Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Bruder finden und wieder nach Hause bringen möge.
Und dabei hatte er kläglich versagt.
Die Erinnerung verblasste, und Stephen stand auf. Leise öffnete er die Verbindungstür zum Schlafgemach seiner Frau. Sie hatte die Kerzen gelöscht, weswegen es in dem Raum selbst für Schatten zu dunkel war.
„Emily?“, flüsterte er, doch sie antwortete nicht. Was hatte er auch erwartet? Schließlich hatte sie unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht von ihm berührt werden wollte. Trotzdem wusste er immer noch nicht, ob er ihre Ehe weiterhin aufrechterhalten sollte. Die einfachste Lösung bestand sicher darin, sie gehen zu lassen. Sie verdiente es, dass er ihr die Chance gab, noch einmal glücklich zu werden.
Sie faszinierte ihn wie keine andere Frau zuvor, auch wenn er es kaum schaffte, ihre widersprüchlichen Seiten in Einklang zu bringen. Sie war ebenso sehr das eigensinnige junge Mädchen wie die Frau, die ihre Schutzbefohlenen wie eine Löwin verteidigte und gleichzeitig Angst hatte, sich der Gesellschaft zu zeigen.
Plötzlich wurde ihm der Grund dafür klar: Ihr war niemals die Erziehung zuteilgeworden, die der Tochter eines Barons zustand. Weder hatte sie Tanzstunden noch Unterricht in Etikette erhalten. Sie gab ja selbst zu, dass sie befürchtete, ihn in der Öffentlichkeit zu beschämen.
Was würde geschehen, wenn er ihr half, diese Mängel zu beheben? Ihr Kleider und Juwelen kaufte und Lehrer engagierte, die ihr alles Nötige beibrachten? Vielleicht konnte er auf diese Weise ein wenig von dem wiedergutmachen, was er ihr angetan hatte.
Gleich morgen würde er Schneider und Juweliere beauftragen, Emily mit eleganter Garderobe und erlesenem Schmuck auszustatten, mit allem, was ihrer gesellschaftlichen Stellung entsprach. Und er beschloss, neue Schuhe für Royce und Kleidung für das Baby zu bestellen.
7. KAPITEL
Auf die Zubereitung der Mahlzeiten für ihren Ehegatten sollte eine Frau die größtmögliche Sorgfalt verwenden. Die meisten Männer reagieren nicht sehr erfreut auf ein Stück rohes Fleisch, das an den Rändern verbrannt ist. Doch selbst ein solches Missgeschick lässt sich mit einem gewinnenden Lächeln und liebreizendem Verhalten wiedergutmachen …
– aus dem Kochbuch der Emily Barrow –
A m Montag kamen die ersten Blumen, doch Stephen beschloss, dem Bouquet gelber Tulpen keine Beachtung zu schenken. Am Dienstag trafen Maiglöckchen ein, Mittwoch Gänseblümchen und Donnerstag Flieder. Am Freitag schließlich wurde ein Dutzend Rosen in allen Farbschattierungen von Hellrosa bis Dunkelrot geliefert.
Sie waren nicht von ihm.
Was ging hier eigentlich vor? Hatte seine Frau etwa Herrenbesuch empfangen, während er bei seiner Familie gewesen war? Er brannte darauf, den Gentleman zu finden, der die Blumenlieferungen veranlasst hatte, um ihm die langstieligen Rosen um den Hals zu wickeln.
Er traf Emily dabei an, wie sie die Blumen im Salon arrangierte. Sie trug das Kleid, das ihm so verhasst war, das abgetragene schwarze mit dem ausgefransten Saum. Er hatte keine Ahnung, warum sie dieses Büßergewand immer noch anzog, obwohl ihr inzwischen ein Dutzend modischer Kleider in allen erdenklichen Farben zur Auswahl standen. Zumindest hätte sie sich für ein Kleid entscheiden können, das nicht so wirkte, als wäre es durch Asche geschleift worden.
„Wer hat diese Blumen geschickt?“, fragte er kurz angebunden.
Sie errötete. „Freddie … Mr Reynolds, meine ich.“
Freddie Reynolds? Verdammt, was tat dieses unangenehme Wiesel in London? Stephen hatte den jungen Gecken noch nie leiden können, auch wenn der Marquess die Familie zu einigen gesellschaftlichen Anlässen eingeladen hatte.
Reynolds war klein und stets wie ein Dandy gekleidet und bezauberte die Damenwelt mit geistlosem Geplauder über Treibhausblumen und die neueste Mode.
Stephen warf einen flüchtigen Blick auf eine der Grußkarten.
Ihre Augen sind blau wie der blaueste Ozean,
Ihre Lippen so rot wie mein Herzblut,
welches ich freudig vergießen würde,
könnt’ ich doch nur auf demselben Sand laufen,
den Ihre Füße berührt haben.
„Grundgütiger. Was ist das denn?“ Er schüttelte den Kopf. Die Verse waren mit Abstand das Lächerlichste, was er je gelesen hatte.
„Dichtkunst, schätze ich.“ Emily roch an einer der roten Rosen, bevor sie sie zum Flieder steckte.
„Ihre Augen sind aber nicht blau, sondern braun“, betonte Stephen. „Er scheint farbenblind zu sein. Und was soll das mit dem Sand? Wir sind in
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