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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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keine Antwort, aber der Knopf unter seiner Hand drehte sich, und vielleicht war das eine Antwort. Roland öffnete die Tür zu dem Raum im Obergeschoss des Dunklen Turms.
    Er sah und begriff sofort, was er sah; dieses Wissen traf ihn wie ein Hammerschlag, heiß wie die Sonne jener Wüste, die die Mutter aller Wüsten war. Wie viele Male war er schon diese Stufen hinaufgestiegen, nur um zurückgewiesen, zurückgedrängt, zurückgeworfen zu werden? Nicht zurück zum Anfang (als manches sich vielleicht noch hätte ändern lassen, um den Fluch der Zeit aufzuheben), sondern zu jenem Augenblick in der Mohainewüste, als er endlich begriffen hatte, dass seine gedankenlose, unreflektierte Suche letzten Endes erfolgreich sein würde? Wie viele Male hatte er eine Schleife zurückgelegt wie die an der Klammer, die einst seine Nabelschnur, seine Tet-ka can Gan, abgeklemmt hatte? Wie viele Male würde er sie noch zurücklegen müssen?
    »O nein!«, schrie er entsetzt. »Bitte nicht wieder! Habt Erbarmen! Gnade!«
    Trotzdem zogen die Hände ihn weiter. Die Hände des Turms kannten kein Erbarmen.
    Sie waren die Hände von Gan, die Hände des Ka, und sie kannten kein Erbarmen.
    Er roch Alkali, bitter wie Tränen. Die Wüste jenseits der Tür war weiß; blendend hell; wasserlos; ohne Geländeformationen bis auf eine undeutliche, verschwommene Bergkette am Horizont. Der Duft, den der Alkaligeruch überlagerte, war der von Teufelsgras, das süße Träume, Albträume, Tod brachte.
    Aber nicht für dich, Revolvermann. Niemals für dich. Du verdunkelst dich. Du verfärbst dich. Darf ich brutal offen sein? Du machst weiter.
    Und jedes Mal vergisst du das letzte Mal. Für dich ist jedes Mal das erste Mal.
    Er machte einen letzen Versuch zurückzuweichen: aussichtslos. Das Ka war stärker.
    Roland von Gilead trat durch diese letzte Tür, durch jene, die er stets suchte, durch jene, die er stets fand. Sie schloss sich lautlos hinter ihm.
     
     

8
     
    Der Revolvermann blieb für einen Moment leicht schwankend stehen. Er merkte, dass er eben fast das Bewusstsein verloren hätte. Das kam natürlich von der Hitze, der verdammten Hitze. Es gab auch Wind, aber der war trocken und brachte keine Erleichterung. Er nahm seinen Wasserschlauch, schätzte den restlichen Inhalt nach Gewicht ab, wusste genau, dass er nichts trinken sollte – dies war nicht die rechte Zeit dafür –, und nahm trotzdem einen Schluck.
    Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl gehabt, anderswo zu sein. Vielleicht im Turm selbst. Aber die Wüste war natürlich verwirrend und voller Luftspiegelungen. Der Dunkle Turm lag noch tausende von Rädern entfernt vor ihm. Dieses Gefühl, viele Stufen erstiegen und in viele Räume gesehen zu haben, in denen viele Gesichter seinen Blick erwidert hatten, schwand bereits.
    Ich werde ihn erreichen, dachte er, indem er mit zusammengekniffenen Augen in die unbarmherzige Sonne aufsah. Das schwöre ich beim Namen meines Vaters!
    Und vielleicht ist es dieses Mal dann anders, wenn du dort hinkommst, flüsterte eine Stimme – höchstwahrscheinlich die Stimme des Wüstendeliriums, denn wann wäre er schon jemals dort gewesen? Er war, was er war und wo er war, nur das, nichts anderes, gewiss nicht mehr. Er besaß keinen Sinn für Humor und nur wenig Phantasie, aber er war unerschütterlich. Er war ein Revolvermann. Und in seinem Herzen, gut verborgen, empfand er weiter die bittere Romanze seiner Suche.
    Du bist der Einzige, der sich niemals ändert, hatte Cort ihm einmal erklärt, und Roland hätte schwören können, Angst in seiner Stimme gehört zu haben … obwohl er nicht begriff, weshalb Cort sich vor ihm – einem Jungen – fürchten sollte. Das wird dein Untergang sein, Junge. Du wirst auf deinem Weg zur Hölle hundert Paar Stiefel aufbrauchen.
    Und Vannay: Wer nicht aus der Vergangenheit lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.
    Und seine Mutter: Roland, musst du immer so ernst sein? Kannst du niemals ausruhen?
    Trotzdem flüsterte die Stimme es noch einmal
    (dieses Mal anders vielleicht anders)
    und Roland glaubte, etwas anderes als Alkali und Teufelsgras zu riechen. Er glaubte, es könnten Blumen sein.
    Er glaubte, es könnten Rosen sein.
    Er verlagerte seine Gunna von einer Schulter auf die andere und berührte dann das Horn, das hinter dem Revolver an der rechten Hüfte in seinem Gürtel steckte. Das alte Messinghorn, das der Sage nach einst Arthur Eld selbst geblasen hatte. Auf dem Jericho Hill hatte Roland es Cuthbert Allgood

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