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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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Nichte der Besitzerin.
    Die Frau blickt ihn verständnislos an, begreift nicht, was er will, wundert sich über sein Verhalten, erwidert dann aber überraschend freundlich, ganz untypisch für Berlin, nein, von einer Nichte der Besitzerin wisse sie nichts.
    Bis wann sie arbeite, fragt er weiter, ob sie demnächst abgelöst werde, und schiebt dann erklärend hinterher, sie müsse seinen Verhörton entschuldigen, er sei mit der Besitzerin, das heißt, ihrer Nichte, verabredet und mache sich Sorgen, sie sei einfach verschwunden, spurlos verschwunden, ob sie nichts wisse von den Besitzern, eine Ahnung habe, wie sie zu erreichen seien.
    Nein, antwortet die Frau, wieder überraschend freundlich, es kann keine Berlinerin sein, sie komme über eine Leiharbeitsfirma, man habe ihr nur gesagt, dass sie vier Wochen bleiben solle, sechs Tage die Woche, von den Besitzern wisse sie nichts.
    Vier Wochen? erwidert Daniel erschrocken, spürt, wie die Kraft ihn verlässt, und sie habe nicht ein einziges Mal mit den Besitzern geredet?
    Die Seniorin schüttelt den Kopf, nein, man habe sie erst am Morgen informiert, dass sie einspringen solle, einspringen dürfe , sie betont das, als habe das Arbeitsamt sie zu einem Motivationsseminar verdonnert, habe ganz kurzfristig davon erfahren, bei Leiharbeit sei das nicht unüblich, bei Leiharbeit erfahre man oft erst am Morgen, wo man eingesetzt werde, und als habe sie den Satz auswendig gelernt, schiebt sie hinterher: Das mache es doch immer wieder so spannend.
    Er fühlt sich, als werde ihm in die Kniekehle geschlagen, spürt einen Stich im Bauch, schafft es gerade noch, sich zu bedanken und zur nächstgelegenen Bank zu schleppen, sinkt auf das Holz. Lange bleibt er dort sitzen, verfolgt unbeteiligt, gänzlich abgestumpft, wie eine U-Bahn nach der anderen einrollt, stickige Tunnelluft über den Bahnsteig wälzt, Fahrgäste auskotzt. Die Leuchtanzeige gibt monoton, aber blinkend die immer gleichen Informationen zum Besten, Junkies tippeln vorbei, Betrunkene torkeln, eine weibliche Stimme erklärt: Türen bitte freigeben.
    Dem ist weg, denkt Daniel, richtig weg, aber warum? Warum hat sie nichts davon erzählt?
    Eine halbe, vielleicht auch eine ganze Stunde bleibt er so sitzen – ohne zu verstehen, was um ihn herum geschieht, ohne aufstehen zu können.
 
    Danach fährt er wieder zur Wohnung der Tante. Vielleicht ist es so: Sie will in den Urlaub fahren, packt vielleicht gerade ihre Sachen, um ihn zu fragen, ob er mitkommen will. Wieder klingelt er, und für einen Moment kehrt die Hoffnung zurück, spürt er fast so etwas wie Euphorie, doch auch diesmal antwortet niemand durch die Gegensprechanlage, wieder setzt er sich vor die Haustür, starrt die Straßen hinunter versucht sich die Situation zu erklären.
    Sie war am Abend kurz angebunden, aber nicht schroff; sie hat die Wohnung gemustert. Hat sie die Wohnung gemustert? Sie hat die Küche betrachtet, als würde sie ein Möbelstück wiedererkennen. Sie kann die Wohnung nicht wiedererkannt haben, sonst hätte sie etwas gesagt, aber sie kann einzelne Möbel wiedererkannt haben, vielleicht weil sie mit Ela ein paar Mal bei Fil war.
    Sie hat einen Verdacht gehabt und ist am Morgen früh aufgestanden, um sich in den Zimmern umzuschauen; hat sich vielleicht auch nur zufällig umgeschaut, hat Fils Schreibtisch, die offenstehende Schublade und seinen Pass entdeckt, die Ähnlichkeit zwischen Daniel und Fil bemerkt und begriffen, wessen Sohn er ist.
    Aber wäre das ein Grund davonzulaufen?
    Sie hatte ein schwieriges Verhältnis zu den Betreuerinnen, denkt Daniel, den Frauen um Ela, sie wollte danach nichts mehr von ihnen wissen, das sei alles ziemlich psycho gewesen , hat sie gesagt.
    Was kann so psycho gewesen sein, dass man davonläuft?
    Er presst sich die Hände an die Schläfen und steht auf.
    Nina-Sarah-Charlotte sagt, sie sei schwanger. So sinnlos kann sich keine Geschichte wiederholen.
    Ich bin nicht mein Vater.
 
    Er spürt, dass er mit jemandem reden muss und fährt nach Friedrichshain, zur alten Wohnung, aber Steffen, der ehemalige Mitbewohner, ist nicht zu Hause, ist noch auf einem Ausflug, hat, wie er am Telefon erklärt, die Semesterferien, obwohl er doch auch während des Semesters kaum Zeit an der Uni verbringt, genutzt, um mit Bekannten ins Grüne zu fahren, sei auf dem Rückweg nach Berlin.
    Eine Stunde später sitzen sie sich endlich am Küchentisch gegenüber, und Daniel schaut sich in der Wohnung um. In der Spüle stapelt sich

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