Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
hier lebten, hatten eine Vorstellung davon, wie alt Rhea vom Cöos wirklich war, wenn auch nur eine höchst ungefähre), aber die Glaskugel entzog ihr diese Vitalität nun doch – saugte Rhea aus wie ein Vampir das Blut. Der große Raum der Hütte hinter ihr war noch schmutziger und unordentlicher als gewöhnlich. Neuerdings hatte sie nicht einmal mehr Zeit, so zu tun, als würde sie putzen; die Glaskugel beanspruchte ihre ganze Zeit. Wenn sie nicht hineinsah, dann dachte sie daran hineinzusehen… und ach! Was hatte sie nicht alles schon gesehen!
    Ermot wand sich um eines ihrer hageren Beine und zischte vor Aufregung, aber sie bemerkte ihn kaum. Stattdessen beugte sie sich dichter über das verderbliche rosa Leuchten der Glaskugel und war wie verzaubert von dem, was sie da sah.
    Es war das Mädchen, das zu ihr gekommen war, um ihre Ehrbarkeit unter Beweis zu stellen, und es war der junge Mann, den sie bei ihrem ersten Blick in die Glaskugel gesehen hatte. Den sie zunächst für einen Revolvermann gehalten hatte, bis ihr seine Jugend klar geworden war.
    Das närrische Mädchen, das singend zu Rhea gekommen, aber in angemessenerem Schweigen wieder gegangen war, hatte sich als ehrbar erwiesen und mochte durchaus noch ehrbar sein (sie küsste und berührte den Jungen eindeutig mit einer für Jungfrauen typischen Mischung aus Wollust und Schüchternheit), aber wenn sie so weitermachten, würde sie nicht mehr lange ehrbar bleiben. Und wäre es nicht eine Überraschung für Hart Thorin, wenn er sein angeblich unberührtes junges Feinsliebchen mit ins Bett nahm? Es gab Mittel und Wege, Männer in dieser Hinsicht zu täuschen (Männer bettelten förmlich darum, in dieser Hinsicht getäuscht zu werden); eine Phiole Schweineblut erfüllte den Zweck voll und ganz, aber das konnte sie nicht wissen. Oh, das war zu schön! Und wenn sie daran dachte, dass sie hier mitverfolgen konnte, in diesem Glas, wie Miss Hochmut in Ungnade fiel! Oh, das war zu schön! Zu wunderbar!
    Sie beugte sich noch dichter darüber, und in ihren tiefen Augenhöhlen erstrahlte ein rosa Feuer. Ermot, der spürte, dass sie seiner Umgarnung gegenüber immun bleiben würde, kroch verdrossen auf dem Boden dahin und machte sich auf die Suche nach Insekten. Musty tänzelte von ihm weg und fauchte Katzenflüche, während ihr sechsbeiniger Schatten riesig und ungeschlacht auf die vom Licht angestrahlte Wand fiel.
     
     

11
     
    Roland spürte, wie der große Augenblick auf sie zugestürmt kam. Dennoch gelang es ihm irgendwie, sich von ihr zu lösen, und sie sich von ihm, aber ihre Augen waren groß und ihre Wangen gerötet – diese Röte konnte er selbst im Licht des gerade aufgegangenen Mondes sehen. Seine Hoden pulsierten. Seine Lenden fühlten sich an, als wären sie voll flüssigen Bleis.
    Sie wandte sich halb von ihm ab, und Roland sah, dass ihre sombrera auf dem Rücken verrutscht war. Er streckte eine zitternde Hand aus und rückte ihn zurecht. Sie umklammerte seine Finger mit einem kurzen, aber kräftigen Druck, dann bückte sie sich und hob ihre Reithandschuhe auf, die sie im Verlangen, seine Haut auf ihrer zu spüren, abgestreift hatte. Als sie sich wieder aufrichtete, strömte ihr das Blut plötzlich aus dem Gesicht, und sie taumelte. Hätte er sie nicht mit den Händen an den Schultern gestützt, wäre sie möglicherweise gefallen. Sie drehte sich mit wehmütigem Blick zu ihm um.
    »Was sollen wir tun? Oh, Will, was sollen wir nur tun?«
    »Unser Bestes«, sagte er. »Was wir beide stets getan haben. Wie unsere Väter es uns beigebracht haben.«
    »Das ist Wahnsinn.«
    Roland, der sich in seinem Leben noch nie so normal gefühlt hatte – selbst der bohrende Schmerz in seinen Lenden kam ihm normal und richtig vor –, sagte nichts.
    »Wisst Ihr, wie gefährlich das ist?«, fragte sie, fuhr aber fort, bevor er antworten konnte: »Aye, Ihr wisst es. Ich sehe, dass Ihr es wisst. Würde man uns zusammen sehen, ’s wäre ernst. Würde man uns so sehen wie wir jetzt gerade…«
    Sie erschauerte. Er streckte die Hände nach ihr aus, und sie wich zurück. »Bitte nicht, Will. Tut Ihr’s doch, wird zwischen uns nichts weiter geschehen als Liebkosungen. Sollte das Eure Absicht gewesen sein?«
    »Du weißt, dass es nicht so ist.«
    Sie nickte. »Habt Ihr Eure Freunde als Wachen aufgestellt?«
    »Aye«, sagte er, und sein Gesicht erstrahlte in dem unerwarteten Lächeln, das sie so liebte. »Aber nicht gerade so, dass sie uns sehen können.«
    »Dafür sei den

Weitere Kostenlose Bücher