Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
loswerden kann.
Das alles schien so sehr der Wahrheit zu entsprechen, daß es außer Frage stand… wie noch etwas.
Wenn sich die Tür zwischen ihnen schloß, würde sie sich für immer schließen.
Wenn das geschieht, dachte Roland grimmig, muß er auf dieser Seite sein. Bei mir.
Was bist du doch für ein Ausbund an Ehre, Revolvermann! lachte der Mann in Schwarz. Er schien ein permanentes Heim in Rolands Kopf bezogen zu haben. Du hast den Jungen umgebracht; das war das Opfer, das es dir ermöglicht hat, mich zu erwischen und, vermute ich, die Tür zwischen den Welten zu erschaffen. Und jetzt hast du vor, deine Drei zu erwählen, einen nach dem anderen, und sie zu etwas zu verurteilen, was du selbst nicht haben wolltest: zu einem Leben in einer fremden Welt, in der sie so leicht wie ein Zootier sterben können, das man in der Wildnis aussetzt.
Der Turm, dachte Roland wild. Wenn ich den Turm gefunden und getan habe, was ich dort auch immer tun soll, wenn ich den grundlegenden Akt des Wiederaufbaus oder der Erlösung geleistet habe, für den ich auserwählt wurde, dann werden sie vielleicht…
Aber das schrille Lachen des Mannes in Schwarz, des Mannes, der tot war, aber im befleckten Gewissen des Revolvermanns weiterlebte, ließ ihn den Gedanken nicht zu Ende führen.
Doch auch der Gedanke an den Verrat, den er begangen hatte, konnte ihn nicht von seinem Kurs abbringen.
Es gelang ihm, weitere zehn Meter zurückzuweichen, dann drehte er sich um und sah, daß selbst die größten der Ungeheuer nicht weiter als zwanzig Meter über die Flutlinie hinaus gelangen konnten. Er hatte bereits das Dreifache dieser Distanz zurückgelegt.
Das ist gut.
Nichts ist gut, antwortete der Mann in Schwarz fröhlich, und das weißt du auch.
Sei still, dachte der Revolvermann, und die Stimme gehorchte tatsächlich wie durch ein Wunder.
Roland schob die Beutel mit dem Teufelspulver in den Spalt zwischen zwei Steinen und deckte sie mit ausgerupftem spärlichem Schilf zu. Nachdem er das getan hatte, ruhte er kurz aus, während sein Kopf wie ein heißer Wasserschlauch pulsierte und seine Haut sich abwechselnd heiß und kalt anfühlte, dann rollte er durch die Tür in jene andere Welt zurück, in diesen anderen Körper, und ließ seine zunehmend tödliche Infektion eine Weile hinter sich zurück.
6
Als er zum zweitenmal in seinen Körper zurückkehrte, kam er in einen so tief schlafenden Körper, daß er einen Augenblick dachte, er wäre in ein komatöses Stadium verfallen… ein Stadium so geringer Körperfunktionen, daß er binnen weniger Augenblicke spüren würde, wie sein Bewußtsein den langen Niedergang in die Dunkelheit beginnen würde.
Statt dessen zwang er seinen Körper zu erwachen, drängte und schubste ihn aus der dunklen Höhle, in die er gekrochen war. Er beschleunigte seinen Herzschlag, zwang seine Nerven, die Schmerzen, die durch ihn rasten, erneut zu akzeptieren, weckte sein Fleisch in die stöhnende Wirklichkeit.
Jetzt war es Nacht. Die Sterne waren herausgekommen. Die Belegten, die Eddie ihm gekauft hatte, waren winzige warme Stellen in der Kälte.
Er verspürte keine Lust, sie zu essen, aber er würde sie essen. Doch zuerst…
Er betrachtete die weißen Tabletten in seiner Hand. Astin, nannte Eddie sie. Nein, das war nicht ganz richtig, aber Roland konnte das Wort nicht so aussprechen, wie es der Gefangene gesagt hatte. Letztendlich lief es auf Medizin hinaus. Medizin aus jener anderen Welt.
Wenn mir etwas aus deiner Welt nützen wird, Gefangener, dachte Roland grimmig, werden es, glaube ich, wohl mehr eure Gifte als eure Belegten sein.
Dennoch würde er es versuchen müssen. Es war nicht das, was er wirklich brauchte – wie Eddie glaubte –, aber etwas, das sein Fieber senken würde.
Drei jetzt, drei später. Wenn es ein Später gibt.
Er nahm drei Tabletten in den Mund, dann stieß er den Deckel – ein seltsames weißes Material, das weder Papier noch Glas war, aber von beidem etwas zu haben schien – von dem Becher, in dem sich das Getränk befand, und spülte sie hinunter.
Der erste Schluck verblüffte ihn so durch und durch, daß er einen Augenblick nur an einen Felsen gelehnt dalag. Seine Augen waren so weit aufgerissen und reglos, daß er sicherlich von jedem möglichen Passanten bereits für tot gehalten worden wäre. Dann trank er gierig, hielt den Becher in beiden Händen und war so sehr mit dem Getränk beschäftigt, daß er die verderblichen, pulsierenden Schmerzen in den
Weitere Kostenlose Bücher