer wenn Leute, die auf dem Gehsteig vorbeikamen oder die kleine Anlage durchquerten, sie im Vorbeigehen musterten, war sie versucht, ihnen zu erklären, sie sei nicht verrückt, auch wenn sie vielleicht so aussehe: fleckige Bluse, schmutziges Gesicht, zu langes, ungekämmtes Haar, keine Handtasche, nur diese drei Taschen zu ihren Füßen. Obdachlos, aye – war schon einmal jemand so obdachlos gewesen wie sie, nicht nur ohne Dach über dem Kopf, sondern auch aus seiner Zeit vertrieben? –, aber durchaus klar im Kopf. Sie musste ein Palaver mit Mia halten, um endlich zu begreifen, was hier gespielt wurde, das stimmte. Was sie wollte, war viel einfacher: sich waschen, frische Sachen anziehen und zumindest für einige Zeit aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwinden.
    Ebenso gut kannst du dir den Mond wünschen, Schätzchen, sagte sie sich selbst… und zu Mia, falls Mia ihr überhaupt zuhörte. Ungestörtheit kostet Geld. Du bist in einer Version von New York, in der ein einziger Hamburger bis zu einem Dollar kosten kann, so verrückt das auch klingt. Und du hast keinen Sou. Nur ungefähr ein Dutzend Teller mit scharfen Rändern und eine Art Zauberkugel für schwarze Magie. Was willst du also unternehmen?
    Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, verschwand New York, und sie war wieder in der Torweghöhle. Beim ersten Besuch dort hatte sie ihre Umgebung kaum wahrgenommen – Mia hatte das Kommando gehabt und war nur darauf bedacht gewesen, eilig durch die Tür zu flüchten –, aber jetzt sah sie alles ganz deutlich. Pere Callahan war da. Eddie ebenfalls. Und auf gewisse Weise auch Eddies Bruder. Susannah konnte Henry Deans Stimme aus den Tiefen der Höhle heraufhallen hören, spöttisch und verzweifelt zugleich: »Ich bin in der Hölle, Bruderherz! Ich bin in der Hölle, und ich kann keinen Fix kriegen, und daran bist nur du schuld!«
    Susannahs Desorientierung war nichts im Vergleich zu dem Zorn, in den diese nörgelnde, überhebliche Stimme sie versetzte. »Was mit Eddie nicht in Ordnung war, war hauptsächlich deine

Weitere Kostenlose Bücher