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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Schuld!«, kreischte sie ihn an. »Du hättest allen einen Gefallen tun und jung sterben sollen, Henry!«
    Die Männer in der Höhle sahen sich nicht einmal nach ihr um. Was hatte das alles zu bedeuten? War sie nur so zum Spaß aus New York herübergeflitzt? Aber warum hatte sie dann kein Glockenspiel gehört?
    Pst! Pst, Liebste. Das war Eddies Stimme in ihrem Kopf, ganz klar und deutlich. Sieh einfach nur zu.
    Hörst du ihn?, fragte sie Mia. Hörst du…
    Ja! Halt jetzt die Klappe!
    »Wie lange müssen wir hier bleiben, glaubst du?«, wollte Eddie von Callahan wissen.
    »Es wird leider eine Weile dauern«, antwortete Callahan, und Susannah begriff, dass sie hier etwas sah, was sich bereits ereignet hatte. Eddie und Callahan waren zur Torweghöhle hinaufgegangen, um Calvin Tower und seinen Freund Deepneau ausfindig zu machen. Das war kurz vor dem Showdown mit den Wölfen gewesen. Callahan war dann durch die Tür gegangen. Während der Pere unterwegs gewesen war, hatte die Schwarze Dreizehn Eddie irgendwie in ihre Gewalt gebracht. Und ihn fast in den Tod getrieben. Callahan war gerade noch rechtzeitig zurückgekommen, um Eddie daran zu hindern, sich in den Abgrund vor der Höhle zu stürzen.
    Aber im Augenblick zog Eddie die Tasche – rosa, ja, daran hatte sie sich richtig erinnert, auf der Calla-Seite war sie rosa gewesen – hinter dem Bücherschränkchen mit den Erstausgaben des widerspenstigen Sai Tower hervor. Sie brauchten die Kugel in dem Kasten aus demselben Grund, aus dem Mia sie gebraucht hatte: um die nichtgefundene Tür zu öffnen.
    Eddie hob die Tasche hoch und machte sich daran, sie umzudrehen, hielt dann aber inne. Er runzelte die Stirn.
    »Was gibt’s?«, fragte Callahan.
    »Hier drinnen steckt etwas«, antwortete Eddie.
    »Ja, der Kasten.«
    »Nein, in der Tasche. Ins Futter eingenäht, glaube ich. Es fühlt sich wie ein kleiner Stein an.« Er schien Susannah plötzlich geradewegs anzusehen, und sie merkte, dass sie auf einer Parkbank saß. Und sie hörte keine Stimmen aus den Tiefen der Höhle mehr, sondern das wässrige Zischen und Plätschern des Springbrunnens. Die Höhle verblasste. Eddie und Callahan verblassten. Wie aus weiter Ferne hörte sie Eddies letzte Worte: »Vielleicht hat sie ein Geheimfach.«
    Dann war er verschwunden.
     
     
    2
     
    Sie war also doch nicht flitzen gegangen. Ihr kurzer Besuch in der Torweghöhle war eine Art Vision gewesen. Hatte Eddie sie ihr geschickt? Und falls er es getan hatte, bedeutete das etwa, dass er die Nachricht erhalten hatte, die sie ihm aus dem Dogan zu schicken versucht hatte? Das waren Fragen, die Susannah nicht beantworten konnte. Falls sie ihn wiedersah, würde sie ihn danach fragen. Das heißt, nachdem sie ihn ungefähr tausendmal geküsst hatte.
    Mia hob die rote Tasche auf und fuhr mit den Händen langsam über die Außenseiten. So konnte sie die Umrisse des Kastens ertasten, ja. Aber ungefähr auf halber Höhe gab es noch etwas anderes: eine kleine Ausbuchtung. Und Eddie hatte Recht: Sie schien von einem kleinen Stein zu stammen.
    Susannah – oder vielleicht machten sie es gemeinsam, das kümmerte sie nicht mehr – krempelte den Rand der Tasche herunter. Das verstärkte Pulsieren der im Kasten verborgenen Kugel gefiel ihr nicht, aber sie wappnete sich dagegen. Hier war es, gleich hier drin… und etwas, was sich wie eine Naht anfühlte.
    Sie beugte sich weiter darüber, sah aber keine Naht, sondern eine Art von Verschluss, die ihr noch nie untergekommen war. Auch Jake hätte ihn nicht gekannt, aber Eddie hätte einen Klettverschluss erkannt, wenn er einen gesehen hätte. Immerhin hatte sie schon einmal ein Loblied von einem gewissen ZZ Top oder so auf dieses Zeug gehört, einen Song namens »Velcro Fly«. Sie schob einen Fingernagel unter die Klappe und zog sie hoch. Der Klettverschluss öffnete sich mit leisem Reißen und gab ein kleines Innenfach frei.
    Was ist dort drin?, fragte Mia, die unwillkürlich fasziniert war.
    Tja, das werden wir gleich sehen.
    Sie griff hinein, zog dann aber keinen Stein, sondern eine kleine geschnitzte Schildkröte heraus. Anscheinend aus Elfenbein. Ihr Panzer war bis ins kleinste Detail genau ausgeführt, aber durch einen winzigen Kratzer entstellt, der fast wie ein Fragezeichen aussah. Die Schildkröte steckte den Kopf halb heraus. Ihre Augen waren winzige schwarze Punkte aus irgendeinem teerigen Zeug und wirkten unglaublich lebendig. Am Maul der Schildkröte sah Susannah einen weiteren minimalen Defekt –

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