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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schlafhauses, das ihnen als Zuhause diente. Cuthbert und Alain folgten ihm.
     
     

6
     
    Susan arbeitete den Rest des Santags hart, mistete die Stallung aus, schleppte Wasser, putzte alle Treppen. Tante Cord sah das alles schweigend und mit einer halb zweifelnden und halb erstaunten Miene an. Susan war es völlig einerlei, wie ihre Tante dreinschaute – sie wollte nur bis zur Erschöpfung arbeiten, um eine weitere schlaflose Nacht zu vermeiden. Es war vorbei. Will würde es inzwischen ebenfalls wissen, und das war gut. Aus und vorbei.
    »Bist du närrisch, Mädchen?«, fragte Tante Cord, als Susan den letzten Eimer schmutziges Spülwasser hinter der Küche ausschüttete. »Es ist Santag!«
    »Kein bisschen närrisch«, antwortete sie kurz angebunden, ohne sich umzudrehen.
    Sie erreichte die erste Hälfte des Ziels, das sie sich gesetzt hatte, und ging kurz nach Mondaufgang mit müden Armen, schmerzenden Beinen und einem pochenden Rücken ins Bett – aber schlafen konnte sie trotzdem nicht. Sie lag mit aufgerissenen Augen unglücklich im Bett. Die Stunden vergingen, der Mond ging unter, und Susan konnte immer noch nicht schlafen. Sie sah in die Dunkelheit und fragte sich, ob eine Möglichkeit bestand, und sei sie noch so winzig, dass ihr Vater ermordet worden war. Um ihn am Reden zu hindern, um ihm die Augen zu verschließen.
    Schließlich kam sie zu der Schlussfolgerung, zu der Roland schon gekommen war: Hätten seine Augen nicht diese Anziehungskraft auf sie ausgeübt, oder die Berührung seiner Hände und Lippen, hätte sie dem gewünschten Treffen wie der Blitz zugestimmt. Und wenn es nur gewesen wäre, damit ihr gequälter Verstand Ruhe fand.
    Nach dieser Einsicht überkam sie Erleichterung, und sie konnte endlich schlafen.
     
     

7
     
    Am Spätnachmittag des nächsten Tages, während Roland und seine Freunde im Traveller’s Rest spachtelten (kalte Rindfleischpopkins und dazu literweise weißen Eistee – nicht so gut wie der von Hilfssheriff Hollis’ Frau, aber auch nicht schlecht), kam Sheemie von draußen herein, wo er gerade seine Blumen gegossen hatte. Er trug eine rosa sombrera auf dem Kopf und ein breites Grinsen im Gesicht. In einer Hand hielt er ein kleines Päckchen.
    »Hallo, ihr Kleinen Sargjäger!«, rief er fröhlich und machte eine Verbeugung, die auf amüsante Weise die ihre imitierte. Cuthbert gefiel es besonders, eine derartige Verbeugung mit Gartensandalen zu sehen. »Wie gehn es euch? Gut, hoff ich, das tu ich!«
    »Astrein«, sagte Cuthbert, »aber keinem von uns gefällt es, wenn wir Kleine Sargjäger genannt werden, wenn du dich da also vielleicht ein bisschen zurückhalten könntest, in Ordnung?«
    »Aye«, sagte Sheemie so fröhlich wie zuvor. »Aye, Mr. Arthur Heath, guter Bursch, der mir das Leben gerettet hat!« Er verstummte und sah kurz etwas verwirrt drein, so als versuchte er sich zu erinnern, warum er überhaupt zu ihnen gekommen war. Dann klärte sich sein Blick, sein Grinsen erstrahlte erneut, und er hielt Roland das Päckchen hin. »Für dich, Will Dearborn!«
    »Wirklich? Was ist es?«
    »Samenkörner! Das sind sie!«
    »Von dir, Sheemie?«
    »O nay!«
    Roland nahm das Päckchen – nur ein Umschlag, der ein einziges Mal umgeklappt und dann versiegelt worden war. Weder auf der Vorder- noch auf der Rückseite stand etwas, und zumindest mit den Fingerspitzen konnte er keine Samen darin ertasten.
    »Von wem dann?«
    »Kann mich nicht erinnern«, sagte Sheemie, der daraufhin den Blick abwandte. Sein Gehirn war gerade ausreichend durcheinander, überlegte Roland, dass er nie lange unglücklich sein und überhaupt nicht lügen konnte. Dann sah er Roland wieder mit hoffnungsvollem und schüchternem Blick an. »Ich erinnere mich aber daran, was ich dir bestellen soll.«
    »Aye? Dann raus damit, Sheemie.«
    Wie jemand, der eine qualvoll auswendig gelernte Zeile aufsagte, sprach er stolz und nervös zugleich. »Das sind die Samenkörner, die du auf der Schräge verstreut hast.«
    Rolands Augen blitzten so heftig, dass Sheemie einen Schritt zurückwich. Er zupfte kurz an seiner sombrera, drehte sich um und lief hastig zu seinen ungefährlichen Blumen hinaus. Er mochte Will Dearborn und Wills Freunde (besonders Mr. Arthur Heath, der manchmal Sachen sagte, dass Sheemie sich totlachen konnte), aber in diesem Augenblick sah er etwas in Will-Sais Augen, was ihn zutiefst erschreckte. In diesem Augenblick begriff er, dass Will ebenso ein Totschläger war wie derjenige im Mantel oder

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