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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wo ein halbes Dutzend Nebenstraßen zusammenliefen wie die Stränge eines Spinnennetzes, und hier wurde das Gelände wieder offener… eine Tatsache, die sie alle erleichterte, auch wenn es niemand laut aussprach. Über dieser Kreuzung schwang wieder eine Ampel, sie hatte einst Glaslinsen an den vier Seiten besessen, doch waren diese längst zerbrochen.
    »Ich wette, diese Straße war einmal das achte Weltwunder«, sagte Susannah, »und seht sie jetzt an. Ein Trümmerfeld.«
    »Alte Wege sind manchmal die besten«, stimmte Roland zu.
    Eddie deutete nach Westen. »Seht.«
    Da die hohen Betonbarrieren nicht mehr da waren, konnten sie nun genau sehen, was der alte Si ihnen bei einer Tasse bitterem Kaffee in River Crossing erzählt hatte. »Nur ein Gleis«, hatte er gesagt, »hoch auf einer Säule aus Steinen von Menschenhand, wie die Alten ihre Straßen und Mauern gebaut haben.« Die Schiene kam als schlanke, gerade Linie von Westen auf sie zu, dann schwebte sie auf einem eleganten goldfarbenen Gerüst über den Send und in die Stadt hinein. Es war eine schlichte, elegante Konstruktion – und bislang die einzige, die sie gesehen hatten, ohne Rost –, aber sie war dennoch arg mitgenommen. Auf halbem Weg war ein großes Stück des Gerüsts in den reißenden Fluß gestürzt. Übrig blieben zwei lange, hohe Pfähle, die aufeinander deuteten wie vorwurfsvolle Finger. Aus dem Wasser unter dem Loch ragte eine Röhre aus Metall heraus. Diese war einmal hellblau gewesen, aber inzwischen hatten Schuppen aus Rost die Farbe verdrängt. Aus dieser Entfernung sah sie sehr klein aus.
    »Soviel zu Blaine«, sagte Eddie. »Kein Wunder, daß sie ihn nicht mehr hören. Die Stützen haben nachgegeben, als er den Fluß überquerte, und er ist in die Suppe gestürzt. Muß abgebremst haben, als das passiert ist, sonst wäre er einfach weitergetragen worden, und wir würden am gegenüberliegenden Ufer nur ein großes Loch wie einen Bombenkrater sehen. Nun, solange er funktioniert hat, war er bestimmt ein tolles Ding.«
    »Mercy hat gesagt, es gab noch einen«, erinnerte Susannah ihn.
    »Ja. Sie hat aber auch gesagt, den hat sie ebenfalls seit sieben oder acht Jahren nicht mehr gehört, und Tante Talitha sagte, es wären eher zehn gewesen. Was meinst du, Jake… Jake? Erde an Jake, Erde an Jake, bitte kommen, Kumpel.«
    Jake, der die Überreste des Zugs im Fluß eingehend betrachtet hatte, zuckte nur die Achseln.
    »Du bist eine große Hilfe, Jake«, sagte Eddie. »Darum habe ich dich so gern. Darum haben wir dich alle so gern.«
    Jake schenkte ihm keine Beachtung. Er wußte, was er sah, und es war nicht Blaine. Die Überreste der Einschienenbahn – des Mono –, die aus dem Wasser ragten, waren blau. In seinem Traum war Blaine so staubig rosa gewesen wie ein Kaugummi.
    Derweil hatte sich Roland die Gurte von Susannahs Trage über die Brust geschnallt. »Eddie, setz deine Herzensdame in dieses Ding. Es wird Zeit, daß wir hinkommen und alles aus nächster Nähe sehen.«
    Nun veränderte Jake die Blickrichtung und sah nervös zu der Brücke, die vor ihnen aufragte. Er konnte in der Ferne ein hohes, geisterhaftes Summen hören – der Wind, der in den rostigen Stahlaufhängungen spielte, welche die Kabel oben mit dem Betonband unten verbanden.
    »Glaubst du, wir können sie sicher überqueren?« fragte Jake.
    »Das werden wir morgen herausfinden«, antwortete Roland.
     
     

9
     
    Am nächsten Morgen stand Rolands Gruppe am Ende der langen, rostigen Brücke und sah nach Lud. Eddies Träume von weisen Elfen, die eine funktionierende Technologie erhalten hatten, auf die die Pilger zurückgreifen konnten, lösten sich in Nichts auf. Jetzt, aus der Nähe, konnte er Löcher in der Stadtkulisse sehen, wo offensichtlich ganze Gebäudeblocks entweder niedergebrannt oder gesprengt worden waren. Die Silhouette der Stadt erinnerte ihn an einen kranken Kiefer, aus dem viele Zähne bereits ausgefallen waren.
    Es stimmte, viele Gebäude standen noch, aber alle hatten ein trostloses, verlassenes Aussehen, das Eddie mit einer untypischen Niedergeschlagenheit erfüllte, und die Brücke zwischen den Reisenden und diesem Labyrinth aus Stahl und Beton sah alles andere als solide und für die Ewigkeit gebaut aus. Die vertikale Aufhängung links hing schlaff durch; die verbliebenen Kabel auf der rechten Seite schienen fast unter dem Gewicht zu schreien, das sie zu tragen hatten. Die Brücke selbst bestand aus hohlen Betonblöcken, die wie Trapezoeder geformt

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