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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Emmelines Handgepäck interessierte. Zwei Männer musterten die Familie zwei Minuten lang prüfend, und dann waren die fünf durch, und da warteten auch schon Onkel Wally und Tante Joan, und es wurde unbeschreiblich viel geherzt und geküsst. Es war fantastisch.

    Dem Mann, der sich als Sol Campito vorgestellt hatte, erging es in einem kleinen Zimmer beim Zoll nicht ganz so fantastisch. Der komplette Inhalt seiner Reisetaschen lag auf dem Boden ausgebreitet, und er stand nackt in einer anderen Kabine, wo ihn ein mit einem Plastikhandschuh bewehrter Mann aufforderte, die Beine zu spreizen.
    »Reine Zeitverschwendung«, sagte einer der Männer in dem Zimmer. »Gib ihm das Rizinusöl, das jagt die beschissenen Kondome schneller raus, stimmt’s, Joe? Der hat sie wohl nicht alle, wenn er das Zeug schluckt!«
    »Scheiße«, sagte Campito. »Ich hab mit Drogen nichts am Hut. Ihr habt den Falschen erwischt.«
    Vier Männer in einem Nebenraum beobachteten ihn durch ein verdunkeltes Einwegfenster.
    »Er ist also sauber. Hat die Kontaktperson in München getroffen und das Zeug abgeholt. Jetzt ist er aber sauber. Dann muss es die fette Britin mit den Kids sein. Wie lautet eure Bewertung?«
    »Dumm. Dumm wie Bohnenstroh.«
    Der zweite Mann nickte.
    »Nach Wilma, Tennessee.«
    »Schließlich wissen wir, wo sie hinwill. Wir observieren sie also so rigoros wie möglich. OK?«
    »Ja, Sir.«
    »Sorgen Sie nur dafür, dass Sie unbemerkt bleiben. Das Zeug, das dieser Dreckskerl angeblich aus Polen bezogen hat, ist tödlich. Das Gute ist, dass wir aus seinem Notizbuch wissen, wohin diese Wilt mit den vieren unterwegs ist. Begeben Sie sich rasch dorthin. Diese Überwachung hat oberste Priorität. Ich will alles wissen, was es über diesen Immelmann zu wissen gibt.«

7
    Wilts Tag hatte schlimm begonnen und war kontinuierlich schlimmer geworden. Alle seine Hoffnungen und Erwartungen des vergangenen Abends hatten sich als schrecklich falsch erwiesen. Statt des anheimelnden Pubs mit einem Kaminfeuer, eines guten Essens und etlichen Gläsern Bier oder besser noch Ale in seinen Eingeweiden, von der Aussicht auf ein warmes Bett ganz zu schweigen, trottete er eine Landstraße entlang, und dunkle Wolken näherten sich von Westen. Der Tag war in mancherlei Hinsicht katastrophal gewesen. Er war mit seinem Rucksack die zweieinhalb Kilometer zum Bahnhof marschiert, um dort zu erfahren, dass wegen Streckenarbeiten keine Züge nach Birmingham fuhren. Wilt musste einen Bus nehmen. Es war ein durchaus bequemer Bus … oder er wäre es gewesen, wenn es in ihm nicht von hyperaktiven Schulkindern gewimmelt hätte, betreut von einem Lehrer, der sich nach Kräften bemühte, sie zu ignorieren. Die übrigen Passagiere waren Senioren, und zwar senile Senioren, wie Wilt fand, die einen Tagesausflug machten, um sich zu amüsieren, was offenbar darauf hinauslief, dass sie sich laut über das Benehmen der hyperaktiven Kinder beschwerten und darauf bestanden, an jeder Autobahnraststätte anzuhalten, damit sie sich erleichtern konnten. Zwischen den Raststätten sangen sie Lieder, die Wilt selten gehört hatte und nie wieder hören wollte. Und als sie schließlich in Birmingham eintrafen und er einen Fahrschein nach Hereford kaufte, hatte er Probleme, den Bus zu finden. Schließlich gelang es ihm. Es war ein sehr alter Doppeldecker, an dem vorne ein verblichenes »Hereford«-Schild prangte. Wilt dankte Gott, dass er der einzige Fahrgast war. Er hatte die Nase voll von kleinen Jungs mit klebrigen Fingern, die ihm über den Schoß krabbelten, um aus dem Fenster zu gucken, und von alten Rentnern, die Lieder wie »We’re going to hang out the washing on the Siegfried Line« sangen oder besser: grölten. Müde kletterte Wilt in die letzte Reihe, legte sich quer über den Sitz und schlief ein. Als der Bus abfuhr, wachte er auf und stellte verblüfft fest, dass er immer noch der einzige Fahrgast war. Er schlief wieder ein. Den ganzen Tag hatte er nur zwei belegte Brote und eine Flasche Bier zu sich genommen und war hungrig. Wenn der Bus nach Hereford kam, würde er sich nach einem Restaurant umschauen, sich ein gutes Essen gönnen, sich eine Bed-and-Breakfast-Unterkunft suchen und am Morgen seine Wanderung beginnen. Doch der Bus kam nicht bis Hereford. Stattdessen hielt er vor einem heruntergekommenen Häuschen auf einer offensichtlichen Nebenstraße, und der Fahrer stieg aus. Wilt wartete zehn Minuten auf seine Rückkehr, dann stieg er selbst aus und wollte gerade an die

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