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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Vorstellungsgesprächen, nichts als Humes, bis sie später durch eine der noch funktionierenden Türen auf der Amerika-Seite gehen, um dann in Donnerschlag herauszukommen.
    Ted unterzieht sich dem Einstellungstest gemeinsam mit etwa hundert weiteren Kandidaten in einer Turnhalle, die ihn an die in East Hartford erinnert. Sie ist mit unendlichen Reihen von Schultischen voll gestellt (der Hallenboden ist rücksichtsvollerweise mit Turnmatten ausgelegt worden, damit die altmodischen Stahlrohrgestelle der Tische das versiegelte Hartholz nicht zerkratzen), aber nach der ersten Testrunde – ein neunzig Minuten langer Grundlagentest in Mathe, Englisch und Allgemeinwissen – sind die Hälfte davon nicht mehr besetzt. Nach der zweiten Runde sind es bereits drei Viertel. Diese zweite Runde besteht aus teilweise mächtig seltsamen Fragen, höchst subjektiven Fragen, und in manchen Fällen gibt Ted sogar Antworten, die gar nicht seiner Überzeugung entsprechen, weil er sich denkt – vielleicht weiß er das auch –, dass die Veranstalter der Prüfung nicht die Antwort hören wollen, die er (und die meisten anderen Leute) normalerweise geben würden. Als Beispiel dafür sollte folgendes kleines Juwel dienen:
     
    23.        Sie halten auf einer wenig befahrenen Landstraße hinter einem Wagen, der von der Straße abgekommen ist und sich überschlagen hat. In diesem Fahrzeug ist ein junger Mann eingeklemmt, der um Hilfe ruft. Sie fragen: »Sind Sie verletzt, junger Mann?«, worauf er antwortet: »Nein, ich glaube nicht.« Auf dem Feld neben dem Wagen liegt eine Ledertasche voller Geld. Sie:
    a)       retten den jungen Mann und geben ihm sein Geld zurück
    b)       retten den jungen Mann, bestehen aber darauf, dass das Geld zur örtlichen Polizei gebracht wird
    c)       schnappen sich das Geld und fahren weiter, weil Sie wissen, dass irgendwann jemand vorbeikommen und den jungen Mann befreien wird, auch wenn die Straße wenig befahren ist
    d)       entscheiden sich für keine der drei oben genannten Möglichkeiten
     
    Wäre das Ganze ein Einstellungstest für den Polizeidienst in Sacramento gewesen, hätte Ted im Handumdrehen »b« umkringelt. Er mag vielleicht eine Art Vagabund sein, aber seine Mama hat keine Dummköpfe großgezogen, verbindlichsten Dank. Diese Wahl wäre auch unter den meisten anderen Umständen richtig gewesen – mit ihr ging man auf Nummer Sicher, mit ihr konnte man nichts falsch machen. Und als Auffangposition, die praktisch besagte: »Ich habe keinen blassen Schimmer, worum es hier geht, bin aber wenigstens ehrlich genug, das zuzugeben«, gab es immer noch »d«.
    Ted umkringelt »c«, aber nicht etwa, weil er in dieser Situation notwendigerweise so handeln würde. Insgesamt würde er eher zu »a« tendieren – unter der Voraussetzung, dass er dem jungen Mann ein paar Fragen nach der Herkunft des Geldes stellen kann. Und wenn nicht gerade ein Gewaltverbrechen vorläge (und er würde’s wissen, nicht wahr, unabhängig davon, was der junge Mann auch behaupten würde), klar, hier ist Ihr Geld, vaja con Dios. Und weshalb? Weil Ted Brautigan findet, dass der Besitzer des Pleite gegangenen Süßwarengeschäfts Recht hatte: SIE BRING DEN KLEIN MANN UM.
    Er umkringelte also das »c«, und fünf Tage später findet er sich in San Francisco (die Bahnfahrt von Sacramento aus hat das Unternehmen bezahlt, bei dem er sich bewirbt) gemeinsam mit drei Männern und einem mürrisch wirkenden Mädchen von achtzehn oder neunzehn Jahren (die ehemalige Tanya Leeds aus Bruce, Colorado, wie sich herausstellen wird) im Vorraum eines ebenfalls Pleite gegangenen Ballettstudios wieder. Von der Lockvogelanzeige angezogen, hatten sich über vierhundert Personen dem Einstellungstest in der Turnhalle unterzogen. Überwiegend Nieten. Hier jedoch die vier Hauptgewinne. Ein Prozent. Und das bedeutet schon, wie Ted Brautigan später entdecken wird, einen erstaunlichen Erfolg.
    Schließlich wird er durch eine Tür mit der Aufschrift PRIVAT in ein Büro geführt. Der Raum ist hauptsächlich mit staubigen Ballettklamotten angefüllt. Ein breitschultriger Mann mit hartem Gesicht, der einen braunen Anzug trägt, sitzt, unpassenderweise von zarten rosa Tutus umrahmt, auf einem Klappstuhl. Ted denkt: Eine echte Kröte in einem imaginären Garten.
    Der Mann beugt sich nach vorn und legt dabei die Hände auf die gewaltigen Oberschenkel. »Mr. Brautigan«, sagt er, »ich mag eine Kröte sein oder nicht, aber ich kann

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