Der Einfaltspinsel
Fremden auf, er könne aber in ihrem zweiten Schlafzimmer übernachten, und hoffentlich schnarche er nicht. Und so ging er nach einem aus Schinken mit Eiern bestehenden Abendessen und einer Anzahlung von fünfzehn Pfund in einem alten Messingbett mit schlabbriger Matratze zu Bett und schlief wie ein Stein.
Um sieben weckte ihn die Alte mit einer Tasse Tee und zeigte ihm das Bad. Wilt trank den Tee und betrachtete die Ferrotypien an der Wand, eine von General Buller im Burenkrieg, auf dem Soldaten gerade einen Fluss überqueren. Das Badezimmer sah aus, als hätte es auch schon den Burenkrieg erlebt, doch er rasierte und wusch sich vor der offenbar unvermeidlichen nächsten Portion Schinken mit Eiern zum Frühstück, dankte der alten Frau und setzte seine Wanderung fort.
»Eine Herberge finden Sie erst in Raughton«, teile ihm die alte Frau, Mrs. Bishop, mit. »Das liegt acht Kilometer da entlang.«
Wilt bedankte sich und ging in die Richtung, bis er zu einem Pfad kam, der bergauf in einen Wald führte und auf dem er seinen Weg fortsetzte. Er versuchte, den Namen Raughton zu vergessen, vielleicht hieß der Ort ja Rorton, jedenfalls war es ihm inzwischen egal. Er war in England auf dem Lande, im alten England, in dem England, das er auf eigene Faust entdecken wollte. Knapp einen Kilometer weit kletterte er bergauf, dann kam er zu einer atemberaubenden Aussicht. Unter ihm lag ein Mosaik aus Wiesen und dahinter ein Fluss. Er stieg hinunter, ging über die Felder, und dann stand er da und betrachtete den Fluss, der seit Jahrtausenden durch das Tal floss. Das war es, was er gesucht hatte. Er nahm den Rucksack ab, hockte sich ans Ufer und betrachtete das Wasser, das sich gelegentlich kräuselte, was an einem Fisch oder einer Tiefenströmung liegen mochte, an irgendeinem verborgenen Hindernis oder einem mitgeschwemmten Haufen Dreck. Über ihm erstreckte sich ein wolkenloser blauer Himmel. Das Leben war fabelhaft. Er tat das, weswegen er gekommen war. Jedenfalls dachte er das. Wie immer in seinem Leben konnte Wilt seiner Nemesis nicht entrinnen.
Diese befand sich in dem rachsüchtigen Hirn einer zu Recht verbitterten alten Frau aus Meldrum Slocum. In ihrem gesamten Arbeitsleben, seit sie vor fünfundvierzig Jahren in die Dienste von General und Mrs. Battleby getreten war, hatte Martha Meadows als Putzfrau, als Köchin und Haushälterin, als Mädchen für alles gerackert. Sie hatte dem alten Paar treu gedient, und Meldrum Manor, das Herrenhaus, war ihr Lebensmittelpunkt gewesen, doch der General und seine Frau waren vor fünf Jahren bei einem Unfall mit einem betrunkenen Lkw-Fahrer ums Leben gekommen. Das Anwesen hatte ihr Neffe Bob Battleby übernommen, und alles war anders geworden. Nachdem der General stets von »unserer treuen Haushälterin Martha« gesprochen hatte, ein Titel, auf den sie höchst stolz gewesen war, wurde sie auf einmal nur noch »die verfluchte Alte« genannt. Dennoch blieb sie da. Bob Battleby war zwar ein Säufer, noch dazu ein unangenehmer Säufer, aber sie musste an ihren Mann denken. Er war Gärtner im Herrenhaus gewesen, doch seit einer schlimmen Lungenentzündung litt er an Arthritis und konnte nicht mehr arbeiten. Martha musste arbeiten gehen, und in Meldrum fand sie nirgendwo eine andere Stelle. Außerdem hoffte sie im Stillen, dass sich Battleby bald zu Tode saufen würde. Stattdessen begann er eine Affäre mit Ruth Rottecombe, der Frau des örtlichen Abgeordneten und Schattenministers für die Verbesserung des Sozialen Klimas. Vor allem ihr hatte es Martha zu verdanken, dass sie durch ein Filipino-Hausmädchen ersetzt wurde, das weniger Vorbehalte gegen ihre Spielchen haben würde, wie die beiden es nannten. Martha Meadows hatte ihre Gedanken für sich behalten, doch eines Morgens, nach einer besonders heftig durchzechten Nacht, hatte Battleby einen Wutanfall bekommen und ihre Sachen – die Klamotten, in denen sie kam, bevor sie ihre Arbeitskleidung anzog – in den aufgeweichten Hof vor der Küche geworfen. Er hatte sie eine blöde alte Schlampe genannt, die sich zum Teufel scheren sollte. Mrs. Meadows war nach Hause gegangen, vor Wut schäumend und entschlossen, es ihm heimzuzahlen. Tag für Tag hatte sie seitdem zu Hause neben ihrem kranken Mann gesessen – der kürzlich auch noch einen Schlaganfall erlitten hatte und nicht mehr sprechen konnte –, wütend darauf erpicht, sich zu rächen. Sie musste sehr, sehr vorsichtig sein. Die Battlebys waren eine reiche und einflussreiche
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