Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
eines Mannes mit nur einem Nasenloch verlieh. Er trug einen Korb unter dem Arm. Pimli glaubte, dieses schlurfende Bah-bo schon früher auf der Ranch gesehen zu haben, war sich seiner Sache aber nicht ganz sicher; für ihn sahen alle Rods gleich aus.
Das spielte für ihn jedoch keine Rolle. In Sachen Identifizierung war Finli zuständig, der jetzt auch die Initiative ergriff, indem er einen Gummihandschuh aus dem Gürtel zog und ihn sich überstreifte, während er vortrat. Der Rod wich an die Wand zurück, umklammerte den Weidenkorb fester und ließ einen lauten Furz fahren, aus dem wohl reine Nervosität sprach. Pimli musste sich ziemlich fest auf die Innenseite seiner Wange beißen, um zu verhindern, dass auf seinen Lippen ein Lächeln erschien.
»Nay, nay, nay!«, rief der Sicherheitschef und schlug dem Rod mit der nun behandschuhten Hand kräftig ins Gesicht. (Ungeschützten Hautkontakt mit Kindern von Roderick vermied man lieber; sie trugen zu viele ansteckende Krankheiten mit sich.) Loser Speichel flog aus dem Mund des Rod und Blut aus dem einen Nasenloch. »Sprich nicht mit deiner Ki’abteilung zu mir, Sai Haylis! Das Loch in deinem Gesicht ist kaum besser, aber es kann mir wenigstens einen respektvollen Gruß entbieten. Ich will’s zumindest hoffen!«
»Heil, Finli o’ Tego«, murmelte Haylis und schlug sich so kräftig mit der Faust an die Stirn, dass sein Hinterkopf an die Wand knallte – bonk! Damit war’s um Pimli geschehen: Er konnte sich nicht länger beherrschen und lachte bellend los. Auch Finli würde ihm das auf ihrem Weiterweg zum Damli House nicht vorwerfen können, lächelte er doch nun ebenfalls. Pimli bezweifelte allerdings, dass der Rod namens Haylis dieses Lächeln sonderlich tröstlich finden würde. Dazu ließ Finli dabei zu viele scharfe Zähne sehen. »Heil, Finli von der Wache, lange Tage und angenehme Nächte wünsch ich Euch, Sai!«
»Schon besser«, sagte Finli anerkennend. »Nicht viel, aber immerhin. Was zum Teufel machst du hier vor Horn und Sonne? Und was hast du da in deinem Deckelkorb, Lümmel?«
Haylis, dessen Augen beunruhigt glitzerten, drückte den Korb noch fester an die Brust. Finlis Lächeln verschwand sofort.
»Du klappst sofort den Deckel auf und zeigst mir, was du in deinem Korb hast, Freundchen, sonst kannst du deine Zähne vom Teppich auflesen.« Diese Worte kamen mit einem samtweichen, tiefen Knurren heraus.
Pimli glaubte einen Augenblick lang, dass der Rod nicht freiwillig gehorchen würde, und empfand kurz aufkeimende Besorgnis. Aber dann öffnete der Bursche doch langsam den Weidenkorb. Es war ein Korb mit Henkeln und Deckel, der in Finlis Heimatterritorium als Deckelkorb bezeichnet wurde. Der Rod hielt ihn Finli widerstrebend hin. Gleichzeitig schloss er die entzündeten, von Ausfluss verkrusteten Augen und drehte den Kopf zur Seite, als fürchtete er einen weiteren Schlag ins Gesicht.
Finli sah hinein. Er sagte lange nichts, dann lachte er ebenfalls bellend und forderte Pimli mit einer Handbewegung auf, selbst einen Blick in den Korb zu werfen. Was der Gefängnisdirektor darin sah, war ihm gleich klar, aber was es bedeutete, erfasste er erst einige Sekunden später. Er erinnerte sich jetzt daran, wie er einen Pickel ausgedrückt und Finli den blutigen Eiter angeboten hatte, nicht anders als man einem Freund ein nach einer Dinnerparty übrig gebliebenes Häppchen anbieten würde. Auf dem Boden des Weidenkorbs lag ein kleines Häufchen Kosmetiktücher. Gebrauchte Kleenex-Tücher, um es genau zu sagen.
»Hat Tammy Kelly dich heute Morgen hier zum Reinemachen geschickt?«, fragte Pimli.
Der Rod nickte ängstlich.
»Und hat dir gesagt, dass du dir alles nehmen darfst, was du aus den Abfallkörben brauchen kannst?«
Er rechnete damit, dass der Rod lügen würde. Sollte dieser das tatsächlich tun, würde er Finli befehlen, den Kerl zu züchtigen, um ihm eine Lektion in Ehrlichkeit zu erteilen.
Haylis schüttelte jedoch betrübt den Kopf.
»Also gut«, sagte Pimli erleichtert. Für Schläge und Heulen und Tränen war es wirklich noch zu früh. So etwas konnte einem das Frühstück verderben. »Du kannst gehen und deine Beute mitnehmen. Aber nächstes Mal bittest du um Erlaubnis, Freundchen, sonst wirst du mit Prügeln fortgejagt. Hast du verstanden?«
Der Rod nickte nachdrücklich.
»Los, geh schon, geh! Verschwinde aus meinem Haus, geh mir aus den Augen!«
Sie sahen dem Rod nach, während dieser mit dem Korb voller gebrauchter Kleenex-Tücher
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