Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Endlosen Wald hat, aber der Mann, der mir das erzählt hat, war …« Ein Schuft. Ein Lügner. Ein grausamer Schwindler, der seinen Spaß daran hatte, Kinder reinzulegen. »… nicht zuverlässig«, schloss er. »Habt ihr im Fagonard jemals von diesem Maerlyn gehört? Er trägt vermutlich einen sonnengelben, spitzen Hut.«
    Er hatte Kopfschütteln oder Verständnislosigkeit erwartet. Stattdessen bildeten die Stammesangehörigen in einiger Entfernung von ihm einen engen, schnatternden Kreis. Ihr Palaver dauerte eine ganze Weile und wurde mehrmals recht hitzig geführt. Schließlich kamen sie zu Tim zurück. Verkrümmte Hände mit Geschwüren an den Fingern schoben den ehemaligen Steuermann vor, der breitschultrig und kräftig gebaut war. Wäre er nicht im Fagonard aufgewachsen, der einer Giftschale glich, hätte er als gut aussehend gelten können. In seinen Augen leuchtete Intelligenz. Auf seiner rechten Brust wölbte sich dicht über der Brustwarze ein riesiges Geschwür pulsierend vor, als wäre es von widerwärtigem innerem Leben erfüllt.
    Er hob auf eine Tim vertraute Weise einen Finger; dies war die Pass-gut-auf-Geste der Witwe Smack. Tim nickte und deutete mit Zeige- und Mittelfinger der freien Hand auf seine Augen, wie die Witwe es sie gelehrt hatte.
    Steuermann – der beste Schauspieler seines Stammes, vermutete Tim – nickte ebenfalls, dann streichelte er die Luft unter dem Bart- und Pflanzenwuchs an seinem Kinn.
    Tim spürte einen Stich. »Ein Bart? Ja, er hat einen Bart!«
    Als Nächstes deutete Steuermann mit beiden Händen über dem Kopf einen hohen Hut an, der kegelförmig zulief.
    »Das ist er!« Tim musste tatsächlich lachen.
    Steuermann lächelte, aber Tim fand, dass es ein besorgtes Lächeln war. Einige der anderen schnatterten und zwitscherten. Steuermann forderte sie ungeduldig zum Schweigen auf, dann drehte er sich wieder zu Tim um. Bevor er das Gebärdenspiel fortsetzen konnte, platzte jedoch das Geschwür über seiner rechten Brustwarze auf und versprühte Blut und Eiter. Heraus kroch eine Spinne von der Größe eines Vogeleis. Steuermann packte sie, zerquetschte sie und warf sie beiseite. Während Tim ihn entsetzt und zugleich fasziniert beobachtete, benutzte er eine Hand, um die Wundränder zu spreizen. Als die Seiten aufklafften, schabte er mit einem Finger der anderen Hand eine glitschige Masse aus schwach pulsierenden Eiern heraus. Er schlenzte sie achtlos beiseite wie jemand, der sich an einem kalten Morgen mit den Fingern die Nase geschnäuzt hatte. Keiner der anderen beachtete sonderlich, was er da machte. Alle warteten nur darauf, dass das Gebärdenspiel weiterging.
    Nachdem Steuermann sich um sein Geschwür gekümmert hatte, ließ er sich auf alle viere nieder und machte, wie ein Raubtier knurrend, nach allen Seiten Ausfälle. Dann hielt er inne und sah zu Tim auf, der aber den Kopf schüttelte. Gleichzeitig kämpfte er mit seinem Brechreiz. Diese Leute hatten ihm gerade das Leben gerettet, da war es vermutlich sehr unhöflich, sich vor ihnen zu übergeben.
    »Ich verstehe nicht, was Ihr meint, Sai. Tut mir leid.«
    Steuermann zuckte die Achseln und stand auf. Die aus seiner Brust wachsenden verfilzten Flechten waren jetzt mit Blutstropfen benetzt. Er wiederholte die Gebärden, die Bart und Hut andeuteten. Dann ließ er sich wieder auf alle viere nieder, knurrte und machte Ausfälle. Diesmal machten alle anderen mit. Die Stammesangehörigen verwandelten sich in ein Rudel Raubtiere, auch wenn ihr Lachen und ihre offensichtliche Fröhlichkeit die Illusion etwas beeinträchtigten.
    Tim, der sich dabei ziemlich dumm vorkam, schüttelte abermals den Kopf.
    Steuermann zeigte sich nicht erfreut; er wirkte besorgt. Er stand einen Augenblick lang nachdenklich mit in die Seiten gestemmten Armen da, bevor er einen der anderen Männer zu sich heranwinkte. Dieser war groß, kahlköpfig und zahnlos. Die beiden palaverten eine Zeit lang. Dann rannte der große Mann erstaunlich schnell davon, obwohl er solche O-Beine hatte, dass er wie ein Boot in hoher Brandung von Seite zu Seite schwankte. Steuermann winkte zwei weitere Männer zu sich heran und sprach mit ihnen. Auch sie rannten anschließend davon.
    Steuermann ließ sich nochmals auf alle viere nieder und wiederholte seine Raubtierimitation. Als er fertig war, sah er fast flehend zu Tim auf.
    »Ist es ein Hund?«, fragte Tim unsicher.
    Die restlichen Stammesangehörigen lachten herzhaft.
    Steuermann stand auf und klopfte Tim mit einer

Weitere Kostenlose Bücher