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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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keinen Kratzer, sondern einen Spalt.
    »Sie ist alt«, flüsterte sie. »So überaus alt.«
    Ja, antwortete Mia ebenso leise.
    Für Susannah war es ein unbeschreiblich gutes Gefühl, die Schildkröte in der Hand zu halten. So fühlte sie sich irgendwie… sicher.
    Seht die Schildkröte, dachte sie. Seht der Schildkröte strahlende Pracht, auf deren Panzer die Welt gemacht. War das richtig so? Sie glaubte, dass es einigermaßen stimmte. Und da war natürlich auch noch der Balken, dem sie in Richtung Turm gefolgt waren. Der Bär – Shardik – am einen Ende. Die Schildkröte – Maturin – am anderen.
    Sie sah von dem kleinen Totem, das sie im Innenfutter der Tasche gefunden hatte, zu der Schildkröte neben dem Springbrunnen hinüber. Abgesehen von dem unterschiedlichen Material – die Metallskulptur bestand aus Bronzeguss mit Kupfertönen –, waren sie genau gleich, auch was den Kratzer auf dem Panzer und den winzigen keilförmigen Spalt am Maul betraf. Susannah hielt für eine Sekunde den Atem an, und ihr Herz schien ebenfalls stillzustehen. Sie durchlebte dieses Abenteuer von Augenblick zu Augenblick – manchmal auch von Tag zu Tag –, ohne viel darüber nachzudenken, sondern einfach von den Ereignissen und dem angetrieben, was Roland immer wieder als Ka bezeichnete. Dann ereignete sich wieder etwas wie das hier, und sie erhaschte einen kurzen Blick auf ein weit größeres Gesamtbild, das sie mit Ehrfurcht und Verwunderung lähmte. Sie spürte Kräfte, die ihr Begriffsvermögen weit überstiegen. Manche waren böse wie die Glaskugel in dem Kasten aus Geisterholz. Aber diese… diese…
    »Wow«, sagte jemand. Seufzte es fast.
    Sie hob den Kopf und sah einen Geschäftsmann – einen seinem Anzug nach sehr erfolgreichen Mann – vor ihrer Bank stehen. Er hatte die Abkürzung durch den kleinen Park genommen, vermutlich auf dem Weg zu etwas, was ebenso wichtig war wie er selbst, zu irgendeiner Besprechung oder Konferenz, vielleicht sogar bei den Vereinten Nationen, die in der Nähe residierten (außer das hatte sich ebenfalls geändert). Jetzt war er jedoch wie angenagelt stehen geblieben. Ein teurer Aktenkoffer baumelte von seiner rechten Hand. Mit weit aufgerissenen Augen fixierte er die Schildkröte in Susannah-Mias Hand. Auf seinem Gesicht stand ein breites und ziemlich dümmliches Grinsen.
    Tu sie weg!, rief Mia besorgt. Er schnappt sie sich!
    Soll er nur versuchen, antwortete Detta Walker. Ihre Stimme klang entspannt und nicht wenig amüsiert. Die Sonne schien, und sie erkannte plötzlich mit allen Teilen ihrer Persönlichkeit, dass dieser Tag schön war, wenn man alles andere ausblendete. Und kostbar. Und prachtvoll.
    »Kostbar und schön und prachtvoll«, sagte der Geschäftsmann (oder vielleicht war er ein Diplomat), der seinen Termin ganz vergessen zu haben schien. War es der Tag, von dem er sprach, oder die geschnitzte Schildkröte?
    Er meint beides, dachte Susannah. Und plötzlich glaubte sie, das Ganze zu verstehen. Jake hätte es auch verstanden – niemand besser als er! Sie lachte. In ihrem Inneren lachten auch Detta und Mia, wenn auch Mia nur leicht widerstrebend. Und der Geschäftsmann oder Diplomat, der lachte ebenfalls.
    »Jah, ich meine beides«, sagte der Geschäftsmann. Da er mit leichtem skandinavischen Akzent sprach, klang beides wie beites. »Was für ein wunderhübsches Ding Sie da haben!« Was für ‘n wunterhübsches Dink!
    Ja, es war wunderhübsch. Ein entzückender kleiner Schatz. Und vor nicht allzu langer Zeit hatte Jake Chambers etwas merkwürdig Ähnliches entdeckt. Jake hatte in Calvin Towers Buchhandlung ein Buch mit dem Titel Charlie Tschuff-Tschuff gekauft, das eine Beryl Evans geschrieben hatte. Später – das heißt kurz vor der Ankunft von Rolands Ka-Tet in Calla Bryn Sturgis – hatte der Name der Verfasserin sich in Claudia y Inez Bachman verwandelt, wodurch sie Mitglied des ständig wachsenden Ka-Tet der Neunzehn geworden war. Jake hatte einen Schlüssel in dieses Buch gelegt, und Eddie hatte in Mittwelt eine Kopie davon geschnitzt. Jakes Originalschlüssel hatte Leute, die ihn sahen, nicht nur fasziniert, sondern auch zu willigen Befehlsempfängern gemacht. Wie Jakes Schlüssel hatte auch die elfenbeinerne Schildkröte ein Double; es stand hier neben ihr. Die Frage war nur, ob die Schildkröte auch in anderer Beziehung Jakes Schlüssel glich.
    Nach der faszinierten Art zu urteilen, wie der skandinavische Geschäftsmann sie anstarrte, war Susannah sich ziemlich

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