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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wenn er lange genug ohne Rast weitergeht und erschöpft ist, dann wird er krank.
    In gewisser Weise war das Eddie auch; sie beide waren erschöpft. In Eddies Mundwinkeln hatten sich Fieberbläschen gebildet, seine Haut wies schuppige Flecken auf. Der Revolvermann konnte spüren, wie seine eigenen Zähne im Zahnfleisch locker wurden, das Fleisch zwischen seinen Zehen platzte auf und blutete, ebenso das zwischen seinen verbliebenen Fingern. Sie aßen, aber sie aßen tagein, tagaus dasselbe. Sie konnten so noch eine Weile weitermachen, aber letztendlich würden sie auf diese Weise ebenso sicher sterben, als würden sie verhungern.
    Wir haben die Matrosenkrankheit auf trockenem Land, dachte Roland. So einfach ist das. Wie komisch. Wir brauchen Obst. Wir brauchen Gemüse.
    Eddie nickte zur Herrin. »Sie wird auch weiterhin versuchen, es uns schwer zu machen.«
    »Es sei denn, die andere in ihr kommt zurück.«
    »Das wäre schön, aber darauf können wir uns nicht verlassen«, sagte Eddie. Er nahm ein Stück verkohlte Schere und fing an, sinnlose Muster in den Sand zu malen. »Eine Vorstellung, wie weit die nächste Tür entfernt sein könnte?«
    Roland schüttelte den Kopf.
    »Ich frage nur, weil ich mir denke, wenn die Entfernung zwischen Tür Nummer drei und Tür Nummer zwei dieselbe ist wie zwischen Tür Nummer eins und Tür Nummer zwei, dann könnten wir tief in der Scheiße sitzen.«
    »Wir sitzen schon tief in der Scheiße.«
    »Bis zum Hals«, stimmte Eddie düster zu. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie lange ich noch Wassertreten kann.«
    Roland schlug ihm auf die Schulter, eine so seltene Geste der Anteilnahme, daß Eddie blinzeln mußte.
    »Eines weiß die Herrin nicht«, sagte er.
    »Ach? Und das wäre?«
    »Wir Blassewichsah können ziemlich lange Wassertreten.«
    Darüber mußte Eddie lachen, heftig lachen, und er dämpfte das Lachen im Ärmel, damit er Detta nicht aufweckte. Er hatte den ganzen Tag genug von ihr gehabt, herzlichen Dank, bitte nichts mehr.
    Der Revolvermann sah ihn lächelnd an. »Ich werde mich hinlegen«, sagte er. »Sei…«
    »… auf der Hut. Klar. Werde ich.«
     
     

13
     
    Als nächstes kam das Schreien.
    Kaum hatte sein Kopf das zusammengeknüllte Bündel seines Hemdes berührt, schlief Eddie ein, und es schien erst fünf Minuten später zu sein, als Detta zu schreien anfing.
    Er war auf der Stelle wach und auf alles gefaßt – einen Hummerkönig, der aus der Tiefe emporgekommen war, um Rache für seine ermordeten Kinder zu nehmen, oder ein Ungeheuer, das von den Bergen heruntergekommen war. Es schien, als wäre er sofort wach gewesen, aber der Revolvermann war schon auf den Beinen und hatte eine Pistole in der linken Hand.
    Als sie sah, daß beide wach waren, hörte Detta sofort auf zu schreien.
    »Hammer nur gedacht, ich schau mal, obber Jungs auf Zack seid«, sagte sie. »Könnten Wölfe hier sein. Sieht nach Wolfsland aus. Wollte mir vergewissahn, obbich euch beizeiten auffe Beine kriegen würde, wennich ‘n Wolf seh’, der sich anschleicht.« Aber es war keine Furcht in ihren Augen; sie funkelten vor boshafter Freude.
    »Herrgott«, sagte Eddie benommen. Der Mond war am Himmel, aber er war gerade erst aufgegangen; sie hatten weniger als zwei Stunden geschlafen.
    Der Revolvermann steckte den Revolver in den Halfter.
    »Mach das nicht noch mal«, sagte er zur Herrin im Rollstuhl.
    »Was wirst’n machen, wenn ichs tue? Mich vergewaltijn?«
    »Wenn wir dich vergewaltigen wollten, dann wärst du inzwischen schon eine häufig vergewaltigte Frau«, sagte der Revolvermann tonlos. »Mach es nicht noch einmal.«
    Er legte sich wieder hin und zog die Decke über sich.
    Heiland, gütiger Heiland, dachte Eddie, was für ein Schlamassel, was für ein verfluchtes… und weiter kam er nicht, denn er versank wieder in einen erschöpften Schlaf, und dann zerriß sie die Luft mit neuen schrillen Schreien, sie kreischte wie eine Feuersirene, und Eddie war wieder auf, Adrenalin brannte in seinem Körper, er hatte die Fäuste geballt, und dann lachte sie, heiser und rauh.
    Eddie sah auf und stellte fest, daß sich der Mond, seit sie sie zum letztenmal geweckt hatte, keine zehn Grad weiterbewegt hatte.
    Sie will es die ganze Nacht machen, dachte er müde. Sie will wach bleiben und uns beobachten, und wenn sie sicher ist, daß wir tief schlafen, um neue Kräfte zu sammeln, wird sie den Mund aufmachen und wieder anfangen zu kreischen. Das wird sie immer weiter machen, bis sie keine Stimme

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