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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine Rodung, einstmals ein blühend’ Hain,
    Danach zu einer Marsch, zu barem Erdreich nun verkommen,
    Abgelegt und abgetan; (wie ein Narr oft mit frommen
    Wünschen einer Sache sich verschreibt, und dann fällt’s ihm ein,
    Alles wieder zu zerstör ’n!) auf jedem Flecken noch so klein:
    Geröll und Schmutz und Mißwachs hatt’ hier neue Höh’n erklommen.
     
    XXVI
    Wie mit Blattern war das Land vernarbt, bunt und häßlich,
    Hie und da der magre Grund von etwas Moos durchbrochen,
    Als ob Beulen und Geschwüre einen Leib entlanggekrochen
    Wären. Zu einem Maul verzerrt der Spalt in einer Eiche, gräßlich
    War das anzusehn, so als wüßt’ der Baum verlässlich
    Wie ein von Gicht ganz Brüchiger: Er hat am Tod gerochen.
     
    XXVII
    Wo blieb das Ziel? Ob ich es nimmer fand?
    Nichts in der Ferne als die fahle Nacht!
    Nichts, was den Pfad mir wies! Wie ich so dacht’,
    Da traf ein ries’ger Vogel, ausgespannt
    Die schwarzen, drachengleichen Schwingen, sacht
    Mein Haupt. War er zum Führer mir gesandt?
     
    XXVIII
    Ich schaut’ empor. Da war mit einem Male
    Kein Fleckchen mehr der Ebne zu erblicken,
    Nur Berge rings, darf dieser Name schmücken
    Hässliche Höh’n und Haufen, grau und kahl –
    Wie kam ich nur hinein in dieses Thal?
    Wie sollte mir’s, ihm zu entrinnen, glücken?
     
    XXIX
    Doch meint’ ich fast, ich war’ einmal vor Zeiten
    Auf solchem Unheilspfade schon gegangen,
    Vielleicht im Traume. Dicht und dichter drangen
    Die Hügel her. Hier gab’s kein Vorwärtsschreiten!
    Da rasselt was, als hört’ ich niedergleiten
    Ein Fallenthor. Bei Gott, ich war gefangen!
     
    XXX
    Und glühend kam es über mich im Nu:
    Dies war der Ort! Zur Rechten dort zwei Höh’n,
    Geduckt wie Stiere, die den Feind erspäh’n –
    Ein öder Berg zur Linken: Schläfer, du!
    Du stehst am Ziel und träumst in träger Ruh’
    Und gabst ein Leben doch, um dies zu sehn!
     
    XXXI
    Was lag inmitten als der Turm der Schrecken?
    Blind wie ein Narrenherz, rund, unzerspellt,
    Aus braunen Quadern, einzig auf der Welt …
    So zeigt des Sturmes Elf im Meeresbecken
    Das Riff dem Schiffer, höhnend ihn zu necken,
    Just da ihm krachend Bug und Kiel zerschellt.
     
    XXXII
    Konnt’ ich nicht sehn? O ja! Schier wollt’ es tagen
    Zum zweiten Mal: aus Wolken brach heraus
    Der Sonne letzter Strahl, zu schau’n den Graus.
    Die Höh’n, wie Riesen auf dem Anstand lagen,
    Haupt in die Hand gestützt, das Wild zu jagen:
    »Stoßt zu und macht dem Tierlein den Garaus!«
     
    XXXIII
    Nicht hören? O, laut klang mir’s in die Ohren
    Wie Glockenschall. Die Namen all der Scharen
    Vernahm ich, die vor mir des Wegs gefahren,
    Wie jener kühn war, dieser auserkoren
    Vom Glück, und der vom Ruhm – hin und verloren
    Die Helden alle weh! seit langen Jahren!
     
    XXXIV
    Sie standen, bleiche Schemen, in der Runde,
    Des Endes harrend, starrend unverwandt
    Der Opfer jüngstes an. Im Flammenbrand
    Sah und erkannt’ ich all’ in dieser Stunde,
    Doch keck führt’ ich mein Hifthorn hin zum Munde
    Und blies: »Zum finstern Turm kam Herr Roland!«
     
    (1855)
    Übertragung aus dem Englischen von Edmund Ruete, 1894.
    Die Übersetzung der fehlenden Strophen (XI, XXIII-XVI) wurde von Friedrich Sommersberg besorgt.

Anmerkungen des Verfassers
     
     
     
    Manchmal glaube ich, mehr über die Dunkle-Turm -Bücher geschrieben zu haben als über den Dunklen Turm selbst. Zu den einschlägigen Arbeiten gehören die stetig wachsende Zusammenfassung (im Englischen unter dem drollig altmodischen Ausdruck Argument bekannt) am Anfang der ersten fünf Bände und die Nachworte (von denen die meisten völlig überflüssig und manche nachträglich sogar peinlich sind) am Ende jedes Bandes. Michael Whelan, der außergewöhnliche Künstler, der nach der Originalausgabe des ersten Bandes nun auch die des letzten illustriert hat, erwies sich darüber hinaus als verdammt guter Literaturkritiker, als er nach der Lektüre einer frühen Fassung von Band sieben einwandte – mit erfrischend deutlichen Worten –, das von mir angehängte ziemlich unbeschwerte Nachwort sei misstönend fehl am Platz. Ich sah es mir nochmals an und stellte fest, dass er Recht hatte.
    Die erste Hälfte dieses gut gemeinten, aber verfehlten Essays findet sich jetzt als Einleitung zu den ersten vier Bänden der Romanserie; sie trägt den Titel »Über Dinge, die neunzehn sind«. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, den Band sieben ganz ohne Nachwort zu lassen; Rolands Entdeckung im Obergeschoss seines

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