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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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abgestumpften Spitze. Edward streichelte den Hals seines Streitrosses Mallon. Er kannte sein Pferd bis ins Innerste, kannte seine Kampfeslust, die in jeder Muskelfaser des Hengstes zu spüren war, der nun nervös unter seiner schweren, bis zum Boden reichenden Decke tänzelte.
    Wieder ertönte ein Fanfarenstoß, und der goldene Ritter, Warwick, kam auf den Platz, umringt von sechs Knappen und Edelknaben. Mit seinem vergoldeten Helm sah er so fremd aus wie ein Götzenbild, wobei ihm sein lustig wippender Federbusch und die flatternden Bänder jedoch zugleich etwas Spielerisches verliehen. Trotzdem unterschätzte Edward den Grafen nicht, denn sein Kampfstil war alles andere als spielerisch.
    Die beiden Männer hatten nun jeder auf seiner Seite Stellung bezogen, und William hob seinen Stab. Der König hatte den Vorteil, dass die aufsteigende Sonne seinen Gegner blendete. Der Kammerherr wartete, bis völlige Stille eingetreten war, dann ließ er den Arm sinken - die Fanfaren schmetterten, und die Pferde stürmten aus den hölzernen Kampfschranken aufeinander zu. Schneller und immer schneller wurden sie, näher und immer näher kamen sie sich, höher und immer höher wirbelte der Sand unter ihren Hufen auf. Edward richtete sich im Sattel auf, stemmte die Füße in die Steigbügel, senkte den Kopf und zielte mit der Lanze auf Warwicks rechte Seite: Getroffen!
    Warwick Lanzenhieb streifte ihn nur, was nicht als Treffer zählte. Edward aber hatte seinem Gegner einen gezielten Schlag unterhalb der Schulter versetzt und seine Lanze dabei regelrecht zersplittert. Zwei Punkte! Die Menge jubelte ihrem Favoriten, dem »unbekannten Ritter«, zu. Die beiden zogen sich an den Rand des Turnierplatzes zurück, wo sie neue Waffen erhielten.
    Wieder ritten sie gegeneinander, wobei dieses Mal Edward die Sonne gegen sich hatte. Kampflustig riss Malion mit schäumendem Maul an den Zügeln. Edward hätte die Zügel loslassen können, wenn er gewollt hätte, denn das Tier kannte seinen Weg ganz genau.
    Warwicks Pferd war nicht weniger gut geschult. Da er diesmal nicht geblendet wurde, schlug er sich besser. Die beiden Männer trafen sich in der Mitte des Feldes, und Warwick errang einen Punkt, als er seine Lanze im rechten Winkel unmittelbar unterhalb von Edwards Kinn aufsetzte. Edward wiederum verlor einen Punkt, denn sein Lanzenhieb ging kläglich daneben und streifte nur Warwicks Schulterstück. Als die Ritter wieder zum Rand des Turnierplatzes kanter- ten, stand der Kampf unentschieden, und beide hatten einen schmerzhaften Hieb einstecken müssen.
    Die letzte Runde begann. Vollkommene Stille herrschte, als die Zuschauer beobachteten, wie die Ritter ihre neuen Lanzen entgegennahmen. Die Königin saß unbeweglich da, ebenso die Herzogin von Warwick. Beide Frauen hatten die Fingernägel in ihren Handflächen vergraben.
    Wie in Trance sah Elizabeth Williams Arm sinken, sah den Stab in der Sonne aufblitzen und die Pferde losgaloppieren. Sie hörte das dumpfe Schlagen der Hufe, sah den Sand aufwirbeln, hörte das Brüllen der Menge so fern wie Meeresrauschen und dann ... ein Krachen. Der goldene Ritter flog in hohem Bogen durch die Luft, während sein Pferd mit einem Schrei zu Boden stürzte.
    Beide Frauen waren vor Schreck wie erstarrt, während die Hofdamen aufsprangen und vor Begeisterung jubelten. Der schwarze Ritter saß wie aus Stein gemeißelt auf seinem Schimmel unterhalb der Loge der Königin, Schneeglöckchen und Narzissen regneten auf ihn herab. Schildknappen stürzten auf den Platz, um dem Grafen Warwick aufzuhelfen, der hilflos in seiner schweren Rüstung am Boden lag. Andere versuchten, sein Streitross einzufangen, das zum Entzücken der Menge wild durch die Arena stob.
    Die Königin wandte sich der Herzogin zu. »Kommt, dort ist Euer Gemahl. Der unbekannte Ritter hat ihn vom Pferd gestoßen, aber er lebt.« Elizabeth mochte die Herzogin, konnte den triumphierenden Ton in ihrer Stimme jedoch nicht unterdrücken. Ihr Mann hatte wieder einmal gesiegt. Sie waren gerettet, das Königreich war gerettet. Unwillkürlich streichelte sie über ihren Bauch. Heute Nacht würde sie vielleicht dafür sorgen können, dass der König in ihr Bett kam ...
    Plötzlich schmetterten die Fanfaren erneut, als begehrte noch jemand Einlass auf den Kampfplatz. Das war gegen die Regeln, die besagten, dass das Feld erst geräumt werden musste, bevor weitere Kämpfer auftreten durften.
    Alle Augen richteten sich auf das Tor, das sich langsam öffnete. Ein

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