Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Nein? Na, dann scheiß ich auf euch und den Klepper, auf dem ihr hergeritten seid – wenn ich morgen aufwache, bin ich nüchtern, aber ihr seid weiter hässlich. – Und glatzköpfig.«
(Roland brüllte vor Lachen.)
»Ich bin jetzt mal ernst, okay? Und wenn euch das nicht gefällt, könnt ihr’s euch ja dort reinstecken, wo ihr euren Geldbeutel tragt. Meine Oma war eine patente Frau. Frauen sind im Allgemeinen patent, wisst ihr das eigentlich? Aber sie haben auch ihre Fehler, genau wie Männer. Muss eine Frau sich beispielsweise entscheiden, ob sie einen Baseball fangen oder das Leben eines Babys retten soll, rettet sie lieber das Baby, ohne auch nur darüber nachzudenken, wie viele Spieler an den Malen sind. Bing!« Er schlug sich mit den Fingerknöcheln an die Stirn und riss die Augen auf eine komische Art auf, die beide Zuschauer zum Lachen brachte. Roland wollte seine Kaffeetasse abstellen, verschüttete dabei aber nur ihren Inhalt. Er hielt sich den Bauch. Ihn so laut lachen zu hören – dem Lachen völlig hingegeben – war wiederum so komisch, dass es bei Susannah neue Lachsalven auslöste.
»Männer sind eine Sache, Frauen sind eine andere. Bringt man sie zusammen, ergibt sich ein völlig neuer Geschmacksgenuss. Wie Oreos. Wie Buttercremetorte mit Erdnussbutter. Wie Rosinenkuchen mit Schnoddersoße. Zeigt mir einen Mann und eine Frau, und ich zeige euch die Absonderliche Institution – nicht Sklaverei, sondern die Ehe. Aber ich wiederhole mich. Bing!« Er schlug sich an die Stirn. Riss die Augen auf. Diesmal schienen sie wie durch Federkraft halb aus den Höhlen zu springen
(wie macht er das bloß)
und Susannah musste sich den Bauch halten, der von der Gewalt ihres Lachens bereits zu schmerzen begann. Und ihre Schläfen pochten. Das tat zwar weh, aber es waren gute Schmerzen.
»Verheiratet zu sein heißt, eine Frau oder einen Mann zu haben. Yeah! Schlagt’s im Wörterbuch nach! Bigamie heißt, eine Frau oder einen Mann zu viel zu haben. Das gilt natürlich auch für die Monogamie. Bing!«
Wenn Roland noch hemmungsloser lacht, dachte Susannah, rutscht er bestimmt gleich aus dem Sessel in die Lache aus verschüttetem Kaffee.
»Dann gibt’s da noch die Scheidung, ein juristischer Begriff, der ›die Genitalien eines Mannes durch die Geldbörse rausreißen‹ bedeutet. – Aber ich war vorhin bei Cleveland, stimmt’s? Wisst ihr, wie Cleveland gegründet worden ist? Ein paar Leute in New York haben gesagt: ›Mann, Kriminalität und Armut machen mir zwar allmählich irgendwie Spaß, aber trotzdem ist’s mir hier nicht ganz kalt genug. Auf nach Westen!‹«
Lachen, das überlegte Susannah sich später, war wie ein Wirbelsturm: Ab einem gewissen Punkt verstärkte es sich von allein, genügte es sich selbst. Man lachte nicht mehr, weil die Witze komisch waren, sondern weil der eigene Zustand komisch war. Und genau in diesen Zustand brachte Joe Collins sie mit seiner nächsten Pointe.
»He, wisst ihr noch, wies in der Grundschule immer hieß, im Brandfall müsstet ihr euch, ohne Radau zu machen, so aufstellen, dass die Kleinsten in der Schlange vorn und die Größten hinten stehen? Welche Logik steckt dahinter? Brennen große Leute langsamer?«
Susannah kreischte vor Lachen und schlug sich die Hände vors Gesicht. Das erzeugte einen plötzlichen und unerwartet heftigen Schmerz, der sie für einen Augenblick alles Lachen vergessen ließ. Das Geschwür neben ihrer Unterlippe war zwar wieder größer geworden, aber es hatte seit zwei, drei Tagen nicht mehr geblutet. Mit einer der vors Gesicht geschlagenen Hände hatte sie es getroffen und gleichzeitig den schwarzroten Schorf, mit dem es bedeckt gewesen war, abgekratzt. Das Geschwür blutete nicht etwa nur; es verspritzte geradezu Blut.
Im ersten Augenblick registrierte sie gar nicht, was eben passiert war. Sie wusste nur, dass dieser Schlag ins Gesicht weit schmerzhafter war, als er eigentlich hätte sein dürfen. Auch Joe schien nichts zu merken (er hielt die Augen jetzt die meiste Zeit geschlossen), konnte es nicht wahrgenommen haben, weil er jetzt immer schneller weiterrappte: »He, und was ist mit dem Fischrestaurant, das sie in Sea World haben? Ich war halb mit meinem Fishburger fertig, als ich mich gefragt habe, ob ich da wohl einen Lernschwachen esse! Bing! Und weil wir gerade bei Fisch sind …«
Oy kläffte besorgt. Susannah fühlte plötzlich, wie ihr etwas Warmes den Hals hinunterlief und auf die Schulter tropfte.
»Halt, Joe«, sagte
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