Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
wohl einfach zusammennehmen müssen.« Aber Eddie dachte unglücklich an Odettas amputierte Beine und die immer länger werdenden Ausflüge, die nötig waren, um Wasser zu finden. Er fragte sich, ob sich Roland eine schlechtere Zeit für einen Rückfall hätte aussuchen können. Er schätzte, daß es möglich war, aber er konnte sich einfach keine vorstellen.
    »Ich muß dir etwas wegen Odetta sagen.«
    »Ist das ihr Name?«
    »Hm-hmm.«
    »Er ist sehr schön«, sagte der Revolvermann.
    »Ja. Finde ich auch. Nicht so schön ist, was sie über diesen Ort hier denkt. Sie glaubt nicht, daß sie hier ist.«
    »Ich weiß. Und sie mag mich nicht besonders, nicht?«
    Nein, dachte Eddie, aber das hindert sie nicht daran zu glauben, daß du ein Knüller von einer Halluzination bist. Er sagte es aber nicht, sondern nickte nur.
    »Die Gründe dafür sind fast dieselben«, sagte der Revolvermann. »Siehst du, sie ist nicht die Frau, die ich herübergebracht habe. Überhaupt nicht.«
    Eddie sah ihn an, und plötzlich nickte er aufgeregt. Der kurze Blick in den Spiegel… das verzerrte Gesicht… der Mann hatte recht. Jesus Christus, natürlich hatte er recht! Das war überhaupt nicht Odetta gewesen.
    Dann erinnerte er sich an die Hände, die achtlos die Schals durchwühlt und danach ebenso achtlos Modeschmuck in die Tasche gesteckt hatten – es schien, als hatte sie erwischt werden wollen.
    Die Ringe waren dagewesen.
    Dieselben Ringe.
    Aber das bedeutet nicht notwendigerweise dieselben Hände, dachte er aufgeregt, doch das dauerte nur einen Augenblick. Er hatte ihre Hände studiert; es waren dieselben Hände, zierlich und mit langen Fingern.
    »Nein«, fuhr der Revolvermann fort. »Ist sie nicht.« Seine blauen Augen betrachteten Eddie sorgfältig.
    »Ihre Hände…«
    »Hör zu«, sagte der Revolvermann, »und hör gut zu. Vielleicht hängt unser beider Leben davon ab – meines, weil ich wieder krank werde, und deines, weil du dich in sie verliebt hast.«
    Eddie sagte nichts.
    »Sie ist zwei Frauen im selben Körper. Sie war eine Frau, als ich in sie eindrang, und eine andere, als wir hier herauskamen.«
    Jetzt konnte Eddie nichts sagen.
    »Da war noch etwas, etwas Seltsames, aber ich habe es entweder nicht verstanden, oder ich habe es verstanden und wieder vergessen. Es schien wichtig zu sein.«
    Roland sah an Eddie vorbei, sah zu dem Rollstuhl am Strand, der am Ende seiner kurzen Spur aus dem Nichts stand. Dann sah er wieder zu Eddie.
    »Ich verstehe sehr wenig davon, wie so etwas sein kann, aber du mußt auf der Hut sein. Begreifst du das?«
    »Ja.« Eddies Lungen fühlten sich an, als wäre sehr wenig Luft darin. Er begriff – jedenfalls mit dem Verstehen eines Kinogängers – die Dinge, von denen der Revolvermann sprach, aber er hatte nicht genügend Luft, es zu erklären, noch nicht. Ihm war, als hätte Roland sämtliche Luft aus ihm herausgetreten.
    »Gut. Denn die Frau, in der ich auf der anderen Seite war, war so tödlich wie die Hummerwesen, die nachts herauskommen.«

 
VIERTES KAPITEL
Detta auf der anderen Seite

1
     
    Du mußt auf der Hut sein, hatte der Revolvermann gesagt, und Eddie hatte zugestimmt, aber der Revolvermann wußte, Eddie hatte keine Ahnung, wovon er sprach; der gesamte hintere Teil von Eddies Verstand, wo das Überleben sitzt – oder auch nicht –, begriff die Botschaft nicht.
    Das war dem Revolvermann klar.
    Und es war gut für Eddie, daß es ihm klar war.
     
     

2
     
    Detta Walker machte mitten in der Nacht die Augen auf. Sternenlicht und klare Intelligenz spiegelten sich darin.
    Sie erinnerte sich an alles: Wie sie gegen sie gekämpft und wie sie sie an den Rollstuhl gefesselt hatten, wie sie sie verhöhnt und Niggerhure, Niggerhure genannt hatten.
    Sie erinnerte sich, wie Monster aus den Wellen gekommen waren, und sie erinnerte sich, wie einer der Männer – der ältere – eines getötet hatte. Der jüngere hatte ein Feuer gemacht und es gekocht, und dann hatte er ihr dampfendes Monsterfleisch an einem Stock angeboten und gegrinst. Sie erinnerte sich, wie sie nach seinem Gesicht gespuckt und wie sich sein Grinsen zu einer wütenden Fratze verzerrt hatte. Er hatte sie ins Gesicht geschlagen und gesagt: Schon gut, Niggerhure, schon gut, du wirst schon kommen. Mal abwarten, ob es nicht so ist. Dann hatten er und der Wirklich Böse Mann gelacht, und der Wirklich Böse Mann hatte ein Stück Rindfleisch hervorgeholt und es langsam über dem Feuer am Strand dieser fremden Welt, in die sie

Weitere Kostenlose Bücher