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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Kreuzungen, weil er sichergehen wollte, und jedesmal stieß Oy sein kurzes, ungeduldiges Bellen aus, das zu sagen schien: Beeil dich! Willst du sie etwa verlieren? Nachdem die Spuren, die er fand – ein Fußabdruck, ein Faden von Jakes Hemd, ein Fusselchen von Schlitzers gelbem Schal – dreimal die Wahl des Bumblers bekräftigt hatten, folgte Roland Oy nur noch. Er hörte nicht auf, nach Spuren Ausschau zu halten, suchte aber nicht mehr eigens danach. Dann setzten die Trommeln ein, und die Trommeln waren es – und Schlitzers Neugier, was Jake in seinem Schulranzen haben mochte –, die Rolands Leben an diesem Nachmittag retteten.
    Er kam schlitternd mit seinen staubigen Stiefeln zum Stillstand und hatte den Revolver in der Hand, noch ehe er wußte, worum es sich bei dem Geräusch handelte. Als es ihm klar wurde, steckte er die Waffe mit einem ungeduldigen Grunzen wieder ins Halfter zurück. Er wollte gerade weitergehen, als sein Blick auf Jakes Schulranzen fiel… und dann auf zwei schwache, glänzende Linien in der Luft unmittelbar links davon. Roland kniff die Augen zusammen und konnte zwei Drähte erkennen, die sich keine drei Schritte von ihm entfernt auf Kniehöhe überkreuzten. Oy, der dicht am Boden kroch, war problemlos durch das umgekehrte V gekrochen, das die Drähte bildeten, aber wären die Trommeln und Jakes weggeworfener Ranzen nicht gewesen, dann wäre Roland achtlos hineingelaufen. Als er in die Höhe sah und die nicht ganz willkürlichen Stapel Müll betrachtete, die den Durchgang an dieser Stelle säumten, kniff er die Lippen zusammen. Es war knapp gewesen, und nur Ka hatte ihn gerettet.
    Oy bellte ungeduldig.
    Roland legte sich auf den Bauch und kroch langsam und sorgfältig unter den Drähten durch – er war größer als Jake und Schlitzer und stellte fest, ein wirklich großer Mann hätte gar nicht hindurchkommen können, ohne den sorgsam vorbereiteten Erdrutsch auszulösen. Die Trommeln hallten und dröhnten in seinen Ohren. Ich frage mich, ob sie alle den Verstand verloren haben, dachte er. Wenn ich mir das jeden Tag anhören müßte, würde ich ihn verlieren.
    Er kam zur anderen Seite der Drähte, hob den Ranzen auf und sah hinein. Jakes Bücher und einige Kleidungsstücke befanden sich noch darin, ebenso die Schätze, die er unterwegs gesammelt hatte – ein Stein, in dem gelbe Stellen glitzerten, die wie Gold aussahen, aber keines waren; eine Pfeilspitze, wahrscheinlich ein Überbleibsel des alten Waldvolks, die Jake am Tag nach dem Auserwählen in einem Hain gefunden hatte; ein paar Münzen aus seiner eigenen Welt; die Sonnenbrille seines Vaters; einige andere Kleinigkeiten, die nur ein Junge lieben und bewundern konnte, der die Zehn noch nicht überschritten hatte. Kleinigkeiten, die er sicher wiederhaben wollte… das hieß, falls Roland ihn finden konnte, bevor Schlitzer und seine Freunde ihn veränderten, ihm auf eine Weise weh taten, die bewirkte, daß er das Interesse an den unschuldigen Freuden und Eigenheiten des Knabenlebens vor der Pubertät verlor.
    Schlitzers grinsendes Gesicht schwebte vor Rolands innerem Auge wie die Fratze eines Dämons oder Dschinns aus der Flasche: die schiefen Zähne, die leeren Augen, Mandrus, das sich auf den Wangen und stoppeligen Kiefern ausbreitete. Wenn du ihm etwas tust… dachte er, aber dann zwang er sich, an etwas anderes zu denken, weil jene Gedanken in eine Sackgasse führen würden. Wenn Schlitzer dem Jungen etwas tat (Jake! beharrte Rolands Verstand erbittert – Nicht nur der Junge, sondern Jake! Jake!), würde Roland ihn umbringen, ja. Aber die Tat hätte keinen Sinn, denn Schlitzer war ohnehin schon ein toter Mann.
    Der Revolvermann verlängerte die Gurte des Ranzens, staunte über die schlauen Schnallen, welche das möglich machten, zog ihn auf den Rücken und stand wieder auf. Oy wollte weiterlaufen, aber Roland rief seinen Namen, und der Bumbler drehte sich um.
    »Zu mir, Oy.« Roland wußte nicht, ob der Bumbler ihn verstehen konnte (und wenn, ob er gehorchen würde), aber es wäre besser – sicherer –, wenn er in der Nähe blieb. Wo es eine Falle gab, gab es wahrscheinlich noch mehr. Nächstes Mal hatte Oy vielleicht nicht solches Glück.
    »Ake!« bellte Oy, der sich nicht bewegte. Das Bellen war zuversichtlich, aber Roland dachte, daß er in den Augen des Bumblers deutlicher sah, was dieser empfand: Sie waren dunkel vor Angst.
    »Ja, aber es ist gefährlich«, sagte Roland. »Zu mir, Oy.«
    In der Richtung, aus der sie

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