Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
fehlende Erinnerung sagten ihm, dass etwas anderes dahinterstecken musste.
Beginn von vorne, sagte er sich und versuchte, sich daran zu erinnern, warum er London Anfang Februar verlassen hatte. Um seinem Leben hier und dem Einfluss seines Vaters zu entrinnen? Oder hatte Hollingford ihn um einen Besuch gebeten? Diese Möglichkeit war ihm bisher noch nicht in den Sinn gekommen, denn Emilys Bruder war lediglich ein Bekannter von ihm gewesen, kein Freund. Doch es stand zu vermuten, dass es eine Verbindung zwischen ihm und dem Baron gegeben hatte.
Stephen schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen, um seinen Erinnerungen freien Lauf zu lassen. Prompt fiel ihm eine Begebenheit ein, die schon länger zurücklag.
Es war Winter gewesen, und die sechzehnjährige Emily hatte ihm händeweise Schnee unter den Kragen gestopft, während sie miteinander rangelnd den Hang hinuntergerollt waren. Stephen hatte sich nach Kräften gewehrt, ihr Schnee ins Gesicht geworfen, und dann hatte Emily die Arme um ihn geschlungen, und sein Körper hatte erregt auf ihre unschuldige Berührung reagiert. Einen kurzen Moment hatte sie ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen unter den dichten Wimpern hervor nachdenklich angesehen und ihm die Hände auf die Schultern gelegt, als wollte sie ihn auffordern, sich zu ihr herunterzubeugen. Und genau das hatte er schließlich getan und ihre kalten Lippen geküsst. Danach war er wie benommen gewesen, und sie hatte ihn kurz angelächelt – bevor sie ihn wieder in den Schnee gedrückt hatte, bis seine Kleider völlig durchnässt waren.
Die Erinnerung verblasste, und obwohl er sich bemühte, vermochte er keine weitere heraufzubeschwören. War Emily immer noch das unbeschwerte Mädchen, das er einst gekannt hatte? Er konnte nicht leugnen, dass er gerne das Bett mit ihr geteilt und ihr Schicht um Schicht ihrer Kleidung ausgezogen hätte, jeden Unterrock und das dünne Hemd, bis die Frau darunter zum Vorschein kam. Ihr leidenschaftliches Temperament brachte sein Blut in Wallung, wenn er sie nur ansah.
Doch sie hatte Angst. Obwohl sie ihm für die Blumen und die Kleider gedankt hatte, wirkte sie beklommen, als fürchte sie, alles könne sich mit einem Mal in Luft auflösen.
Vielleicht würde es das auch. Sie zu heiraten war ein Fehler gewesen, und er hatte keine Ahnung, ob es den leisesten Hauch einer Chance gab, dass ihre Ehe doch noch glücklich wurde.
8. KAPITEL
Man nehme zwei Eier auf ein halbes Pfund Zucker, rühre beides schaumig und gebe nach und nach einen Esslöffel zerlassene Butter und Milch hinzu. Anschließend siebe man ¾ Pfund Mehl, vermischt mit einem halben Teelöffel Backpulver und einem halben Teelöffel Weinstein, in den Teig und rühre ihn glatt. Zum Schluss füge man einen Esslöffel Zitronenmarmelade, einen Esslöffel Orangensaft sowie die abgeriebene Schale einer halben Orange hinzu. Dann gieße man die Masse in zwei flache Kuchenformen und backe sie bei mäßiger Hitze.
– Rezept für Orangenkuchen aus dem Kochbuch der Emily Barrow –
J a mes Chesterfield hasste es, gestört zu werden, vor allem, wenn die Diener Anweisung hatten, niemanden zu ihm vorzulassen. Als es an der Bibliothekstür klopfte, rief er gereizt: „Herein!“
Ärger brodelte in ihm hoch, als sein Sohn Stephen eintrat. Er hatte alles versucht, um dem Jungen begreiflich zu machen, dass er nicht mit Emily Barrow verheiratet bleiben konnte. Sie besaß nicht das Format, um zum ton zu gehören, und sie würde es nie besitzen, denn dazu musste man in diesen Kreisen aufgewachsen sein. Dass sie nie bei Hof vorgestellt worden war, machte sie erst recht ungeeignet. Doch Stephen hatte keine Vorstellung davon, was wahre Pflichterfüllung bedeutete, und James befürchtete, dass es bereits zu spät war. Der Skandal einer Scheidung würde womöglich noch schwerer wiegen als der, den eine nicht standesgemäße Ehe mit sich brachte.
Sein Sohn blieb vor dem Schreibtisch stehen, was James’ Missfallen erregte, da er dadurch gezwungen war, zu Stephen aufzusehen. „Ich muss dich etwas fragen. Über den Abend, an dem ich vor ein paar Monaten London verlassen habe.“
James stand auf, um seinen Sohn auf Augenhöhe gegenüberzustehen. Dabei stützte er sich mit den Händen auf dem Schreibtisch ab, um sein steifes Bein ein wenig zu entlasten. „Von welchem Abend sprichst du?“, fragte er verärgert. „Etwa dem, an dem du verschwunden bist, um eine nicht standesgemäße Ehe zu schließen? Oder dem zwei Wochen später,
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