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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tonfalls wahrscheinlich der Geduldsfaden gerissen, hätte er es satt gehabt, aber bei ihr war es etwas anderes. Bei ihr machte es nichts. Er vermutete, daß bei ihr überhaupt nichts etwas machen würde.
    »Das ist die dritte Möglichkeit. Daß dies wirklich geschieht. Ich meine…« Eddie räusperte sich. »Ich bin in Philosphie nicht sehr gut, du weißt schon, Metamorphose oder wie man es immer nennen will…«
    »Meinst du Metaphysik?«
    »Vielleicht. Weiß nicht. Glaube schon. Aber du weißt, du kannst nicht herumspazieren und dem nicht glauben, was dir deine Sinne sagen. Wenn deine Überzeugung, dies alles ist ein Traum, richtig ist…«
    »Ich habe nicht gesagt ein Traum …«
    »Was du auch immer gesagt hast, darauf läuft es doch hinaus, nicht? Eine Scheinwirklichkeit?«
    Hatte ihre Stimme vor einem Augenblick noch etwas leicht Gönnerhaftes gehabt, so war es jetzt verschwunden. »Philosophie und Metaphysik sind vielleicht nicht dein Gedöns, Eddie, aber du mußt in der Schule ein verflucht interessanter Diskussionspartner gewesen sein.«
    »Ich war nie in Diskussionsklassen. Die waren für Schwule und Lesben und Spinner. Wie der Schachklub. Was meinst du damit, mein Gedöns? Was ist ein Gedöns?«
    »Einfach etwas, das du magst. Und was meinst du mit Schwulen? Was sind Schwule?«
    Er sah sie einen Augenblick an, dann zuckte er die Achseln. »Homos. Tunten. Vergiß es. Wir könnten uns den ganzen Tag über Umgangssprache unterhalten. Das bringt uns nicht weiter. Ich will damit sagen, wenn alles ein Traum ist, könnte es auch meiner sein, nicht deiner. Du könntest ein Trugbild meiner Fantasie sein.«
    Ihr Lächeln verschwand. »Du… niemand hat dich gehauen.«
    »Dich hat auch niemand gehauen.«
    Jetzt war ihr Lächeln völlig verschwunden. »Niemand, an den ich mich erinnern könnte«, verbesserte sie ihn mit einiger Schärfe.
    »Ich auch nicht!« sagte er. »Du hast mir gesagt, sie sind in Oxford ziemlich rauh. Nun, diese Zollburschen waren auch nicht gerade vor Freude am Platzen, als sie den Stoff nicht finden konnten, den sie suchten. Einer hätte mir mit dem Pistolenkolben auf den Kopf hauen können. Ich könnte momentan in der Intensivstation des Bellevue liegen und von dir und Roland träumen, während sie ihre Berichte schreiben und erklären, wie ich während des Verhörs plötzlich gewalttätig wurde und sie mir eine verpassen mußten.«
    »Das ist nicht dasselbe.«
    »Warum nicht? Weil du diese intelligente, gesellschaftlich engagierte schwarze Dame ohne Beine bist, und ich nur ein Durchhänger aus Co-Op City?« Er sagte es mit einem Grinsen, meinte es als liebenswürdigen Seitenhieb, aber sie sah ihn böse an.
    »Ich wünschte, du würdest aufhören, mich schwarz zu nennen!«
    Er seufzte. »Okay. Aber ich werde mich daran gewöhnen müssen.«
    »Du hättest trotzdem in der Diskussionsklasse sein sollen.«
    »Scheiße«, sagte er, und als sie die Augen verdrehte, wurde ihm wieder einmal bewußt, daß der Unterschied zwischen ihnen viel mehr als nur die Hautfarbe war; sie sprachen von separaten Inseln aus miteinander. Das Wasser dazwischen war die Zeit. Egal. Er hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt. »Ich will nicht mit dir diskutieren. Ich will dir lediglich die Tatsache bewußt machen, daß du wach bist, das ist alles.«
    »Ich kann vielleicht zumindest provisorisch nach dem Diktum deiner dritten Möglichkeit leben, solange diese… diese Situation… andauert, abgesehen von einem: Zwischen dem, was mit dir passiert ist, und dem, was mit mir passiert ist, liegt ein ganz grundlegender Unterschied. So grundlegend und so gewaltig, daß du ihn noch gar nicht gesehen hast.«
    »Dann zeig ihn mir.«
    »In deinem Denken ist keine Diskontinuität. In meinem sogar eine ziemlich große.«
    »Verstehe ich nicht.«
    »Ich meine, du kannst lückenlos belegen, wo du warst«, sagte Odetta. »Deine Geschichte verläuft von einem Punkt zum nächsten: das Flugzeug, das Eindringen von diesem… diesem… von ihm…«
    Sie nickte voll deutlicher Abneigung in Richtung des Vorgebirges.
    »Die Übergabe der Drogen, die Beamten, die dich festgenommen haben, alles andere. Es ist eine fantastische Geschichte, aber es gibt keine Lücken darin.
    Was nun mich selbst betrifft, ich kam aus Oxford zurück, wurde von Andrew abgeholt, meinem Chauffeur, der mich zu meiner Wohnung fuhr. Ich habe gebadet und wollte schlafen – ich bekam sehr starke Kopfschmerzen, und Schlaf ist die einzige Medizin, die gegen die wirklich schlimmen

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