Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
kommen sie her? Wie heißen sie, wie ihre Heimatstädte?«
    »Die nennen keine Namen, Sheriff. Zeigen kurz ihre Ausweise und kommen zur Sache. Die Burschen in diesem Metier haben keine richtigen Namen. Ist der Gesundheit abträglich, wie man hört. Die haben Nummern. Der eine ist aus New Jersey, so viel weiß ich.«
    »New Jersey? Wieso werden diese Yankees hier unten im Süden eingesetzt? Trauen sie der örtlichen Polizei nicht?«
    »Das tun sie nicht, so viel steht fest. Wollten wissen, ob Mr. Immelmann überall seine Hände im Spiel hat, als ob Vetternwirtschaft ein Schimpfwort wäre.«
    »Das haben sie wirklich gesagt?«, fragte der Sheriff mit grimmigem Unterton. »Prima Manieren haben diese Nordstaatenärsche. Kommen hier runter und glauben, sie hätten hier das Sagen.«
    »Und der andere … heißt Palowski, genau, das stimmt, das konnte ich erkennen. Er hat gesagt, Mrs. Immelmann sei ’ne fette Alte.«
    »Ok, ok«, sagte der Sheriff. »Sie wollen sich also auf ein Gefecht mit Wally Immelmann einlassen. Ich werd sie nicht dran hindern. Von jetzt an sind sie auf sich allein gestellt. Wir sagen nur ›Ja, Sir‹ und ›Nein, Sir‹ und lassen die Mistkerle den Karren richtig schön in den Dreck fahren.«
    »Keine Kooperation, Sir?«
    Der Sheriff lehnte sich zurück und lächelte viel sagend.
    »Sagen wir einfach: Wir lassen sie ihre eigenen Schlüsse ziehen. Jedenfalls werden nicht unsere Ärsche aufgespießt, wenn sie auf Wally losgehen. Vetternwirtschaft, das kann man wohl sagen. Ich schätze, er vetterwirtschaftet sie so schnell ab, dass ihnen nicht mal Zeit bleibt, sich in die Hosen zu scheißen.«

9
    Fünf Tage lang wanderte Wilt vergnügt auf Landsträßchen, über Felder, durch Wälder, auf Treidelpfaden, neben Bächen und Flüssen und tat genau das, was er sich erhofft hatte: ein anderes England entdecken, weit entfernt vom Verkehr und der Hässlichkeit von Großstädten und dem Leben, wie er es in Ipford führte. Mittags hielt er an einem Pub, nahm ein paar Bier und ein Sandwich zu sich, und abends suchte er sich irgendein kleines Hotel oder ein Bed & Breakfast, wo er ein ordentliches Essen und ein Zimmer für die Nacht bekam. Die Preise waren zivil und das Essen unterschiedlich, aber er suchte nichts Ausgefallenes oder Luxuriöses, und die Menschen waren freundlich und hilfsbereit. Außerdem war er immer dermaßen müde – noch nie in seinem Leben war er so viel gelaufen –, dass ihn nicht kümmerte, ob das Bett bequem war oder nicht. Und als eine Vermieterin recht grob darauf bestand, er solle seine verdreckten Stiefel ausziehen und ihre Teppiche nicht verschmutzen, störte ihn das nicht. Auch fühlte er sich nie einsam. Er war hier, um allein zu sein, und abgesehen von ein paar alten Männern in Pubs, die ihn in ein Gespräch verwickelten und fragten, wohin er denn unterwegs sei, und erstaunt waren, als er antwortete, er wisse es nicht, sprach er mit kaum jemandem. Er wusste wirklich nicht, wo er sich befand oder wohin er unterwegs war. Er wollte es schlicht nicht wissen. Ihm genügte es, sich auf ein Gatter zu stützen und einem Bauern auf einem Traktor bei der Mahd zuzusehen oder in der Sonne an einem Fluss zu sitzen und in das vorbeitreibende Wasser zu schauen. Einmal sah er kurz eine dunkle Silhouette durch das Gras am anderen Ufer huschen und im Fluss verschwinden und nahm an, es müsse ein Otter gewesen sein. Gelegentlich, wenn er mittags mehr als seine üblichen zwei großen Bier getrunken hatte, suchte er sich eine geschützte Stelle hinter einer Hecke, vergewisserte sich, dass keine Rinder auf der Weide waren (vor einem Bullen fürchtete er sich besonders), legte den Kopf auf seinen Rucksack und hielt ein halbstündiges Nickerchen, bevor er weiterging. Es gab nie Grund zur Eile. Er hatte alle Zeit der Welt, weil er kein Ziel hatte.
    So ging es bis zum sechsten Tag, als das Wetter spätnachmittags umschlug. Auch die Umgebung war nun ganz anders, und Wilt durchquerte eine moorige Heidelandschaft mit Schlammlöchern, die er umgehen musste. Etliche Kilometer vor ihm befanden sich einige niedrige Hügel, doch die Leere und Stille dieser Gegend hatten etwas leicht Unheilvolles, und zum ersten Mal war ihm ein wenig unbehaglich zumute. Er hatte fast das Gefühl, verfolgt zu werden, doch wenn er sich gelegentlich umdrehte, war nichts Bedrohliches zu sehen und auch keine Deckung, hinter der sich jemand verstecken könnte. Dennoch fand er die Stille bedrückend und eilte weiter. Und dann fing es

Weitere Kostenlose Bücher