Der Einfaltspinsel
Familie in der Grafschaft, und sie hatte oft daran gedacht, sich an sie zu wenden, aber fast alle Battlebys gehörten einer anderen Generation an als der Neffe des Generals, und sie ließen sich kaum einmal im Herrenhaus blicken. Nein, sie musste es selbst in die Hand nehmen. Zwei lange Jahre suchte sie nach des Rätsels Lösung, bis ihr der Neffe ihres Mannes einfiel, Bert Addle. Bert war schon immer ein ziemlicher Rabauke gewesen, aber sie hatte immer etwas für ihn übrig gehabt, hatte ihm Geld geliehen, wenn er in der Patsche steckte, und es nie zurückverlangt. Wie eine Mutter war sie zu ihm gewesen, genau. Ja, Bert würde ihr helfen, zumal er gerade seine Arbeit auf der Werft in Barrow-in-Furness verloren hatte. Was ihr vorschwebte, würde ihn gewiss eine Weile beschäftigen.
»Das hat er dich genannt?«, sagte Bert, als sie es ihm erzählte.
»Echt, ich bring das Schwein um. Nennt der meine Tante so was, wo du all die Jahre für die Familie geschuftet hast. Bei Gott, ich mach’s.«
Aber Martha schüttelte den Kopf. »Das lässt du hübsch bleiben. Ich will nicht, dass du im Gefängnis landest. Ich hab ’ne bessere Idee.«
Bert sah sie fragend an. »Und zwar?«
»Ihn in der Öffentlichkeit in Verruf bringen, damit er sich hier nicht mehr zeigen kann, er und sein Flittchen. So will ich’s haben.«
»Wie willst du das anstellen?«, fragte Bert. Noch nie hatte er Martha so aufgebracht erlebt.
»Er und diese Rottecombe-Schlampe treiben da einige seltsame Sachen, das kann ich dir verraten«, sagte sie geheimnistuerisch.
»Was für Sachen?«
»Sex«, erklärt Mrs. Meadows. »Abartigen Sex. Er ist gefesselt und … Also, Bert, ich sag das nicht gern. Aber ich kann dir sagen, dass ich gesehen habe, welche Sachen sie dabei benutzen. Peitschen, Kapuzen und Handschellen. Die hat er samt den Zeitschriften weggeschlossen. Pornografie und Fotos von kleinen Jungs und Schlimmeres. Entsetzlich.«
»Kleine Jungs? Dafür könnte er ins Gefängnis kommen.«
»Da gehört er auch hin.«
»Aber wie hast du sie sehen können, wenn sie weggeschlossen waren?«
»Weil er eines Morgens im Vollrausch im Ankleidezimmer des alten Generals lag und der Schrank noch offen stand. Ich weiß, wo er seine Schlüssel aufbewahrt, die Ersatzschlüssel, meine ich. Er weiß nicht, dass ich es weiß. Sie hängen an einem Balken über dem alten Traktor inner Scheune, den er nie benutzt und auch nicht kann, weil er kaputt is. Er schiebt sie da hinauf, wo niemand nachsehen würde. Ich hab ihn vom Küchenfenster aus beobachtet. Schlüssel für die Hinter- und Vordertür, Schlüssel für sein Arbeitszimmer, für den Range Rover und den Schlüssel von dem Schrank, wo er das ganze Dreckszeug stapelt. Also, das sollst du für mich holen. Natürlich nur, wenn du dazu bereit bist.«
»Ich würd alles für dich tun, Tante Martha. Das weißte doch.«
Als Bert aufbrach, wusste er genau, was er tun musste.
»Und nimm ja nicht deinen eigenen Wagen«, schärfte Martha ihm ein. »Ich will nicht, dass du Schwierigkeiten kriegst. Miete einen oder so was. Das Geld geb ich dir.«
Bert schüttelte den Kopf. »Ich brauch keins. Ich hab genug und weiß, wo ich ein Fahrzeug finde, das ich nehmen kann, keine Sorge«, sagte er und fuhr fröhlich weg, voller Bewunderung für sein Tantchen. Ganz schön raffiniert, seine Tante Martha. Donnerstag, hatte sie gesagt.
»Außer ich ruf dich an und sag was anderes. Und ich ruf dich von einem öffentlichen Fernsprecher aus an. Ich hab gehört, dass die Polizei Telefonate aus Häusern und so weiter zurückverfolgen kann. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein. Ich würde sagen …« Sie schaute auf den Kalender mit dem Kätzchen an der Wand. »Ich würde sagen, am Donnerstag, dem siebten oder dem vierzehnten oder an welchem anderen Donnerstag es dir passt. Das ist alles.«
»Warum Donnerstag?«, wollte Bert wissen.
»Weil sie dann bis nach Mitternacht im Country Club Bridge spielen und er so besoffen is, dass sie mit ihm machen kann, was sie will, und sie nicht vor vier oder fünf Uhr morgens nach Hause kommen. Dann hast du Zeit genug, um das zu tun, was ich dir gesagt habe.«
Bert fuhr an dem Herrenhaus vorbei, warf einen Blick auf die Zufahrt und fuhr anschließend mit der Karte, die Martha Meadows ihm gegeben hatte, Richtung Norden. Vor Leyline Lodge, dem Haus der Rottecombes, hielt er kurz an und beschloss, ein weiteres Mal hierher zu kommen, um sich mit allem vertraut zu machen. Für diese Fahrt würde er sich
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