Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Aber ich bleibe in Bewegung, verlasst euch drauf. Ich rase durch die Gegend wie Fett auf einem heißen Backblech.«
»Ob das alles funktionieren kann?«, sagte Dinky freiheraus.
Rolands Lippen teilten sich zu einem humorlosen Grinsen. »Es wird funktionieren.«
»Woher nimmst du die Sicherheit?«, fragte Ted.
Eddie erinnerte sich an Rolands Argumentation, bevor sie John Cullum angerufen hatten, und hätte diese Frage deshalb beantworten können, aber für Antworten war der Dinh ihres Ka-Tet zuständig – wenn er welche geben wollte –, also überließ er es auch Roland.
»Weil es muss«, sagte der Revolvermann. »Ich sehe da keine andere Möglichkeit.«
Kapitel XI
D ER A NGRIFF AUF A LGUL S IENTO
1
Es war einen Tag später, nicht lange vor dem Hornsignal, das den morgendlichen Schichtwechsel ankündigen würde. Bald würde die Musik einsetzen, die Sonne würde aufflammen, und die Brecher-Nachtschicht würde nach links von der Studiersaalbühne abgehen, während die Brecher-Tagschicht von rechts auftrat. Alles war so, wie es sein sollte, aber trotzdem hatte Pimli Prentiss in dieser Nacht weniger als eine Stunde geschlafen und war selbst in dieser kurzen Zeit von schlimmen, wüsten Träumen heimgesucht worden. Gegen vier Uhr (als sein Wecker tatsächlich vier Uhr anzeigte, aber wer wusste das genau, und welche Rolle spielte das so kurz vor dem Ende überhaupt noch?) war er schließlich aufgestanden und hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt und auf die dunkle Promenade hinausgestarrt, die um diese Zeit verlassen dalag, wenn man von einem einsamen Roboter absah, der es sich unsinnigerweise in den Kopf gesetzt hatte, einen Patrouillengang zu unternehmen, wobei seine mit Zangen bewehrten sechs Arme ziellos in den Nachthimmel griffen. Die noch funktionierenden Roboter wurden von Tag zu Tag wackeliger, aber ihre Batterien auszubauen konnte gefährlich sein, weil manche Sprengsätze enthielten, die detonieren konnten, wenn man das versuchte. Man konnte nichts anderes tun, als sich mit ihren Mätzchen abzufinden und sich daran zu erinnern, dass bald alles vorüber sein würde, Jesus und Gott der allmächtige Vater seien gepriesen. Irgendwann zog der ehemalige Paul Prentiss die mittlere Schreibtischschublade auf, nahm den ‚45er Colt Peacemaker heraus und behielt ihn auf dem Schoß. Es war der Revolver, mit dem Humma, der vorige Oberaufseher, den Vergewaltiger Cameron hingerichtet hatte. Pimli hatte während seiner Amtszeit niemanden hinrichten müssen und war froh darüber, aber den Revolver auf dem Schoß zu haben, sein würdevolles Gewicht zu spüren, brachte immer einen gewissen Trost. Wieso er den jedoch in den stillen Stunden der Nacht brauchen sollte, vor allem wo doch alles so gut lief, wusste er selbst nicht. Er wusste nur, dass man in der von Finli und ihrem Cheftechniker Jenkins so bezeichneten Tiefentelemetrie – als ob es sich um Instrumente handelte, die sich auf dem Meeresboden statt in einer kleinen Kellerkammer neben dem langen, niedrigen Raum mit den anderen, nützlicheren Geräten befanden – einige anomale Impulse verzeichnet hatte. Um das Kind beim rechten Namen zu nennen: Was Pimli empfand, erkannte er als die Ahnung eines bevorstehenden Verhängnisses. Er versuchte sich einzureden, dass dieses Gefühl nur die praktische Anwendung der Redensart seines Großvaters war: Er war fast zu Hause und hatte nun allen Grund, sich Sorgen wegen der Eier zu machen.
Schließlich hatte er eine Dockerschlinge angelegt, den Peacemaker darin versorgt und war ins Bad gegangen, wo er den Klodeckel heruntergeklappt und sich dann davor niedergekniet hatte, um zu beten. Und dort hielt er sich nun noch immer auf, nur hatte sich etwas in der Atmosphäre verändert. Obwohl er keine Schritte gehört hatte, wusste er, dass jemand sein Büro betreten hatte. Logik ließ darauf schließen, wer das sein musste. Noch immer mit geschlossenen Augen, noch immer mit beiden Händen den heruntergeklappten Klodeckel umklammernd, rief er: »Finli? Finli o’ Tego? Bist du das?«
»Yar, Boss, ich bin’s.«
Was machte der denn noch vor dem Hornsignal hier? Alle, sogar die Brecher, kannten Finli das Wiesel als begeisterten Langschläfer. Aber alles zu seiner Zeit. Vorläufig sprach Pimli noch mit dem Herrn (obwohl er ehrlich gesagt beinahe kniend eingedöst wäre, kurz bevor irgendein tief sitzender Urinstinkt ihn gewarnt hatte, er sei im ersten Stock seiner Villa nicht länger allein). Einen so wichtigen Gast wie den Herrn
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