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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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etwas überaus Linkisches und Ungeschicktes hatte, wie er die grünen Fetzen und Ranken wegstrich, die sich in seinem schleifengeschmückten Haar verfangen hatten: Er benützte immer nur eine Hand. Die andere hatte er hinter dem Rücken gehabt, als er aus dem grünen Wasserfall herausgestürmt war, und dort blieb sie.
    Wie hinderlich das sein muß, dachte sie, und dann schaltete sich ein Tonbandgerät in ihrem Kopf ein, und sie hörte Rolands Stimme am Ende der Brücke sagen: Ich wußte, daß so etwas geschehen könnte… wenn wir den Mann früher gesehen hätten, als wir noch außerhalb der Reichweite seines explodierenden Eies waren… Verdammtes Pech!
    Sie richtete Rolands Waffe auf das Kind, das vom Gehweg gesprungen war und schnurstracks auf sie zu raste. »Langsam!« rief sie. »Du da, bleib stehen!«
    »Suze, was machst du da?« schrie Eddie.
    Susannah achtete gar nicht auf ihn. In einem sehr realen Sinne war Susannah Dean gar nicht mehr da; Detta Walker saß jetzt im Rollstuhl, und in ihren Augen funkelte fiebriger Argwohn. »Stehenbleiben, oder ich schieße!«
    Der kleine Lord Fauntleroy hätte taub sein können, soviel Wirkung zeitigte ihre Warnung. »Los doch!« rief er jubilierend. »Ihr verpaßte ganse Schaustellung! Prügler hamse…«
    Jetzt kam die rechte Hand langsam hinter dem Rücken vor. Gleichzeitig stellte Eddie fest, daß sie keinen Jungen vor sich hatten, sondern einen mißgestalteten Zwerg, dessen Kindheit schon viele Jahre zurücklag. Der Ausdruck, den Eddie für kindliche Fröhlichkeit gehalten hatte, war in Wirklichkeit eine furchteinflößende Mischung aus Haß und Wut. Wangen und Stirn des Zwergs waren von den eiternden, farblosen Schwären überzogen, die Roland Hurenblüte nannte.
    Susannah sah sein Gesicht nie. Sie hatte die ganze Aufmerksamkeit auf die Hand gerichtet, die langsam zum Vorschein kam, und auf die grüne Kugel darin. Mehr brauchte sie nicht zu sehen. Rolands Revolver knallte. Der Zwerg wurde rückwärts geschleudert. Ein schriller Schrei des Schmerzes und der Wut entrang sich seinem kleinen Mund, als er auf dem Gehweg landete. Die Granate fiel ihm aus der Hand und rollte in den Bogen zurück, aus dem er gekommen war.
    Detta war fort wie ein Traum, und Susannah sah von Überraschung, Entsetzen und Fassungslosigkeit erfüllt zu der kleinen liegenden Gestalt am Boden. »O mein Gott! Ich habe ihn erschossen! Eddie, ich habe ihn erschossen!«
    »Tod den… Grauen!«
    Der kleine Lord Fauntleroy versuchte, diese Worte trotzig zu schreien, aber sie kamen mit einem blubbernden Würgen von Blut heraus, das die wenigen weißen Stellen seines fadenscheinigen Hemdes auch noch tränkte. Aus dem zugewucherten Innenhof des Eckhauses ertönte eine gedämpfte Explosion, der zottelige grüne Teppich, der vor den Torbögen hing, wehte nach außen wie Flaggen bei steifer Brise. Beißender Rauch quoll hervor. Eddie warf sich auf Susannah, um sie zu schützen, und spürte einen Hagel von Betontrümmern – glücklicherweise nur winzigen – auf Rücken, Hals und Kopf. Links von ihm ertönten eine Reihe widerlich feuchter Klatschlaute. Er machte die Augen einen Spalt auf, schaute in diese Richtung und sah gerade noch den Kopf des kleinen Lord Fauntleroy, der im Rinnstein zu liegen kam. Der Zwerg hatte die Augen noch aufgeschlagen und den Mund zum letzten Aufschrei geöffnet.
    Nun ertönten weitere Stimmen, manche kreischend, manche schreiend, aber alle wütend. Eddie rollte sich von Susannahs Stuhl – der auf einem Rad schwankte, bevor er sich entschloß stehenzubleiben – und sah in die Richtung, aus der der Zwerg gekommen war. Ein zerlumpter Mob von etwa zwanzig Männern und Frauen war aufgetaucht, einige kamen um die Ecke, andere durch die verfilzten Blätterranken, welche die Ecken des Hauses verbargen, wo sie wie böse Geister aus dem Rauch der Granate des Zwergs materialisierten. Die meisten trugen blaue Kopftücher, aber alle waren bewaffnet – eine mannigfaltige (und manchmal erbarmenswerte) Sammlung von Waffen, zu der rostige Schwerter, stumpfe Messer und abgebrochene Keulen gehörten. Eddie sah einen Mann, der trotzig einen Hammer schwang. Pubes, dachte Eddie. Wir haben ihre Krawattenparty gestört, und jetzt haben sie eine Scheißlaune.
    Ein Durcheinander von Rufen – Tötet die Grauen! Macht sie beide alle! Sie haben Lüstling abgemurkst, Gott raube ihnen das Augenlicht! – wurde aus dieser bezaubernden Gruppe laut, als sie Susannah im Rollstuhl und Eddie erblickten, der nun

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