Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
heißen Kaffee sitzen.
Aber sie erwähnte nichts dergleichen.
In Hauck hatte es seit einigen Wochen Rassenunruhen gegeben, erzählte Joe, aber er war ziemlich betrunken (»stinkbesoffen«, wie er es selbst ausdrückte) und merkte kaum, dass das Publikum bei seinem zweiten Auftritt im Vergleich zum ersten um ungefähr vier Fünftel geschrumpft war. »Teufel, ich war groß in Form«, sagte er. »Ich weiß nicht, was mit den anderen war, aber ich war schwer in Fahrt, hab mich über mich selbst schief gelacht.«
Dann hatte jemand einen Molotowcocktail durch die Glastür des Clubs geworfen (was ein Molotowcocktail war, wusste Roland), und bevor man Nehmen Sie meine Schwiegermutter … bitte! sagen konnte, stand der Laden in Flammen. Joe war rückwärts durch den Bühnenausgang abgehauen. Er hatte die Straße schon fast erreicht, als drei Kerle (»Alle drei sehr schwarz, alle ungefähr von der Größe von Basketballspielern«) ihn sich schnappten. Zwei hielten ihn fest; der dritte schlug zu. Dann schwang jemand eine Flasche. Bum-bum, und alle Lichter gehen aus. Aufgewacht war er auf einem grünen Hügel am Rand einer Geisterstadt, die Stone’s Warp hieß, wie sich anhand von Schildern an den leeren Gebäuden entlang der Hauptstraße feststellen ließ. Joe Collins war sie vorgekommen wie der Set eines Westernfilms, nachdem alle Schauspieler heimgegangen waren.
Etwa an dieser Stelle gelangte Susannah zu dem Schluss, dass sie nicht allzu viel von Sai Collins Story glaubte. Sie war zweifellos unterhaltsam und wohl auch nicht völlig unwahrscheinlich, wenn man beispielsweise Jakes ersten Ausflug nach Mittwelt bedachte, der ja auf seinem Schulweg in New York überfahren und tödlich verletzt worden war. Trotzdem glaubte sie nicht allzu viel davon. Die Frage war nur: Spielte das eine Rolle?
»Himmel konnte man’s nicht nennen, weil’s weder Wolken noch Engelschöre gab«, sagte Joe, »aber ich wusste irgendwie, dass es trotzdem eine Art Leben nach dem Tod war.« Er war umhergewandert. Er hatte Nahrung gefunden, er hatte ein Pferd gefunden (Lippy) und war weitergezogen. Er war allen möglichen Nomadenstämmen begegnet: manche freundlich, manche nicht, manche weitgehend normal, manche Muties. Allmählich hatte er sich etwas vom hiesigen Kauderwelsch angeeignet und ein wenig Mittweltgeschichte aufgeschnappt; jedenfalls wusste er vom Turm und den Balken. Einmal hatte er versucht, das Ödland zu durchqueren, sagte er, hatte es aber mit der Angst zu tun bekommen und war umgekehrt, weil er alle möglichen Geschwüre und unheimlichen Ausschläge bekam.
»Ich hab einen Furunkel am Hintern gekriegt, der hat mir den Rest gegeben«, sagte er. »Das muss jetzt sechs bis acht Jahre her sein. Lippy und ich haben uns gesagt: Hol’s der Teufel, weiter wollen wir nicht. Danach habe ich diesen Ort gefunden, der Westring heißt, und dann hat Stotter-Bill mich gefunden. Er versteht sich auf Erste Hilfe und hat den Furunkel an meinem Hintern aufgeschnitten.«
Roland wollte wissen, ob Joe den Vorbeizug des Scharlachroten Königs gesehen habe, als der wahnsinnige Herrscher seine letzte Pilgerfahrt zum Dunklen Turm unternommen habe. Joe sagte, den habe er nicht gesehen, aber vor einem halben Jahr sei ein schrecklicher Sturm ausgebrochen (»ein richtiger Kaventsmann«), der ihn in seinen Keller getrieben habe. Dort unten war – Generator hin oder her – der Strom ausgefallen, und während er angstschlotternd in einer Ecke hockte, hatte er plötzlich das Gefühl gehabt, irgendein schreckliches Wesen sei ganz in der Nähe und könne jeden Augenblick Fühlung mit seinem Verstand aufnehmen, um dann seinen Gedanken bis in sein Versteck zu folgen.
»Wisst ihr, wie ich mir da vorgekommen bin?«, sagte er.
Roland und Susannah schüttelten den Kopf. Das tat auch Oy, der sie perfekt imitierte.
»Wie ein Imbiss«, sagte Joe. »Ein potenzieller Imbiss.«
Dieser Teil seiner Geschichte ist wahr, dachte Susannah. Er kann ihn ein bisschen umgestellt haben, aber im Prinzip stimmt alles. Und wenn sie Grund zu dieser Annahme hatte, dann kam das nur daher, dass die Vorstellung, der Scharlachrote König reise in seinem eigenen transportablen Sturm, ihr schrecklich plausibel erschien.
»Was habt Ihr gemacht?«, fragte Roland.
»Ich bin eingeschlafen«, sagte er. »Das ist eine Gabe, die ich schon immer hatte, genau wie Stimmen imitieren – obwohl ich bei meinen Auftritten auf berühmte Stimmen verzichte, weil die in der Provinz nicht ankommen. Außer man
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