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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sind seit langem dem Untergang geweiht. Und sicherlich bieten des Wesirs geheime Künste die beste Gewähr wider einen Aufstand. Was ist der Grund, aus welchem Rant Absolain eine so gewaltige Streitmacht braucht?«
    Daraufhin entspannte sich Rire Grist etwas, als hätte er statt mit dieser anscheinend leicht beantwortbaren mit einer erheblich heikleren Frage gerechnet. »Erste der Sucher«, erwiderte er, »die Antwort ersiehst du im Reichtum von Bhrathairealm. Kein geringer Teil unseres Reichtums und Wohlstands ist im Austausch gegen die Dienste unserer Waffen und Schiffe von anderen Herrschern oder Völkern erworben worden. Unsere Kriegsmacht erringt uns hohes Ansehen und große Schätze. Doch das ist ein fragwürdiger Nutzen, dieweil unser Reichtum andere Herrscher oder Lande dazu verleitet, uns mit Neid zu betrachten. Deshalb hat unsere Stärke auch den Zweck, uns zu erhalten, was wir seit der Entstehung des Schreckens der Sandgorgonen errungen haben.«
    Anscheinend stellte das Einleuchtende dieser Auskunft die Erste zufrieden. Als sonst niemand etwas fragte, verbeugte sich der Caitiffin und ging hinaus. Sofort schloß Blankehans hinter ihm die Tür; und gleich darauf erfüllte der gedämpfte Klang von Anspannung gepreßter Stimmen den Raum.
    Die Erste und Blankehans verliehen ihren Bedenken Ausdruck. Linden schilderte die Wirkung, die der Wesir mit seinem Ring erzielte, und verwies auf die unnatürliche Abstammung der Hustin . Brinn riet, die Gruppe solle unverzüglich auf die Sternfahrers Schatz zurückkehren. Dem hielt Blankehans entgegen, ein solches Verhalten könne dem Gaddhi einen Vorwand liefern, um seine Gastfreundschaft zu widerrufen, bevor die Dromond in ausreichendem Maße repariert war oder mit Vorräten beladen. Linden warnte ihre Kameraden, sie sollten Rire Grist nicht trauen. Hohl und Findail standen gleichgültig nebeneinander. Mit Zeichen und Gesten machte sich Seeträumer verständlich, wenn er von seinem Bruder Blankehans etwas wissen wollte. Der Kapitän fragte Brinn, wieso der Haruchai es vermocht hatte, der Suggestivkraft des Wesirs zu widerstehen. Brinn tat die nahezu hypnotische Gewalt des Wesirs mit ausdruckslosen Worten ab. »Er sprach mit seinem Blick zu mir. Doch es dünkte mich geboten, ihn zu mißachten.« Einen Moment lang schaute er Linden in einer Weise an, die einem offenen Tadel glich. Sie biß sich auf die Unterlippe, als schäme sie sich ihrer Schwäche. Covenant sah alles mit an. Es besagte ihm so wenig, als wäre er vollkommen empfindungslos.
    Die Zeit verstrich langsam, als werde sie von der Spannung unter den Gefährten in nur allmählich wachsenden Raten zersetzt; aber Covenant nahm es nicht zur Kenntnis. Genausogut hätte die Zeit für ihn zu existieren aufgehört haben können. Der Tribut an Tagen, den sie forderte, war nicht bedeutsamer als eine Kette aus Holzperlen; vielleicht jedoch war es eine allgegenwärtige, unterschwellige Erinnerung an Blutvergießen, die ihm – wie ein Vorwurf aus dem nun so fernen Land – wiederholt unbestimmbares Unbehagen bereitete; die Tage, an denen man Menschen opferte, die er zu retten hätte imstande sein sollen, verlängerten die Kette Zug um Zug. Jedenfalls war er nicht mehr darauf versessen, den Einholzbaum zu finden. In seiner jetzigen Verfassung war er sicher.
    Seine Gefährten ruhten sich abwechselnd aus, warteten, bewegten sich rastlos hin und her, unterhielten sich oder diskutierten leise. Linden hatte Schwierigkeiten, Brinn davon zu überzeugen, daß es nicht ratsam sei, Ceer oder Hergrom zum Auskundschaften der Sandbastei zu schicken. Die Haruchai wollten nicht länger auf sie hören. Aber als die Erste Linden unterstützte, gaben sie nach, sahen die Richtigkeit des Arguments ein, daß es sich für die Gruppe empfahl, sich nicht zu trennen. Hohl scherte sich um alles so wenig wie Covenant. Aus Findails Miene jedoch schwand nie sein eingefleischtes Weh; und er musterte Covenant, als sähe er für den Zweifler eine entscheidende Probe voraus.
    Später fand Rire Grist sich wieder ein und überbrachte den Gefährten eine Einladung zu einem Bankett des Hofes. Linden kümmerte sich nicht darum. Die Einstellung der Haruchai hatte ihr anscheinend Wesentliches ihrer Entschlossenheit entzogen. Die Erste jedoch nahm die Einladung an; und die Gefährten folgten dem Caitiffin in einen hohen, hellen Speisesaal, in dem herausgeputzte Edle und faunische Galane plauderten und sich neckten, in Geziertheit miteinander wetteiferten und

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