Der Dunkle Turm 6 - Susannah
oder nicht? Wieder die alte Leier. Und zornig dazu. Aber unter dem Zorn lag was? Angst? Das war vermutlich zu stark, zumindest vorläufig. Aber bestimmt Sorge. Wie lange habe ich – haben wir –, bevor die Wehen wieder einsetzen?
Susannah tippte auf sechs bis zehn Stunden – jedenfalls bevor um Mitternacht der zweite Juni begann –, versuchte jedoch, das für sich zu behalten.
Keine Ahnung. Nicht allzu lange.
Dann müssen wir los. Ich brauche ein Telefung. Telefon. In privater Umgebung.
Susannah glaubte zu wissen, dass es auf der Forty-sixth Street an der First Avenue ein Hotel gab, und versuchte, auch das für sich zu behalten. Ihr Blick fiel wieder auf die Tasche, einst rosa, jetzt rot, und sie verstand plötzlich. Nicht alles, aber genug, um verzweifelt und wütend zugleich zu werden.
Ich lasse ihn hier, hatte Mia hinsichtlich des Rings gesagt, den Eddie ihr geschnitzt hatte. Ich lasse ihn hier, wo er ihn finden kann. So das Ka es will, wirst du ihn später wieder tragen können.
Kein richtiges Versprechen, zumindest kein ausdrückliches, aber Mia hatte unüberhörbar angedeutet…
Dumpfer Zorn wogte Susannah durch den Kopf. Nein, sie hatte nichts versprochen. Sie hatte Susannah nur in eine bestimmte Richtung gelenkt, und den Rest hatte Susannah selbst besorgt.
Sie hat mich nicht betrogen; sie hat dafür gesorgt, dass ich mich selbst betrüge.
Mia stand wieder auf, und einmal mehr kam Susannah nach vorn und zwang sie dazu, sich hinzusetzen. Diesmal fast schmerzhaft nachdrücklich.
Was ist? Susannah, du hast es versprochen! Der kleine Kerl…
Ich helfe dir mit dem kleinen Kerl, antwortete Susannah grimmig. Sie beugte sich vor und hob die rote Tasche auf. Die Tasche mit dem Kasten darin. Und in dem Kasten? Dem Kasten aus Geisterholz, auf dem in Runenschrift NICHTGEFUNDEN stand? Selbst durch die Schichten aus magischem Holz und Gewebe, die sie dämpften, konnte Susannah unheilvolle Impulse spüren. In dem Kasten lag die Schwarze Dreizehn. Mia hatte sie durch die Tür mitgenommen. Aber wenn die Kugel nötig war, um die Tür zu öffnen, wie sollte dann Eddie zu ihr kommen können?
Ich habe getan, was ich tun musste, sagte Mia nervös. Es geht um mein Baby, um meinen kleinen Kerl, und alle erheben jetzt die Hand gegen mich. Die Hand eines jeden außer deiner, und du hilfst mir auch nur, weil du musst. Denk daran, was ich gesagt habe… So das Ka es will, habe ich gesagt…
Diesmal kam die Antwort mit Detta Walkers Stimme. Sie klang rau und unfein und duldete keinen Widerspruch. »Das Ka is mir scheißegal«, sagte sie, »und das solltste dir merken. Du hast Probleme, Mädel. Bei dir is was Kleines unterwegs, von dem du nich weißt, was es is. Hast Leute, die sagen, dass sie dir helfen, aber du weißt nich, wer se sind. Vadammt, du weißt nich mal, was ‘n Telefon is oder wo du eins findn kannst. Wir bleibn jetzt hier sitzn, und du erzählst mir, wie’s weitergeht. Wir palavern, Mädel, und wenn du nich ehrlich spielst, sitzn wir noch nachts mit den Taschn da hier, und du kannst dein kostbarn klein Kerl auf der Bank da kriegn und in dem Scheißbrunnen da abwaschn.«
Die Frau auf der Parkbank fletschte die Zähne zu einem grausigen Lächeln, das ganz das Detta Walkers war.
»Du machst dir was aus dem kleinen Kerl… und Susannah auch, die macht sich ‘n bisschen aus ihm… aber ich bin größtnteils nur aus dem Körper hier vertriebn wordn, und mir… ist er… echt scheißegal.«
Eine Frau, die gerade mit einem Kindersportwagen vorbeikam (er sah so herrlich leichtgewichtig aus wie Susannahs zurückgebliebener Rollstuhl), musterte die auf der Bank sitzende Frau mit nervösem Blick und schob ihr Kleinkind dann so schnell weiter, dass sie dabei fast rannte.
»Also!«, sagte Detta munter. »Hübsch hier draußn, findste nich auch? Klasse Wetter für ‘n Schwätzchen. Kapiert, Mama?«
Keine Antwort von Mia, niemands Tochter und eines Mutter. Aber Detta ließ sich nicht aus der Fassung bringen; ihr Grinsen wurde noch breiter.
»Du hast kapiert, logisch; ziemlich gut sogar. Haltn wir also ‘n Schwätzchen. Palavern wir.«
VORSÄNGER: Commala-come-ko
Whatcha doin at my do’?
If you doan tell me now, my friend,
I’ll lay ya on de flo’.
CHOR: Commala-come-fo’!
I can lay ya low!
The things I done to such as you
You never want to know.
5. Strophe
D IE S CHILDKRÖTE
1
Das Reden geht leichter – auch schneller und
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