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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Linden keine Anzeichen dafür entdecken, daß man sie bewachte. Erst als ihr Reittier sich dem Eingang näherte, vermochte sie die dunklen Gestalten zu erkennen, die sich wachsam hinter den mit Schießscharten versehenen Laibungen beiderseits der Tore bewegten. Blankehans und die Erste links und rechts neben sich, ritt der Caitiffin hinein; während Linden folgte – das Herz hämmerte ihr unbeständig in der Brust –, stellte sie fest, daß der Sandwall mindestens dreißig Meter dick sein mußte. Als sie hinter dem Tor wieder ins Sonnenlicht kam, blickte sie sich um und sah die Rückseite der Mauer mit Wehrgängen gesäumt. Aber sie waren leer, als hätte der Wohlstand von Bhrathairain sie ihrer Funktion beraubt. Durch das Tor gelangten die Gefährten vor die glatte, nach außen gewölbte Fläche einer weiteren Mauer. Die Sandbastei stand innerhalb eines eigenen, vollkommen runden Ringwalls; und diese Mauer war an beiden Seiten durch zusätzliche Ausläufer des Sandwalls mit den Befestigungen von Bhrathairain verbunden. Diese Ausläufer umgrenzten zwei grob dreieckige, offene Innenhöfe, einen an jeder Seite. Und am Mittelpunkt dieser Höfe entsprangen zwei der fünf Quellen von Bhrathairealm , eine in jedem Hof. Man hatte sie in Springbrunnen aus kunstvollen Steinmetzarbeiten gefaßt, so daß sie im Vergleich mit den bleichen Wällen besonders üppig und lebendig wirkten. Ihr Wasser sammelte sich in Becken, die man offenbar tadellos sauberhielt und aus denen es in unterirdische Kanäle floß, deren einer in die Richtung nach Bhrathairain verlief, der andere dagegen zur Sandbastei. In jedem der Ausläufer des Sandwalls, die die Innenhöfe begrenzten, befand sich ein Tor; diese Tore standen ebenfalls offen und führten hinaus ins Umland. Sie boten den Bhrathair den einzigen Zugang zu ihren kargen Feldern und den drei anderen Quellen. Zwei weitere Tore, den Brunnen zugewandt, gewährten Einlaß zu den Festungswerken der Sandbastei. Rire Grist brachte die Gefährten zum Tor im östlichen Hof hinüber; der Brunnen machte die Luft für einen Moment feuchtschwül. Sich gänzlich sicher, in keiner Gefahr zu schweben, hüpften Krähen nachlässig vor den Hufen der Pferde beiseite.
    Während ihr Reittier den Hof durchquerte, betrachtete Linden den inneren Sandwall. Genau wie die Befestigungen von Bhrathairain war er so unnachgiebig, wie die Künste des Wesirs ihn hatten beschaffen können; doch überm Tor erhöhte sich der Oberrand in schwungvoller Formgebung zu zwei riesigen, Wasserspeiern ähnlichen Figuren. Sie sahen aus wie Basilisken und kauerten mit in stummer Wut aufgerissenen Mäulern über dem Eingang.
    Die Tore glichen den Stadttoren. Hier allerdings hielten sich die Wächter nicht im verborgenen. An jeder Seite stand eine gedrungene, muskelbepackte Gestalt, die Faust um einen langen Spieß mit scharfer Spitze geklammert. Die Wachen waren gleich gekleidet wie Rire Grist und seine Untergebenen: aber Linden erkannte mit heftigem Erschrecken, daß man sie kaum menschlich nennen konnte. Ihre Gesichter waren viehisch, besaßen Zähne wie Tiger, affenartiges Haar sowie Mäuler und Äuglein, die an Schweine erinnerten. Die Finger endeten nicht in gewöhnlichen Nägeln, sondern in regelrechten Klauen. Diese Geschöpfe erweckten den Eindruck, stark genug zu sein, um sich mit Riesen messen zu können. Lindens Wahrnehmung schloß jeden Irrtum aus. Das waren keine natürlichen Lebewesen, sondern Ausgeburten irgendeiner schlimmen, unfreiwilligen Artenvermischung. Als sich die Gefährten näherten, versperrten die Wachen das Tor, kreuzten ihre Speere. Im Licht glommen ihre Augen böse. »Namen und Anliegen«, sagten sie zusammen, als hätten sie keinen unabhängigen Willen. Ihre Stimmen grollten wie das Knurren alter Raubtiere.
    Rire Grist zügelte vor ihnen sein Pferd. »Das sind Hustin der Leibwache des Gaddhi «, sagte er zu den Gefährten. »Wie der Hafenmeister verstehen sie ihre Pflicht sehr eng. Doch lassen sie sich ...« – hier zeigte er eine Andeutung trockenen Humors – »weniger leicht von anderen Erfordernissen überzeugen. Es ist unumgänglich, ihnen Rede und Antwort zu stehen. Ich versichere euch, ihr einziges Trachten gilt der Sicherheit, nicht etwa der Unhöflichkeit.« Er wandte sich an die Hustin, stellte sich nachgerade förmlich vor und beschrieb den Grund für die Anwesenheit der Gefährten. Die zwei Wachen hörten so gleichmütig zu, als wären sie taub.
    »Du darfst hinein«, antworteten sie wie aus

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