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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ticktack dieselbe Wirkung wie ein Faustschlag ins ungedeckte Gesicht. Er fuhr zurück, kniff die grünen Augen zusammen und umklammerte Jakes Schultern schmerzlich. »Was hast du da gesagt? Wo hast du das gehört?«
    »Ein kleines Vögelchen hat es mir gezwitschert«, antwortete Jake kalkuliert frech, und im nächsten Augenblick flog er durch den Raum.
    Wäre er mit dem Kopf zuerst gegen die gerundete Wand geprallt, wäre er bewußtlos geworden oder gestorben. So aber prallte er mit einer Hüfte auf, fiel hin und landete wie ein Häufchen Elend auf dem Gitter. Er schüttelte benommen den Kopf, sah sich um und stellte fest, daß er der Frau, die keine Siesta hielt, von Angesicht zu Angesicht gegenüberlag. Er stieß einen erschrockenen Schrei aus und kroch auf Händen und Knien weg. Hoots trat ihm an die Brust und warf ihn damit auf den Rücken. Jake lag stöhnend da und sah zu dem Knoten der Regenbogenfarben hinauf, wo die Neonröhren zusammenliefen. Einen Augenblick später füllte Ticktacks Gesicht seinen ganzen Sehbereich aus. Die Lippen des Mannes waren zu einer harten, geraden Linie zusammengepreßt, die Wangen gerötet, und er hatte Angst in den Augen. Das sargförmige Glasmedaillon, das er um den Hals trug, hing direkt vor Jakes Augen und baumelte an der Silberkette hin und her, als wollte er die Bewegung des Pendels im Inneren nachahmen.
    »Schlitzer hat recht«, sagte er. Er knüllte Jakes Hemd mit einer Faust zusammen und zog ihn hoch. »Du bist keck. Aber mit mir sollte man besser nicht keck sein, Bübchen. Mit mir sollte man niemals keck sein. Hast du von Leuten mit wenig Geduld gehört? Nun, ich hab’ gar keine Geduld, das könnten Tausende bezeugen, wenn ich sie nicht für immer zum Schweigen gebracht hätte. Wenn du mir jemals… jemals, jemals, jemals… wieder von Lord Perth sprichst, reiß ich dir den Schädel auf und verspeise dein Gehirn. Von dieser Unglücksgeschichte will ich in der Krippe der Grauen nichts hören. Hast du mich verstanden?«
    Er schüttelte Jake wie einen Putzlumpen hin und her, und der Junge brach in Tränen aus.
    »Verstanden?«
    »J-j-ja!«
    »Gut.« Er stellte Jake wieder auf die Füße, und dieser schwankte schwindlig hin und her, wischte sich die tränenden Augen ab und hinterließ dunkle Schmutzschlieren auf den Wangen. »Und jetzt, mein kleines Bübchen, spielen wir hier ein Frage-und-Antwort-Spiel. Ich stelle die Fragen, und du gibst die Antworten. Hast du verstanden?«
    Jake antwortete nicht. Er sah zu einem Lüftungsgitter, das rings um die Kammer verlief.
    Der Ticktackmann nahm Jakes Nase zwischen zwei Finger und drückte brutal. »Hast du mich verstanden?«
    »Ja!« schrie Jake. Er sah mit Augen, die nun nicht nur vor Angst, sondern auch vor Schmerzen tränten, wieder ins Gesicht des Ticktackmannes. Er wollte mit aller Verzweiflung wieder zu dem Lüftungsgitter sehen, wollte sich vergewissern, daß das, was er gesehen hatte, nicht einfach ein Streich seines ängstlichen, überlasteten Verstandes war, aber er wagte es nicht. Er hatte Angst, ein anderer – am wahrscheinlichsten Ticktack selbst – könnte seinem Blick folgen und sehen, was er gesehen hatte.
    »Gut.« Ticktack zog Jake an der Nase zu seinem Sessel und legte wieder ein Bein über die Armlehne. »Dann wollen wir mal ein nettes kleines Schwätzchen halten. Wir fangen mit deinem Namen an, ja? Wie heißt du denn genau, Bübchen?«
    »Jake Chambers.« Mit zugekniffener Nase hörte sich seine Stimme näselnd und nuschelnd an.
    »Und bist du ein Not-Sieh, Jake Chambers?«
    Einen Moment überlegte Jake, ob das eine seltsame Art war, ihn zu fragen, ob er blind war… aber sie konnten doch alle sehen, daß er das nicht war. »Ich verstehe nicht, was…«
    Ticktack schüttelte ihn an der Nase hin und her. »Not-Sieh! Not-Sieh! Hör auf, Spielchen mit mir zu spielen, Junge!«
    »Ich verstehe nicht…«, begann Jake, aber dann sah er das Maschinengewehr, das am Sitz hing, und mußte wieder an die Focke-Wulf denken, die abgestürzt war. Da fügte sich in seinem Verstand alles zusammen. »Nein – ich bin kein Nazi. Ich bin Amerikaner. Das alles war lange, bevor ich geboren wurde, vorbei.«
    Der Ticktackmann ließ Jakes Nase los, aus der sofort das Blut strömte. »Das hättest du mir gleich sagen und dir die Schmerzen ersparen können, Jake Chambers… aber jetzt begreifst du wenigstens, wie wir hier so etwas erledigen, richtig?«
    Jake nickte.
    »Ay. Nun gut! Wir fangen mit den einfachen Fragen an.«
    Jakes Blick

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