Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
während sie genüsslich kaute. Möglicherweise hätten den Eiern eine Prise Salz oder sogar etwas gebratener Speck gut angestanden. Eine Fülle Rezeptideen gingen ihr durch den Sinn, während sie in elysischen Genüssen schwelgte, die Whitmore ihr in seiner unendlichen Überheblichkeit wohl eher unwissentlich ermöglichte. Das Bimmeln der Dienstbotenglocke riss sie aus ihren Träumereien. Sie öffnete die Augen, doch der Earl gab keinen Hinweis darauf, warum er nach einem Diener geklingelt hatte.
„Ich habe nicht in Ihr Frühstück gespuckt, falls Sie das denken sollten.“
„Das habe ich auch nicht behauptet“, entgegnete er ernst.
Unbehaglich schob sie ihm den Teller zu und fragte sich, was er mit dem Läuten bezweckt haben mochte. „Sie können essen“, sagte sie. „Wie Sie sehen, bin ich immer noch am Leben.“
Jedoch machte er keine Anstalten, das Frühstück anzurühren, sondern fuhr fort, sie fragend anzusehen. Seine Augen waren von einem faszinierenden sanften Grau, seine Lippen fest, um seinen Mund lag ein Zug stoischer Entschlossenheit. Früher hatte sie ihn für einen gut aussehenden Mann gehalten. Seine Gesichtszüge hatten so perfekt gewirkt wie in Stein gemeißelt. Doch jetzt war er selbst zu einer Statue geworden, zu einem Mann ohne Gefühle, der nie offenbarte, was ihm gerade durch den Sinn ging.
Warum war sie so töricht gewesen, auf seine Versprechungen hereinzufallen? Der Earl hatte sie von dem heruntergewirtschafteten und völlig überschuldeten Anwesen fortgeholt und ihr geschworen, ihren ungeratenen Bruder ausfindig zu machen und dessen Schulden zu begleichen. Emily war so vernarrt in Whitmore gewesen, dass sie sich nicht einen Moment nach seinen Motiven gefragt hatte.
Es klopfte, und zu Emilys Erstaunen trat Farnsworth ein. Der missbilligende Blick, mit dem er sie bedachte, machte ihr bewusst, dass er ihre Kleidung und ihr Auftreten für unschicklich befand. Schließlich erwartete man von ihr, sich wie eine Countess zu benehmen und nicht wie eine Dienstbotin. Emily straffte die Schultern, obwohl das vermutlich nicht dazu beitrug, Farnsworths Meinung über sie zu ändern.
„Bringen Sie ein Tablett für Lady Whitmore. Und mehr Tee“, wies der Earl ihn an.
„Nein, wirklich, ich benötige nichts.“
Doch Whitmores durchdringender Blick ließ sie verstummen, und nachdem der Butler gegangen war, verschränkte er die Arme vor der Brust. „In einigen Dingen müssen wir uns einig werden. Ich gebe hier die Anweisungen, und Sie befolgen sie.“
Hielt er sich etwa für den König von England? „Sehr wohl, Eure Majestät.“
Offensichtlich fand er ihre Spöttelei keineswegs amüsant. „Darüber hinaus werden Sie alles aufessen, was Farnsworth gleich bringt.“
„Und falls nicht?“
„Sie wollen doch, dass auch die Kinder etwas zu essen bekommen, oder etwa nicht?“
Seine versteckte Drohung, den Kindern das Essen vorzuenthalten, brachte das Fass zum Überlaufen. Emily ließ sich von ihrer Wut fortreißen. „Wagen Sie es bloß nicht, unschuldige Kinder unter Ihren lächerlichen Launen leiden zu lassen!“
„Es sind ja nicht meine Kinder“, erklärte er unbeeindruckt. „Und wenn Sie von mir erwarten, ihnen trotzdem ein Heim zu gewähren, sie zu kleiden und zu ernähren, werden Sie meinen Befehlen gefälligst Folge leisten.“
Stephen entging die Furcht nicht, die in ihren Augen aufflackerte, und er fühlte sich unbehaglich dabei, ihr zu drohen. Allerdings nur ein wenig. Wie es aussah, hatte Emily seit Langem keine richtige Mahlzeit mehr zu sich genommen. Wenn sie sich aufgrund einer falschen Schlussfolgerung dazu genötigt sah, endlich vernünftig zu essen, dann plagten ihn auch keine Gewissensbisse.
Ihre hohen Wangenknochen betonten das hübsche Gesicht mit dem zarten Teint. Ihre großen Augen hatten einen Braunton, der an einen erlesenen Whisky denken ließ. Eine Strähne ihres goldblonden Haares hing ihr in die Stirn, die leicht mit Mehl bestäubt war.
„Sie sind für sie verantwortlich“, hielt sie ihm vor.
Einige Minuten darauf kehrte Farnsworth mit dem Tablett zurück, und Emily aß mit zornigem Eifer. Trotzdem glaubte Stephen einen Ausdruck von Verzweiflung in ihren Augen zu bemerken.
„Ich wünsche, dass Sie mir ein paar Fragen beantworten“, sagte er schließlich. „Fangen wir mit unserer Hochzeit an.“
Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Eier, als habe sie nichts gehört. Stephen griff nach ihrer Hand, an deren Mittelfinger das
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