Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Stelle vorgearbeitet hatten. Die Schiebetüren zu beiden Seiten des Waggons standen offen, sodass die vier nur hindurchzusehen brauchten, um den Zaun, die südlichen Wachttürme und das Dorf Pleasantville mit seiner einzigen Straße überblicken zu können. Der sechsarmige Roboter, der zuvor auf der Promenade unterwegs gewesen war, rollte jetzt an putzigen (und geschlossenen) Läden vorbei die Hauptstraße hinauf und hinunter und plärrte dabei etwas, was wie mathematische Gleichungen klang, und zwar aus voller … Lunge?
»Dino Martino«, wiederholte Eddie. Oy saß zu Jakes Füßen und sah mit seinen glänzenden, goldgeränderten Augen zu ihm auf; Eddie beugte sich hinunter und tätschelte ihm kurz den Kopf. »Dieses Lied hat ursprünglich Dean Martin gesungen.«
»Ehrlich?«, sagte Jake zweifelnd.
»Klar. Nur hat unsere Version gelautet: ›When-a da moon hits-a yo’ lip like a big piece-a-shit, ’at’s amore …‹«
»Still jetzt, wenn’s beliebt«, murmelte Roland.
»Ihr riecht doch nicht etwa schon Rauch, oder?«, fragte Eddie.
Jake und Roland schüttelten den Kopf. Roland hatte seine große Kanone mit dem Sandelholzgriff. Jake war mit einem AR-15 bewaffnet, aber auch die Tasche mit den Orizas hatte er sich wieder über die Schulter gehängt – und das nicht nur als Talisman. Wenn alles wie vorgesehen klappte, würden Roland und er sie bald einsetzen.
4
Wie die meisten Männer, die Hauspersonal beschäftigen, hatte auch Pimli Prentiss keinen klaren Begriff von seinen Angestellten als Wesen mit Zielen, Ehrgeiz und Gefühlen – mit anderen Worten: als Menschen. Solange jemand da war, der ihm nachmittags sein Glas Whiskey brachte und ihm abends um halb sechs sein Kotelett (nur kurz angebraten) vorsetzte, machte er sich kaum jemals Gedanken über sie. Zweifellos wäre er erstaunt gewesen zu erfahren, dass Tammy (seine Haushälterin) und Tassa (sein Laufjunge) sich hassten. Schließlich gingen sie in seiner Gegenwart mit vollendetem – wenn auch eisigem – Respekt miteinander um.
Nur war Pimli an diesem Morgen nicht da, als »That’s Amore« (von einer Milliarde farbloser Streicher interpretiert) aus den versteckten Lautsprechern im Algul Siento quoll. Der Gefängnisdirektor ging die Promenade entlang, heute von seinem Sicherheitschef und einem rabenköpfigen Taheen namens Jakli begleitet. Sie diskutierten über Tiefentelemetrie, und Pimli verschwendete nicht einen Gedanken an sein Haus, das er zum letzten Mal hinter sich gelassen haben sollte. Bestimmt wäre er nie auf die Idee gekommen, dass Tammy Kelly (noch im Nachthemd) und Tassa von Sonesh (noch in seidenen Schlafshorts) dabei waren, sich wegen der Vorräte in der Speisekammer in die Haare zu geraten.
»Sieh dir das an!«, rief Tammy gerade. Die beiden standen in der in düsterem Halbdunkel liegenden Küche. Es war ein großer Raum, aber bis auf drei waren sämtliche Glühbirnen durchgebrannt. Im Lager waren nur noch wenige Birnen vorrätig, und die waren alle für den Studiersaal reserviert.
»Was ansehen?« Mürrisch. Schmollend. Und waren das Lippenstiftspuren auf seiner niedlichen kleinen Cupidoschnute von einem Mund? Sie nahm es an.
»Siehst du nicht die Lücken in den Regalen?«, sagte sie empört. »Hier! Keine gebackenen Bohnen mehr …«
»Er macht sich nicht die Bohne aus Bohnen, das weißt du recht gut …«
»Auch kein Thunfisch mehr, und willst du etwa behaupten, dass er den nicht isst? Den würde er essen, bis er ihm zu den Ohren rauskommt, das weißt du genau!«
»Kannst du nicht …«
»Keine Suppe mehr …«
»Stimmt doch nicht!«, rief er. »Sieh doch … hier und da und dort …«
»Aber nicht Tomate von Campbell’s, die er am liebsten mag«, unterbrach sie ihn und rückte in ihrer Erregung näher an ihn heran. Ihre Auseinandersetzungen waren bisher nie in Tätlichkeiten ausgeartet, aber Tassa hatte den Verdacht, dass es heute dazu kommen könnte. Und wenn, das sollte ihm nur recht sein! Er würde dieser fetten, alten, geschwätzigen Schlampe liebend gern eins aufs Auge geben! »Kannst du irgendwo eine Tomatensuppe von Campbell’s sehen, Tassa von Dingsbums?«
»Kannst du nicht auch mal selbst einen Karton Suppendosen holen?«, sagte er, indem er seinerseits einen Schritt vortrat; sie standen sich jetzt so dicht gegenüber, dass sie sich fast mit der Nase berührten, und obwohl die Frau stattlich und der junge Mann (war Tassa doch ein Hume wie wir alle) gertenschlank war, ließ der Laufjunge des
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