Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
der Worte verhallten auf Backstein und Beton. Ein einziges Kind, dessen Haut gegen die weißen Basketballhosen und hohen Turnschuhe sehr dunkel aussah, stand ihnen gegenüber auf dem Spielplatz und beobachtete sie; seinen Basketball hielt es locker in der Beuge des Ellbogens an sich gepreßt.
»Fertig?« fragte Andolini, als das letzte Echo verklungen war.
»Ja«, sagte Eddie mit vollkommen normaler Stimme.
»Okay«, sagte Andolini. Er spreizte die anthropoiden Finger und lächelte. Und als er lächelte, geschahen gleichzeitig zwei Dinge; das erste war sein Charme, der so überraschend war, daß er den Leuten jede Möglichkeit der Gegenwehr nahm; das zweite war, man sah, wie intelligent er wirklich war. Wie gefährlich intelligent. »Können wir jetzt von vorne anfangen?«
Eddie strich mit den Händen durch das Haar, überkreuzte kurz die Arme, so daß er beide gleichzeitig kratzen konnte, und sagte: »Sollten wir wohl besser, denn dies führt zu nichts.«
»Okay«, sagte Andolini. »Niemand hat was gesagt, und niemand hat irgendwen beleidigt.« Dann fügte er, ohne den Kopf zu drehen oder den Rhythmus seiner Sprache zu unterbrechen, hinzu: »Steig in den Lieferwagen ein, Dummsack.«
Col Vincent, der durch die Tür, die Andolini offengelassen hatte, vorsichtig aus dem Lieferwagen ausgestiegen war, stieg so hastig wieder ein, daß er sich den Kopf anschlug. Er rutschte über die Sitzbank, sank mürrisch in seine vorherige Haltung und rieb sich den Schädel.
»Du solltest einsehen, daß sich das Geschäft geändert hat, als dich die Leute vom Zoll hopsgenommen haben«, sagte Andolini vernünftig. »Balazar ist ein großer Mann. Er muß Interessen schützen. Menschen beschützen. Und wie es der Zufall will, ist dein Bruder Henry einer von diesen Menschen. Glaubst du, daß das Scheiße ist? Wenn ja, solltest du lieber darüber nachdenken, wie Henry jetzt ist.«
»Mit Henry ist alles in Ordnung«, sagte Eddie, aber er wußte es besser und konnte dieses Wissen nicht aus seiner Stimme heraushalten. Er hörte es, und er wußte, Jack Andolini hatte es auch gehört. Es schien neuerdings so, als wäre Henry ununterbrochen high. Er hatte sich mit Zigaretten Löcher in die Hemden gebrannt. Er hatte sich mit dem elektrischen Dosenöffner eine Scheißwunde an der Hand zugefügt als er eine Dose Calo für Potzie, ihre Katze, aufgemacht hatte. Eddie wußte nicht, wie man sich mit einem elektrischen Dosenöffner schneiden konnte, aber Henry hatte es geschafft. Manchmal lagen auf dem Küchentisch pulverförmige Reste von Henrys Sachen, oder Eddie fand verkohlte Überreste im Waschbecken im Bad.
Henry, sagte er dann immer, Henry, du solltest darauf achten, es gerät außer Kontrolle, du bist eine wandelnde Feuersbrunst, die nur darauf wartet, zu entflammen.
Ja, okay, kleiner Bruder, antwortete Henry darauf, null Problemo, ich hab’ alles unter Kontrolle. Aber wenn er manchmal Henrys äschernes Gesicht und die ausgebrannten Augen ansah, dann wußte Eddie, daß Henry nie mehr irgend etwas unter Kontrolle haben würde.
Was er Henry sagen wollte, aber nicht konnte, hatte nichts damit zu tun, daß Henry sich umbrachte oder sie beide umbrachte. Er wollte sagen: Henry, sieht so aus, als würdest du nach einem Zimmer suchen, in dem du sterben kannst. Den Eindruck habe ich, und ich will, daß du verdammt noch mal damit aufhörst. Denn wenn du stirbst, wofür soll ich dann noch leben?
»Mit Henry ist nicht alles in Ordnung«, sagte Jack Andolini. »Er braucht jemanden, der auf ihn aufpaßt. Er braucht… wie heißt der Song? A bridge over troubled water – eine Brücke über unruhige Gewässer. Il Roche ist diese Brücke.«
Il Roche ist eine Brücke in die Hölle, dachte Eddie. Laut sagte er: »Ist Henry dort? Bei Balazar?«
»Ja.«
»Ich gebe ihm seine Ware, er gibt mir Henry?«
»Und deine Ware«, sagte Andolini, »vergiß das nicht.«
»Mit anderen Worten, das Geschäft wird normal abgewickelt.«
»Richtig.«
»Und jetzt erzähl mir bloß noch, daß du wirklich glaubst, es wird so laufen. Komm schon, Jack. Sag es mir. Ich will sehen, ob du es mir sagen kannst, ohne eine Miene zu verziehen. Und wenn du es sagen kannst, ohne eine Miene zu verziehen, will ich sehen, wie sehr deine Nase dabei wächst.«
»Ich verstehe dich nicht, Eddie.«
»Aber sicher. Balazar glaubt, daß ich seine Ware habe? Wenn er das denkt, dann muß er dumm sein, und ich weiß, daß er nicht dumm ist.«
»Ich weiß nicht, was er denkt«, sagte
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