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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Dieser Bursche, dieser Gore, viel zu glatt!« Mrs. Tassenbaum nickte enthusiastisch, weshalb Chip beschloss, noch etwas nachzulegen. »Zum Beispiel seine Frisur – wie kann man jemandem trauen, der sich so viel Pomade in sein …«
    Und genau in diesem Augenblick bimmelte die Glocke über der Ladentür. Chip hob den Kopf. Sah. Und erstarrte. Seit Jenem Tag war gottverdammt viel Wasser den Saint John River hinabgeflossen, aber Wendell »Chip« McAvoy erkannte den Mann, der all jene Scherereien verursacht hatte, in dem Augenblick wieder, in dem dieser über die Schwelle trat. Manche Gesichter vergaß man einfach nie. Und hatte er tief im geheimen Innersten seines Herzens nicht stets geahnt, dass der Mann mit den erschreckend blauen Augen noch nicht mit ihm fertig war, sondern eines Tages zurückkommen würde?
    Seinetwegen?
    Dieser Gedanke durchbrach seine Lähmung. Chip warf sich herum und flüchtete. Er war hinter der Theke noch keine drei Schritte weit gekommen, da fiel ein Schuss, der wie Donner durch den Laden hallte – das Geschäft war größer und moderner als 1977, weil sein Vater zum Glück auf einer extravagant hohen Versicherung bestanden hatte –, und Mrs. Tannenbaum stieß einen durchdringenden Schrei aus. Drei oder vier Kunden, die zwischen den Regalen unterwegs waren, drehten sich mit erstaunten Gesichtern um, und eine Frau brach ohnmächtig zusammen. Chip hatte noch Zeit, die Tatsache zu registrieren, dass es sich um Rhoda Beemer handelte: die älteste Tochter einer der beiden Frauen, die an Jenem Tag hier erschossen wurde. Auf einmal erschien es ihm, als wäre die Zeit zurückgedreht worden, als läge dort Ruth selbst, während eine Büchse Sahnemais aus ihrer schlaff gewordenen Hand rollte. Er hörte eine Kugel wie eine zornige Wespe über sich hinwegsurren und kam schlitternd und mit erhobenen Händen zum Stehen.
    »Nicht schießen, Mister!«, hörte er sich mit der dünnen, zittrigen Stimme eines alten Mannes blöken. »Nehmen Sie, was in der Kasse ist, aber erschießen Sie mich nicht!«
    »Umdrehen!« Es war die Stimme des Mannes, der Chips Welt an Jenem Tag auf den Kopf gestellt hatte – des Mannes, durch dessen Schuld er beinahe umgekommen war (er hatte drüben in Bridgton zwei Wochen lang im Krankenhaus gelegen, so wahr Jesus lebte) und der nun zurückgekehrt war wie ein altes Monster, das im Kleiderschrank eines Kindes hauste. »Alle anderen auf den Fußboden, aber Ihr dreht Euch um, Krämer. Dreht Euch um und seht mich an.
    Seht mich sehr wohl an.«
     
     

3
     
    Der Mann schwankte so stark, dass Roland kurz fürchtete, er werde zusammenklappen, statt sich umzudrehen. Aber vielleicht sagte irgendein überlebensorientierter Teil seines Gehirns ihm, dass sein Leben eher in Gefahr war, wenn er jetzt ohnmächtig werde, jedenfalls schaffte der Ladenbesitzer es irgendwie, auf den Beinen zu bleiben und sich nach dem Revolvermann umzudrehen. Seine Kleidung hatte fast unheimliche Ähnlichkeit mit der, die er bei Rolands vorigem Besuch getragen hatte; die schwarze Krawatte und die bis hoch über die Taille reichende Fleischerschürze hätten die gleichen wie damals sein können. Das Haar, das er wie früher glatt zurückgekämmt trug, war nicht mehr nur grau meliert, sondern inzwischen ganz weiß. Roland erinnerte sich daran, wie Blut aus der linken Schläfe des Ladenbesitzers gespritzt war, nachdem eine Kugel – möglicherweise von Andolini selbst abgefeuert – sie gestreift hatte. Jetzt befand sich dort ein hellgrau verfärbter Klumpen Narbengewebe. Roland vermutete, dass der Mann sein Haar mit Fleiß auf eine Weise kämmte, die diese Narbe eher zur Schau stellte, als sie zu verbergen. Er hatte an jenem Tag das Glück eines Dummen gehabt oder war vom Ka gerettet worden. Letzteres hielt Roland für wahrscheinlicher.
    Das angstvolle Wiedererkennen in seinem Blick ließ vermuten, dass das auch der Ladenbesitzer glaubte.
    »Habt Ihr ein Karromobil, ein Truckomobil oder ein Tack-Sieh?«, fragte Roland, wobei seine Waffe weiter auf den Bauch des Ladenbesitzers zielte.
    Jake trat neben Roland. »Was fahren Sie?«, fragte er den Ladenbesitzer. »Das meint er.«
    »Pick-up!«, brachte der Ladenbesitzer heraus. »International Harvester! Steht draußen auf dem Parkplatz!« Er griff so plötzlich unter seine Schürze, dass Roland ihn um ein Haar erschossen hätte. Zu seinem Glück merkte der Ladenbesitzer das offenbar nicht. Alle Kunden – auch die Frau, die an der Kühltheke gestanden hatte – lagen

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